Nach dem spektakulären Abgang von Klaus Zumwinkel hat wieder ein deutscher Top-Manager trotz unzweifelhafter Verdienste einen unrühmlichen Abschied genommen. Hartmut Mehdorn ist – wie man so sagt – über eine Datenaffäre gestolpert.
Der Ruf nach dem Rücktritt des Bahnchefs wurde zumeist wie folgt begründet: Wenn Mehdorn über Art und Umfang der Überwachung der Bahn-Mitarbeiter durch die entsprechenden Stellen informiert gewesen wäre, dann hätte er dem Treiben Einhalt gebieten müssen. Dagegen gehöre Mehdorn, der womöglich nicht über derartige Vorgänge in seinem Betrieb informiert ist, sowieso nicht mehr an die Spitze der Bahn.
Ich persönlich glaube Hartmut Mehdorn, dass er von dem Datenabgleich nichts gewusst hat, der ja eigentlich schon zur Routine geworden war. Mehdorn hat mehrfach betont, dass durch die Kontrollen gültiges Recht nicht gebrochen worden sei und vermutlich ist das auch so. Es handelt sich also eher um ein Kultur- und Werte-Thema. Keiner der Korruptionsbekämpfer war dahingehend sensibilisiert, ob bestimmte Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung gegen bestehende Werte des Unternehmens verstoßen könnten. Denn wäre das so gewesen, dann hätten sie schon aus Selbstschutz bei höheren Stellen um Genehmigung nachgefragt.
Die fehlende kulturelle Sensibilisierung seines Unternehmens ist nun in der Tat etwas, was sich der Bahnchef vorwerfen lassen muss. Dabei geht es weniger um die betriebsinterne Veröffentlichung von Werte- und Verhaltenskodex als vielmehr darum, welches Verhalten und welcher zwischenmenschliche Umgang von der Unternehmensspitze vorgelebt wird. Wenn ein Vorstandsvorsitzender den Menschen in seiner Umgebung vertraut und eine offene Kommunikation pflegt, wenn er in seinem Verhalten konsequent werteorientiert ist, dann wird diese Haltung durch alle Hierarchieebenen hindurch diffundieren und letztlich alle Mitarbeiter durchdringen. Bestimmte Mittel und Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung verbieten sich dann von selbst.
Wenn Sie den Grad Ihrer Vorbildfunktion als Führungskraft gegenüber Ihren Mitarbeitern einmal testen wollen, dann kommen Sie z. B. einmal eine zeitlang Freitags kommentarlos ohne Krawatte ins Büro. Sie werden feststellen, dass es Ihnen nach kurzer Zeit Ihre männlichen Mitarbeiter nachtun werden und ihre Krawatten am Freitag ebenfalls im Schrank lassen. Nach einiger Zeit ist der Leasure-Friday zur allgemeinen Selbstverständlichkeit geworden. Genau diese Vorbildfunktion hat jede Führungskraft in Hinblick auf werteorientiertes Verhalten.
Eine schöne Woche &
Carpe Diem!