Comic

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Diese Erzählform vereint das Beste beider Kunstwelten: Wort und Bild. Was man davon lesen und was man besser meiden soll, steht hier.

Der Mann, der Asterix fortan zeichnet

Im Oktober kommt „Asterix bei den Picten“ heraus, der erste Band, der nicht von Albert Uderzo zumindest vorgezeichnet wurde. Sein Nachfolger heißt Didier Conrad, und eigentlich war er die unwahrscheinlichste Wahl.

In der letzten Woche habe ich an dieser Stelle den Mann vorgestellt, der fortan „Asterix“ schreiben wird: Jean-Yves Ferri. Von ihm gibt es derzeit zumindest zwei auf Deutsch lieferbare Comics. Bei Didier Conrad, dem Zeichner, der  in Kooperation mit Ferri die Geschichte der erfolgreichsten Comicserie der Welt fortführen soll, gibt es sogar sieben, wobei nur vier davon interessant sind (die anderen entstammen der völlig belanglosen Reihe „Marsu Kids“). Die interessanten Titel entstammen alle der Serie „Helden ohne Skrupel“, in der Nummerierung sind es die Alben 9 bis 11 und 000 (Triple Zero).

Diese Serie ist Conrads Hauptwerk, entstanden in  Zusammenarbeit mit dem Szenaristen Yann le Pennetier, dem ständigen Partner von Conrad. Insgesamt umfasst diese Serie zwölf Bände, und neun davon sind bei Carlsen auf Deutsch erschienen, aber alle nicht mehr lieferbar. Der kleine Finix Verlag hat sie dann verdienstervollerweise fortgeführt. Trotzdem eine Schande, das die ersten acht auf Deutsch nicht mehr zu haben sind.

Das sollte sich nun ändern, wenn Conrad als „Asterix“-Zeichner reüssiert. Die Voraussetzungen sind gut. Nicht nur dass er – genau wie Ferri – 1959 geboren ist, dem Geburtsjahr auch von „Asterix“, die ersten Bilder aus „Asterix bei den Picten“, die gerade in der französischen Tageszeitung „Le Monde“ abgedruckt worden sind, zeigen einen Stil, der sich von dem Uderzos gar nicht unterscheiden lässt. Angeblich hat der greise Zeichner nachträglich doch noch selbst Hand angelegt, wenn Differenzen zu erkennen waren. Aber solange er nicht in Ferris Geschichte herumgepfuscht hat…

Wobei die Nähe zum Vorläufer so groß ist, dass für Persönliches bei Conrad gar kein Platz bleibt. Dabei ist er einer der dynamischsten französischen Comiczeichner, und seine Linie war oft stark von „Asterix“ beeinflusst. Das kann man bei seinen Ende der achtziger Jahre begonnenen „Helden ohne Skrupel“ sehen, und mehr noch bei einer Serie, die noch früher entstanden ist, von der es in Frankreich aber bislang erst zwei Alben gibt, die aber das Schönste sind, was Conrad bislang gemacht hat: „Bob Marone“ (das erste Abenteuer, “Der weiße Dinosaurier”, ist auf Deutsch irgendwann einmal in zwei Bänden bei Carlsen erschienen und längst vergriffen).

Comic-Kenner werden sofort an „Bob Morane“ denken, die gleichfalls 1959 begonnene Abenteuerserie, für die der französische Vielschreiber Henri Vernes seine eigene Romanserie als Vorlage nahm und gemeinsam mit dem Zeichner Dino Attanasio gestaltete. Sie läuft bis heute. Der nur um zwei Buchstaben vertauschte „Bob Marone“ von Yann und Conrad ist eine Parodie auf den pathetischen Erzählton des Vorbilds, vor allem aber eine herrliche Weiterentwicklung des runden Stils von Attanasio durch Conrad, der den Geschichten den Look eines frankobelgischen Klassikers der fünfziger Jahre verleiht (hier eine Leseprobe aus dem zweiten Abenteuer, “Un parfum de yétis roses”: https://www.dargaud.com/bd-en-ligne/bob-marone-tome-2,5776). Die wunderschöne Gestaltung der bei Dargaud jüngst neu erschienenen beiden Alben tut das Ihre dazu, diesen Eindruck noch zu vertiefen.

Das Interessanteste aber: Bob Marone und sein treuer schottischer Begleiter Bill Gallantine (bei Vernes ist es Bill Ballantine) sind schwul. Das ist übrigens auch bei „Helden ohne Skrupel“ bisweilen so, obwohl es da durchaus deftige heterosexuelle Liebe in den so possierlich aussehenden Handlungen gibt. Conrad und Yann gehen gern an die Grenzen dessen, was ein als Jugendcomic daherkommendes Produkt leisten darf, ohne indiziert zu werden. Aggressiv ist es nie, auffällig dafür allemal.

Da Bob und Bill bei ihnen wie bei Vernes und Attanasio ein kleiner Schlauer und ein dicker Gemütsmensch sind, liegt der Vergleich mit Asterix und Obelix nahe. Dass sich Uderzo, der nun wirklich alles dafür getan hat, die naheliegende Deutung einer homosexuellen Faszination von Asterix und Obelix füreinander zu bekämpfen, mit diesem Nachfolger abgefunden hat, ist bemerkenswert. Fürchten muss er wohl nichts, denn die Hachette-Verlagsgruppe, die nunmehr die Rechte an „Asterix“ hat, will einen sicheren Erfolg des neuen Bandes. Da würden frivole Anspielungen stören. Aber Conrad ist zuzutrauen, dass er sie trotzdem unterbringt – wenn nicht jetzt, dann später. Auch wenn er nun Ferri an seiner Seite hat statt den auf ihn humoristisch eingeschworenen Yann.