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The Day after: Nach dem finanziellen Tschernobyl

Die finanzielle Kernschmelze liegt hinter uns. Der Super-GAU ist eingetreten. Die konjunkturellen Geigerzähler spielen verrückt. DAX, DOW, Nickei, Öl, Gold – nichts geht mehr. Die radioaktive Finanzwolke entlässt ihren Fallout über Gerechte und Ungerechte. Der Bürger betrachtet sein Geld wie seinerzeit Kopfsalat und Pilze und es vergeht ihm der Appetit auf neue Autos, neue Flachbildfernseher, neue Handys und den ganzen Schnick-Schnack. Man sieht es nicht, man hört es nicht – allenfalls das Gerede darüber in nicht enden wollenden Talkshows. Derweil hat die Regierung unter Einsatz von 500 Milliarden Euro eine riesige Dekontaminierungsaktion gestartet: Bürger! Euer Geld ist nicht vertrahlt, ihr könnt es unbedenklich dem gesamtwirtschaftlichen Verdauungsprozess zuführen. Schmecket und sehet, alles ist Gut. Die IG-Metall lässt sich das nicht zweimal sagen und fordert gleich 8 Prozent mehr davon. Wie so oft in Krisenzeiten macht sich Party-Stimmung breit: Heute leben wir, denn morgen sind wir tot! Freibier für alle. Her mit dem Geld, tönt es aus allen gesellschaftlichen Ecken und Enden, auf ein paar Milliarden mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an. Wie sich seinerzeit viele vor der radioaktiven Wolke auf Lanzarote oder sonstwo versteckt haben, fliehen die ganz Schlauen derzeit vor Aktien und Cash ins Gold und müssen feststellen, dass auch hier längst nicht mehr alles glänzt. Auch hier macht die hohe Volatilität das gut transformierte Geld ungenießbar. Doch wie es ein Leben nach Tschernobyl gab, wird es ein Leben nach der Finanzkrise geben. Wie das Unglück in der Ukraine der Anti-Atomkraftbewegung und der Entwicklung von alternativen Energiequellen immensen Auftrieb gegeben hat, so wird auch der Wallstreet-GAU bei vielen die Sehnsucht nach alternativen Wirtschaftsmodellen wecken. Noch sind die Regierungen in Feuerlöschermanier beschäftigt, die lichterloh brennenden internationalen Börsen wie seinerzeit Block IV in Tschernobyl mit Kubikmetern von frischem Geld zu ersticken und unschädlich zu machen. Doch hat sich der Finanzstaub erst einmal gelegt, wird sich die Systemfrage um so dringender stellen. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Doch Ignoranz auch.

Beste Grüße &
Carpe Diem

Ihr Ralf Borlinghaus

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