„Der wichtigste Schritt zum Erfolg ist, sich überhaupt dafür zu interessieren“, so der Kanadische Mediziner, Sir Walter Osler (1849 – 1919). Ist Ihnen Erfolg wichtig? – Erfolg zu haben ist modern. Das sieht man nicht nur daran, dass Erfolgsbücher ganze Bibliotheken füllen. Wenn von Beruf und Profession die Rede ist, dann schwingt zumindest unterschwellig immer auch die Frage mit, ob man mit dem, was man gerade tut, auch erfolgreich ist. Das war nicht immer so. Einen Bauern, einen Handwerker oder einen Beamten nach seinen Erfolgen zu fragen, wäre in früheren Zeiten wohl niemandem in den Sinn gekommen. Das größte Lob, das dem gemeinen Mann zuteil werden konnte, war, dass er für tüchtig befunden wurde. Und tüchtig war der, der tat, was er tun sollte; also wenn er seine Pflicht erfüllte; und das war sein Daseinszweck. Der Philosoph Emanuel Kant formulierte es so: „Wir sind nicht auf der Welt, um glücklich zu sein, sondern um unsere Pflicht zu tun.“ – Nun, heute liegen die Dinge anders. Niemand sagt uns mehr, was wir tun sollen. Wir haben die Wahl und wer wählt, muss und will zeigen, dass er richtig gewählt hat. Wer sich für die Selbstständigkeit entscheidet, will ein florierendes Geschäft vorweisen. Wer sich für die Karriere entscheidet, will auf der beruflichen Leiter sichtbar vorankommen. Eltern, die sich bewusst für die Familie entscheiden, wollen sich mit wohlgeratenen Sprösslingen präsentieren. Wer wählt, entscheidet sich auch für die Folgen und die zeigen sich positiv als Erfolg. Wer also die Freiheit hat zu wählen, interessiert sich auch für den Erfolg dieser Wahl. Und auch der, der sich gegen die Gesellschaft entscheidet und aussteigt, wird die Folgen seines Tuns daran messen, nämlich ob und inwieweit er sein persönliches Glück findet.
Das Unbehagen, das viele Menschen dem Erfolg und dem Erfolgsstreben gegenüber empfinden, liegt darin, dass die Wahlfreiheit häufig als nur eine scheinbare erlebt wird und das, was als erfolgreich gilt, gesellschaftlich vorgegeben zu sein scheint. Die Stereotype des „Mein Haus, mein Auto, mein Boot…“ suggeriert einen Menschen, der sein Handeln konsequent auf den beruflichen und finanziellen Erfolg ausrichtet, demgegenüber alles andere unterzuordnen ist. Das bei anderen beobachtete, an solchen Stereotypen ausgerichtete rücksichtslose Erfolgsstreben ist dann das, was den eigenen Wunsch nach Erfolg diskreditiert; und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen werden diejenigen, die sich die gesellschaftlichen Erfolgsfaktoren von Geld und Macht zueigen machen, sich als vergleichsweise erfolglos erleben, da man eben immer noch jemanden kennt, dessen Yacht Stück größer ist als die eigene. Zum anderen wird die Rücksichtslosigkeit eines solchen Erfolgsstrebens als letztlich unmoralisch und damit verwerflich erlebt.
Diesem Zwiespalt entgeht nur, wer sich den Maßstab, an dem er sein Handeln und Streben messen lassen will, selbst setzt: Wer beispielsweise den Beruf des Lehrers gewählt hat, wird sich dann als erfolgreich erleben, wenn seine Arbeit bei den Schülern gute Früchte trägt. Je intensiver dieses Erlebnis ist, umso stärker wird der Lehrer sich gegenüber einem schlechten gesellschaftlichen Image und solchen Auffassungen immunisieren können, die Lehrer insgesamt gerne als „faule Säcke“ diffamieren. So schließt also Wahlfreiheit neben dem, worauf einer seine Tätigkeit richten will, auch die Wahl des Maßstabs, an dem er den Grad seines Erfolgs messen kann, mit ein. Je nach dem zu welchem Maßstab einer greift, wird ihm das Glas des persönlichen Erfolgs halb leer oder halb voll erscheinen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, den angemessenen Erfolgsmaßstab für sich selbst zu finden, denn „das Leben eines Menschen ist das, was seine Gedanken daraus machen“, so jedenfalls der Römische Kaiser und Philosoph, Marcus Aurelius (121 – 180 n. Chr.).
Eine schöne Woche &
Carpe Diem
Ihr Ralf Borlinghaus
> alle Blog-Einträge auf einen Blick
Sie sagen, dass der Erfolg...
Sie sagen, dass der Erfolg relativ zur Person ist und nicht absolut.
Ich bin mir nicht so sicher ob dies ausreichend ist, so wie sie es sagen kann ich jederzeit erfolgreich sein auch wenn ich völlig versage.
Wenn ich ihrer Aussage folge kann es mir im Prinzip völlig egal sein, was andere über meine Arbeit denken. Jeder kann so vor sich hinwurschteln wie er will, ohne sich ernsthafte Gedanken machen zu müssen ob man nun wirklich erfolgreich ist oder nicht.
Diese Einstellung könnte aber zum Beispiel in einem Team sehr kontraproduktiv sein, ich muss ja nun wirklich nicht die Qualitätsstandards anderer akzeptieren. Wenn mein Erfolgsstandard zum Beispiel ist, jeden Tag punkt 8 Uhr am Schreibtisch zu sitzen, war ich ja schon erfolgreich genug.
Ich finde diese Einstellung des relativen Erfolgsmasstabs wie sie ihn beschreiben als viel zu lax und unkritisch. Ich denke zwar nicht das den einen absoluten Erfolg gibt, aber ich denke auch nicht das man so völlig ohne Masstäbe den Erfolg aus der Ego Perspektive willkürlich definieren kann. Das führt in der Gruppendynamik automatisch zu dem kleinsten gemeinsamen Nenner, und das ist im Zweifel die physische Anwesenheit.
Ich denke eher das der Erfolg immer relativ zu bestimmten Bezugspunkten / -Personen sein sollte, sprich Vorbilder. Da hängt es hier allerdings noch von den Vorbildern ab, man könnte ja zum Beispiel Stalin oder Mao als Vorbild haben. Wo noch ein ethischer Bezugsrahmen hinzukommt.
Dann gäbe es noch meine unmittelbare Umgebung als Bezugs- und Vergleichsrahmen und dann noch die Philosophie als möglicher Überrahmen.
Wenn ich mir das Thema also näher anschaue stelle ich eine grössere Komplexität fest als sie. Sie erlauben ja mit ihrer Argumentation eine totale Willkür im Sinne des „everything goes“, „alles easy“ usw, ja nett und schön nichts gegen eine entspannte Umgebung. Aber wenn am Schluss Gleichgültigkeit und Willkür herrschen, ist das auch kein Erfolg.
Grüsse
Danke für diesen völlig...
Danke für diesen völlig berechtigten Einwand, der bereits zur Kleinen Philosophie des Erfolgs (II) überleitet, den Sie am nächsten Montag lesen können. Ich bin gespannt auf Ihre weiteren Gedanken zum Thema.