Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao ist ein glücklicher Mensch. Gern redet er davon, wie stabil die Banken seines Landes sind, wie gering die Ausfallraten der Kredite, und wie gut die Ernten der vergangenen fünf Jahre waren. Die Wachstumszahlen stimmen, auch wenn – das immerhin muss er einräumen – das Ziel von 8 Prozent Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr ehrgeizig ist und „harte Arbeit“ erfordert. Nun, in einem hat er Recht, die Welt kann nur jedes Interesse daran haben, dass es der chinesischen Volkswirtschaft gut geht. Denn das Land ist in der Tat nicht nur der Exporteur des tragbaren Computers, auf dem diese Zeilen entstehen, sondern auch ein wichtiger Importeur diverser Waren. Deshalb wäre es Jiabao und seinem Volk zu wünschen, dass seine Prognosen stimmen und Wirtschaft, Staat und Menschen Chinas tatsächlich in so harmonischem Einklang zueinander stehen, wie der Ministerpräsident es in Davos suggeriert hat. Gewiss war es für ihn auch einfach, auf die Exzesse in anderen Ländern zu schimpfen, die die Krise verursacht haben, mit der die Welt konfrontiert ist. Aber er vergaß in Davos dabei zu erwähnen, dass gerade China von diesen Konsumexzessen in den vergangenen Jahren auch stark profitiert hat. Deshalb ist es auch für Jiabao alles andere als uneigennützig, den Vereinigten Staaten die Hand zur gemeinsamen Bewältigung der wirtschaftlichen Herausforderungen zu reichen. Die Amerikaner sollten aber trotz ihrer wirtschaftlichen Depression selbstbewusst genug bleiben, auch die Chinesen an ihre Verpflichtungen zu erinnern. Selbst wenn es dabei nicht immer harmonisch zugeht.
Wen Jiabao im Kongresszentrum von Davos.
Von Harmonie hält der russische Ministerpräsident Wladimir Putin ohnehin nicht so viel. Das wurde deutlich als ihn Michael Dell, der Gründer und Vorstandsvorsitzende des nach ihm benannten amerikanischen Computerherstellers, danach fragte, was man für die Verbreitung des Internet und die Bildung der russischen Schüler denn noch Schönes tun könne. Nun, nichts, sagte Putin da. Alles sei schon da. Wir helfen uns selbst. Und unsere Kinder sind sowieso perfekt ausgebildet. Sehr schön. Da wird es gewiss in Berlin wieder harmonischer zugehen, wenn Wen Jiabao in dieser Woche noch den Vertrag für ein neues Transrapid-Projekt unterzeichnet…