Comic

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Diese Erzählform vereint das Beste beider Kunstwelten: Wort und Bild. Was man davon lesen und was man besser meiden soll, steht hier.

Was Gott da wieder auskocht

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Die Weihnachtsgeschichte als Comic? Ist das Ausdruck von Verzweiflung oder Hoffnung? Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Hamburg hat einen Wettbewerb dazu ausgeschrieben und jetzt die sieben besten Arbeiten in einem preisgünstigen Album herausgebracht.

Gott würfelt nicht, aber er backt. Plätzchen – was denn auch sonst in dieser Zeit? Und beim Backen scheinen ihm die besten Ideen zu kommen: Als er ein Ei aufschlägt, denkt er über die Sintflut nach, als er mit dem Ausstechen von Sternen beginnt, fällt ihm der richtige Leitfaden für die Weisen aus dem Morgenland ein. Und die wichtigste Sache selbst, die Geburt Jesu Christi (statt der Sintflut), verdankt sich einem Missgeschick in der Küche, die dem Schöpfer die Einsicht nahebringt, das Gewalt keine Lösung ist.

Helmut Steinbach lässt Gott in seinem Comic „Der Plan” einen guten Mann sein, und das war der Jury des Comicwettbewerbs der Evangelisch-Lutherischen Kirche Hamburg den ersten Preis wert: 2500 Euro für eine humoristische Umsetzung der Weihnachtsgeschichte, die sich im Küchenlabor des Herrn noch in Planung befindet. Wenn es etwas sauberzumachen gibt, ruft Gott seinen treuen Michael herbei („Sei ein Engel und wisch das weg”), denn die Hände schmutzig machen will sich der Schöpfer nicht. Michael ist übrigen nicht zu sehen (es ist ein Solo für den Allmächtigen), aber wenigstens einmal zu hören, denn zum Schluss fehlt es ihm an Licht: Die Schöpfungsgeschichte wird umgedreht.

Ja, das ist geistvoll, und somit kann man verstehen, was die Jury, der neben drei Kirchenvertretern mit der Illustratorin Jutta Bauer und der Comiczeichnerin Isabel Kreitz auch ausgewiesene Fachfrauen angehörten, begeistert hat. Aber hat die siebenseitige Geschichte, die Steinbach im offenen Cartoon-Stil angelegt hat, auch Seele? Gar eine christliche? Man mag streiten, ob die Weihnachtserzählung Ironisierung verträgt (geschweige denn Gott selbst). Aber immerhin sind hier konsequent Form und Inhalt in Übereinstimmung gebracht, was bei den anderen Wettbewerbsversuchen kaum der Fall ist (Ansicht gefällig? https://www.comic-kirche.de/preistraeger-comic-wettbewerb/1-preistraeger-der-plan).

Sieben Stück davon finden sich im preisgünstigen Album „Die Weihnachtsgeschichte als Comic” (2,50 Euro!), und das sollen natürlich die besten aus den insgesamt 39 Einsendungen zum Wettbewerb sein. Beim zweiten Preis glaubt man das sofort. Bernd Oldörp führt uns nach Südafrika, wo drei Touristen einen Mann mit blutigem Messer aus einer Baracke stürzen sehen und ihm daraufhin in Panik alle ihre Wertsachen aushändigen. Der grimmige Schwarze aber hatte nach einer Notentbindung nur Hilfe holen wollen und übergibt nun der jungen Mutter und deren Mann die unfreiwillige Beute als Geschenk für das Neugeborene. So kann man die Weihnachtsgeschichte auch witzig für die Gegenwart fit machen, und dass eine profane Straßenlaterne in der Township den Stern von Bethlehem ersetzt, dafür aber einen Lichtkegel in Form eines Weihnachtsbaums auf die ärmliche Hütte wirft, zeugt von noch größerem Einfallsreichtum als Steinbachs Küchenkirchenlatein.

Damit sind wir die rundum gelungenen Arbeiten aber auch schon durch. Der Sonderpreis für eine studentische Arbeit , der an Kathrin Klingner ging, würdigt einen Comic, der mit starken Anleihen bei CX Huth (obwohl den ja kaum mehr jemand kennt) eine autobiographische Weihnachtsgeschichte erzählt – wie auch Thees Carstens, der für seinen Comic eine lobende Erwähnung erhielt, die er auch verdient hat. Graphisch aber sind beide Geschichten wenig originell. Und die drei noch folgenden gleichfalls von der Jury gelobten Arbeiten sind weder inhaltlich noch zeichnerisch überzeugend (nur ein Beispiel: Bethlehem auf Sankt Pauli, im Pyschedelic-Look).

Man möchte nicht wissen, wie die 32 Comics aussehen, die außerdem eingereicht wurden. Und doch: Es hätte viel schlimmer kommen können. Bei Bekanntgabe des Wettbewerbs musste man sich ja fragen, ob die Evangelisch-Lutherische Kirche jetzt zugunsten einer Popularisierung ihrer Botschaft alle ästhetischen Werte zu opfern bereit wäre. Nein, das war sie nicht. Sieger und Zweitplazierter haben gefällig erzählt und gezeichnet. Das ist schon mal ein schönes Weihnachtsgeschenk.


1 Lesermeinung

  1. Jessica2012 sagt:

    <p>      ...
    Gott ist zu unsanft
    Ich habe 10 Jahre lang Bibel gelesen. Ich habe noch nie zu irgendeiner Kirchengemeinden gehört, aber 10 Jahre lang habe ich Bibel gelesen, zwar sehr intensiv. Inzwischen habe ich mein Bibel weggeschmissen. Und wieder “inzwischen” habe ich zwei Bibel in der Hand gedrückt bekommen. Aber sie liegen nur in meinem Bücherregal, ich lese nicht mehr. Fast in jeder Kapitel des Bibels mit Gewalt. Die Wut von Gott ist schon zu groß. Gott ist zu unsanft. Und die Menschen lernen von ihrem Vorbild. Einer hat gesagt, er fühle Kriege in anderer Länder aus, weil Gott ihm die Aufgabe gegeben habe, Demokratie auf diese Erde zu verbreiten. Und mein Bekannte sagte damals, dieser Mann sei ein lebendiger Teufel. Ich muss leider meinen Bekannte auch zustimmen, auch wenn ich nicht an negative Kraft glaube und glauben will. Natürlich, das Universum ist weit und breit, es gibt sicherlich übersinnliche Kraft / Energie, die höher, intelligenter, fähiger als die Erdbewohner sind. Weihnachten ist sehr schön, feiere ich auch mit. Die christliche Liebe, Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit sind auch etwas herrliches, wesentliches. Aber kein Gott, kein Bibel mehr für mich. Gott ist zu unsanft.

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