Fünf Jahre lang, von 2003 bis 2008, hat Reinhard Kleist an seiner Trilogie „Berlinoir“ gearbeitet, immer wieder unterbrochen durch andere, teilweise höchst erfolgreiche Bücher wie die Graphic Novel „Cash – I See a Darkness“ oder sein Havanna-Zeichnungsbuch. Doch obwohl „Berlinoir“ nicht annähernd dieselbe Beachtung fand, schloss Kleist die umfangreiche Geschichte ab. Es wäre sonst auch unfair gewesen gegenüber dem Schriftsteller Tobias O. Meissner, der ihm das Szenario geschrieben hatte, und gegenüber dem kleinen Verlag Edition 52, der diese Publikation gewagt hatte.
Gelohnt hat es sich allemal, denn Kleist hatte mit dieser Vampirgeschichte aus einem Berlin der nahen Zukunft ein Thema gefunden, das an seine Anfänge erinnerte, an den Band „Lovecraft“ etwa, nicht zuletzt des opulenten Formats und der intensiven Farbgebung wegen. Hier wurde auf insgesamt fast 150 Seiten bestes Genre erzählt, und das mit einigem Augenzwinkern, so etwas in einer Szene, als sich die Vampire als Herrscher über Berlin darüber mokieren, dass sie bislang in populären Erzählformen immer nur als Klischeefiguren hätten herhalten müssen. Bei Meissner und Kleist benehmen sie sich prompt ein weiteres Mal so.
Und das macht sehr viel Spaß, wenn auch die Handlung denkbar blutrünstig ist. Nur die Stadt Berlin wird von den Vampiren beherrscht, doch was sie mit den Menschen dort anstellen, macht dem Namen ihres Stadtstaats, eben „Berlinoir“, alle Ehre. Wie Kleist die ganze Bildsprache totalitärer Regime in seine Panels einfließen lässt, das ist grandios. Und dass man Anspielungen auf Fritz Lang, George Grosz, Friedrich Wilhelm Murnau und viele Künstler mehr findet, macht die Lektüre noch erfreulicher.
Vor allem aber ist der Zyklus nun in einem großen Prachtband zusammengefasst, bei dem der Druck gegenüber den Originalalben noch verbessert worden ist. Dadurch kommt Kleists Sorgfalt bei den Zeichnungen erst richtig zur Geltung. Ein neues Umschlagmotiv gibt es auch, und da es sich um eine auf lediglich 150 Exemplare limitierte Ausgabe handelt, hat es auch noch für einen signierten Druck als Beigabe gereicht. Den kann man sich im Netz ansehen (https://edition52.de/index.php?page=194405995&f=1&i=194405995), für eine Leseprobe hat es nicht gereicht.
Früher hat es solche Luxusausgaben in Deutschland übrigens häufig gegeben, ehe die Käufer feststellen mussten, dass sie für den Aufpreis meist zu wenig Zusatznutzen geboten bekamen. Das ist bei „Berlinoir“ ganz anders. Er ist mit 59 Euro weiß Gott nicht billig, aber ich kenne weiß Gott auch nur wenige schöner produzierte Comics.