Die deutsche Bankenwelt ist derzeit eine einzige Beziehungskiste. Commerzbank liierte sich mit Dresdner Bank, Deutsche Bank bandelte mit Postbank an und auch Helaba und WestLB flirteten eifrig miteinander. Da hing dann vielerorts bankintern der Haussegen schief, weil Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen der jeweils neu entstehenden Patchworkfamilie mehr skeptisch als enthusiastisch entgegensehen.
Das Idealbild vom Unternehmen als stabile und Geborgenheit vermittelnde erweiterte Familie ist nach diesen letzten Beispielen einmal mehr erschüttert und vielleicht sogar am Ende. In den 60igern und 70igern wurde das klassische, vielleicht zu spießige Familienidyll zugunsten moderner Lebensformen gründlich demontiert. Heute stehen aufgrund der vielzitierten Globalisierung unsere gewohnten, vielleicht ebenfalls zu spießigen Arbeitsgewohnheiten zur Disposition. Nach der sexuellen Befreiung kommt die Befreiung der Arbeit, ein Prozess, der nun allerdings von vielen weniger als Befreiung denn als Bedrohung wahrgenommen wird. Anstelle von modernen Arbeitsbeziehungen auf Zeit klammert man sich an das Ideal der unverbrüchlichen Arbeitsehe, die allenfalls die Rente scheidet. Statt gelassen vom Lebensabschnitts-Arbeitgeber zu sprechen, spricht man von seiner/ ihrer Firma wie von „meinem Mann/ Frau, als wenn es einen Besitzanspruch auf einen Arbeitsplatz gäbe.
Wie das Scheidungsrecht nach und nach liberalisiert wurde, wird sich das gegenseitige Kündigungsverhalten entsprechend anpassen. Eine Arbeitsbeziehung, die nicht mehr zum wechselseitigen Vorteil gereicht, wird künftig immer leichter aufgekündigt werden können. Das ist nichts anderes als die bittere Schattenseite der großen Befreiung. Aus Sicht der Kirchenpäpste war die sexuelle Befreiung natürlich ein großes Unglück. Die kirchliche Morallehre musste sich angesichts der Trennung von Kirche und Staat geschlagen geben. Die gesellschaftliche Entwicklung war einfach darüber hinweggegangen. Jetzt sind es die Gewerkschaftspäpste, die sich mit Macht der Veränderung der Arbeitswelt in der globalisierten Welt entgegen stemmen. Und wieder wird die Entwicklung über die erstarrten Katechismen hinwegfegen und die neuen Verhältnisse werden sich ihre eigenen Regeln schaffen. Die Frage ist nur, welchen Preis wir für das Festhalten an überkommenen gesellschaftlichen Verhältnissen im globalen Wettbewerb zahlen werden. Nun kann man am Alten klammern und mit ihm untergehen oder sich auf die neuen Umstände einstellen…
Beste Grüße &
Carpe Diem
Ihr Ralf Borlinghaus
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Die 'spießige' Ehe war in der...
Die ’spießige‘ Ehe war in der Vergangenheit ein wirtschaftlicher Schutz der Frauen, welche zu Gunsten der Kindererziehng auf ein eigenes Einkommen verzichtet haben. Je mehr sich Frauen und Männer wirtschaftlich angeglichen haben, also Frauen in ähnlicher Größenordnung verdient haben, desto weniger notwendig war der Schutz der Ehe. Das gleiche gilt auch für Unternehmen: Kündigungsschutz und Arbeitnehmerrechte sind notwendig weil sich auch hier zwei wirtschaftlich sehr ungleiche Parteien gegenüber stehen, der Schwächere muss vor dem wirtschaftlich Stärkeren davor geschützt werden, daß er nicht durch die Drohung der Kündigung (in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit besonders wirksam) erpresst werden kann. Wenn Arbeitnehmer wirtschaftlich genauso stark wie die Unternehmen werden, wenn sie also, genau wie die Frauen irgendwann einmal auf ‚Augenhöhe‘ mit dem Arbeitgeber sind, dann kann man die Schutzrechte beginnen zu lockern. Aber soweit sind wir noch lange nicht. In der Praxis sind die meisten Arbeitnehmer (abgesehen von wenigen Profifußballern oder Formel1 Fahrern) den Arbeitgebern wirtschaftlich genauso unterlegen wie es früher Ehefrauen gegenüber ihren Ehemännern waren. Dieser Schutz ist nicht spießig sondern notwendig und sozial geboten !
jj...
jj