Comic

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Diese Erzählform vereint das Beste beider Kunstwelten: Wort und Bild. Was man davon lesen und was man besser meiden soll, steht hier.

Deutscher Aufgalopp für Frankreichs großen Auftritt

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Das nenne ich Bescheidenheit: Den Auftakt zum ersten sichtbaren Projekt des französischen Gastlandauftritts bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse bestreitet kein Franzose, sondern ein Deutscher: Mawil, ein Comiczeichner, der mit seinem autobiographischen Buch „Kinderland“ über die letzten Tage der DDR, das in Deutschland vor drei Jahren erschien, auch in Frankreich große Beachtung gefunden hat. Nun hat er eine weitere autobiographische Geschichte gezeichnet, die davon erzählt, wie das Gemeinschaftsprojekt „Ping-Pong“, bei dem französisch- und deutschsprachige Comiczeichner bis hin zur Buchmesse (also bis Oktober) wechselseitig einander Geschichten erzählen werden. Und hier kann man Mawils Comic lesen, wenn auch bislang nur auf Französisch: https://www.francfort2017.com/ping-pong/.

In den nächsten Monaten werden etliche prominente Künstler aus beiden Staaten dazustoßen, und einen lernt man hier auch schon kennen: Flix, wie Mawil in Berlin ansässig, und den Lesern von faznet und F.A.Z.-Feuilleton durch seine wöchentliche Serie „Glückskind“ bekannt. Mit den beiden Herren hat sich Mathieu Diez, seines Zeichens Leiter der Comicfestivals von Lyon, das bald wieder stattfindet (diesmal mit besonders starker deutscher Beteiligung, siehe https://www.lyonbd.com/), und zudem verantwortlich für den Comicteil des diesjährigen französischen Buchmesseauftritts, die Richtigen ausgesucht, denn beide Zeichner stehen für einen international wettbewerbsfähigen deutschen Comic, der sich hinter der jahrzehntelang übermächtigen Konkurrenz aus unseren Nachbarland nicht verstecken muss. Deshalb ist der Auftakt durch Mawil nicht nur Bescheidenheits-, sondern auch Respektserweis.

Was sollte man sich in Frankreich aber auch Passenderes wünschen als diesen in jeder Hinsicht bunten Einblick ins Zeichnerleben in der deutschen Hauptstadt, die vielen jungen Franzosen als Mekka des Partylebens gilt? Kaum hat man den lukrativen Auftrag von den beiden sympathischen Franzosen in der Tasche (Mathieu Diez tritt neben seiner Kollegin Myriam Louviot aus der Berliner Botschaft selbst im Comic auf), kommen jeweils landestypische geistige Getränke zur Feier der künftigen Zusammenarbeit auf den Tisch, und Mawil ist immerhin so dezent, nur sich selbst am nächsten Morgen zu porträtieren – 53 Bilder, wie er selbst behauptet, nach dem vorher gezeigten. Davon sehen wir aber leider nichts. Seine ganze Episode umfasst nur 28 Panels.

Doch die haben es in sich, denn Mawil entfaltet darin eine kleine Piktogrammatik des Comics, in dem Symbole und Onomatopöien genauso eine Rolle spielen wie Wortspiele („trinquons“ heißt im Französischen „stoßen wir miteinander an“, klingt aber wie im Deutschen „trinken“) oder Bildmontagen – so ist etwa das Cover von „Kinderland“ in die gezeichnete Handlung einkopiert, ein Effekt, den Mawil auch schon in seinem Comicerfolg bei ikonischen DDR-Gegenständen eingesetzt hatte.

Wenn es so weitergeht wie in diesem Prolog zum Ganzen, dann darf man von „Ping-Pong“ einiges erwarten. Die Zeichner, von denen im Vorfeld die Rede war (ob sie alle teilnehmen werden, weiß ich nicht, aber auf französischer Seite war auch von Riad Sattouf und Lewis Trondheim die Rede), lassen jedenfalls eine furiose Abfolge von Kurzgeschichten erwarten. Und nur wenige Tage nach dem jetzigen Start dieser Internet-Reihe wird am 2. Juni im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst eine ebenfalls anlässlich des Buchmessengastlandauftritts von Frankreich geförderte Comic-Ausstellung eröffnet: „Kartografie der Träume“, mit Arbeiten des wunderbaren Marc-Antoine Mathieu, der es wie kein zweiter Zeichner schafft, mit seinen Comics die theoretischen Grundlagen des graphischen Erzählens ständig zu reflektieren und zu erweitern (für nur ein Beispiel, seinen Comic „Sense“ – auf Deutsch mittlerweile als „Richtung“ erschienen – siehe https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/neue-comics-zum-raum-wird-hier-die-zeit-13542282.html). Da hat sich die Ehrengastrolle ja schon gelohnt. Und vielleicht kommt auf der eigentlich zweisprachig angelegten Website „francfort2017.com“ ja auch noch eine deutsche Version der dafür angefertigten Comics zur Publikation.


1 Lesermeinung

  1. MyriamL sagt:

    PingPong spielt man sogar zu dritt...
    Vielen Dank für den Artikel!
    Heute ist der 2. Beitrag (von Catherine Meurisse) erschienen.

    Alle comics werden dreisprachig veröffentlicht: einfach oben links die Sprache aussuchen :-)

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