Comic

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Diese Erzählform vereint das Beste beider Kunstwelten: Wort und Bild. Was man davon lesen und was man besser meiden soll, steht hier.

Königsweg zum Dschungelkönig

Tarzan ist eine Legende, obwohl Edgar Rice Burroughs den Herrn des Dschungels erst 1912 erfunden hat. Buch, Film und Comic machten ihn berühmt, und die Comics sind jetzt erstmals wieder in voller Pracht erhältlich.

Man durfte es hoffen: Nachdem der Bocola-Verlag seine wunderbare „Prinz Eisenherz“-Gesamtausgabe tatsächlich abgeschlossen hat, nahmen sich die rührigen Comic-Restauratoren aus Bonn mit „Tarzan“ die zweite berühmte Serie von Hal Foster vor.. Wobei das die frühere Arbeit ist, denn erst mit seiner Tätigkeit als „Tarzan“-Zeichner von 1929 bis 1937 wurde der frühere Katalogillustrator Foster so bekannt, dass er dann mit „Eisenherz“ einen Comic etablieren konnte, den er auch selbst verfasst hatte. Bei „Tarzan“ hatte sich noch alles nach den Wünschen des Urhebers Edgar Rice Burroughs zu richten.

Der hatte den weißen Dschungelkönig im Jahr 1912 als Pulp-Figur erfunden, also für jene amerikanischen Romanhefte, die damals für Spottpreise in Riesenauflagen verkauft wurden. Rasch wurde der Stoff auch verfilmt, und so war 1929 der Weg bereitet, einen Comic zu veröffentlichen, als die Zeitungen sich mehr Abenteuerhandlungen für ihre täglichen Fortsetzungsserien wünschten.  Der Zeichner der Wahl war damals Hal Foster.

Zu Beginn von „Tarzan“  war der Text gegenüber dem Bild noch gleichberechtigt: Lange erzählende Passagen, zum Teil wörtlich aus den Romanen übernommen, stehen unter den schwarzweißen Panels. Von Sprechblasen keine Spur. Dieses Prinzip der strengen Trennung von Bild- und Textebene sollte Foster sein Leben lang beibehalten. Nach nicht einmal drei Monaten aber stieg er als „Tarzan“-Zeichner wieder aus.

Die bis dahin entstandenen sechzig Folgen sind das Unbekannteste, was Foster gezeichnet hat. Weil hier ein statisches Muster aus fünf gleichgroßen Bildern pro Folge herrscht, die Farbe fehlt und der Text so umständlich ist, wurden die Episoden nur selten nachgedruckt. Da hilft Bocola nun ab, doch dass es sich dabei um ein bloßes Extra handelt, zeigt die Benennung des ersten Bandes der neuen „Tarzan“-Reihe: „Sonntagsseiten 1931–1932“.  Von den enthaltenen Werktagsfolgen des Jahres 1929 ist keine Rede (aber in der Leseprobe sind sie auch mit drin: https://www.bocola.de/cms/upload/bilder/Leseprobe_Tarzan_Band_1.pdf).

Tatsächlich wurde „Tarzan“ erst dann ein Erfolg, als man die Serie zwei Jahre später auf eine neue Basis stellte und sie den Zeitungen als ganzseitige Folgen anbot, die in den Sonntagsausgaben farbig gedruckt werden konnten. Das war für die prägende Dschungelstimmung der Geschichte gut und unterschied den Comic von den bereits zahlreich existierenden Filmen, die alle noch schwarzweiß waren. Wobei mit der ersten  Sonntagsepisode vom 15. März 1931 nicht Foster, sondern Rex Mason als Zeichner begann.

Doch ein halbes Jahr später war der wahre Meister wieder an Bord, und was er dann mit „Tarzan“ anstellte, das schrieb Comicgeschichte. Nicht, weil es graphisch so eindrucksvoll gewesen wäre – „Tarzan“ bleib auch als ganzseitige Fortsetzung statisch, weil das Bilderschema fest war: im Regelfall vier Reihen à drei Panels, bisweilen auch mal größere Einzelbilder, die die Breite von zwei regulären einnahmen. Aber Foster entwickelte einen Realismus, der bis dahin nur in anspruchsvollen Buchillustrationen üblich war. Man sieht schon, wie sich hier der Zeichner schult, der dann später mit „Prinz Eisenherz“ zum bewunderten Meister werden sollte.

Den Farbreichtum der ursprünglich zeitungsseitengroßen Arrangements hat Bocola durch sorgsame digitale Restaurierung wiederhergestellt, wenn auch die Bücher selbst gerade mal ein Viertel der Originalabdruckgröße erreichen. Aber die Linienführung von Foster ist so klar, dass selbst eine noch extremere Verkleinerung dem Leseeindruck nicht schadete, und die neue Farbpracht kompensiert den Formatverlust aufs Leichteste. Die ersten beiden Bände (im zweiten mit den Episoden der Jahre 1933 und 1934 ist nur noch Foster als Zeichner vertreten) sind schon erschienen, und natürlich wird die neue Reihe auch nicht stoppen, wenn 1937 erreicht wird, als der nächste Zeichnerwechsel stattfand und dann mit Burne Hogarth ein weiteres Comic-Idol Hand an „Tarzan“ legte. Im Gegenteil: Dann erst begann die Serie auch zum optischen Spektakel zu werden, denn Hogarth brach mit allem, was „Tarzan“ zuvor ausgemacht hatte und schuf Seitenarchitekturen, die bis heute maßstabsetzend sind. Vom anatomischen Expressionismus seiner Figuren ganz zu schweigen.

Nach „Prinz Eisenherz“ landet Bocola also nun seinen zweiten comichistorischen Coup. Weltweit gibt es keine schönere „Tarzan“-Ausgabe als die aktuelle  deutsche. Wen es zu diesem Helden  in den Urwald treibt, der findet hier den richtigen Reiseweg.