Mit den islamistischen Anschlägen von Barcelona, Hamburg und Turku gerät in Vergessenheit, dass Gewalt und Zerstörung nicht zwingend mit der Anrufung Allahs einher geht. Das ist angenehm für die Bewohner der Roten Flora in Hamburg und ihre lokalen und überregionalen Freunde, die vor sechs Wochen die Bilder des G20-Gipfels von Hamburg mit Ausschreitungen, Vandalismus und Terror dominierten. Hatte es kurz danach noch Überlegungen gegeben, die Autonomen aus der Roten Flora zu werfen und im Kampf gegen Linksextremismus härter durchzugreifen, fühlt sich die Szene inzwischen wieder so frei, ihren gewohnten Tätigkeiten nachzugehen. Das bedeutet neben weiteren Anschlägen auf den Staat auch eine Debatte über das Erlebte aus Sicht der Beteiligten, die vor allem auf dem Portal Indymedia ausgetragen wird.
Denn dortselbst sind nach eigenem Bekunden diejenigen zugegen, von denen die an den Protesten beteiligten Gruppen des Centro Sociale Hamburg nach eigenen Angaben nur einen diffusen Eindruck haben wollen:
Wer wann was gemacht hat und woher die alle kamen wird sich letztlich nie genau klären lassen. Einige hundert Menschen bevorzugten offenbar eine Eskalation, um überhaupt etwas Aufmerksamkeit von Politik und Gesellschaft zu erlangen und eine Antwort auf die staatliche Repression in welcher Form auch immer zu geben. Es ist jedoch entschieden zu kurz gedacht, die Folgen des behördlichen Versagens ominösen “gewalttätigen Ausländern” in die Schuhe zu schieben. Wer auch immer einen Grund hatte im Schanzenviertel zu agieren – die Geschehnisse zeigen klar, dass etwas gewaltig falsch läuft.
Irgendwelche Leute haben da irgendwas gemacht, das man nicht klären kann, vermutlich waren sie wütend und die Polizei war schuld. Dieser These folgt auch die in Hamburg ansässige Vorbereitungsgruppe des Antikapitalistischen Camps, das erst auf Betreiben der Stadt untersagt werden sollte, und dann mit Auflagen genehmigt und mit Hilfe von Bürgern und Kirchen umgesetzt wurde. Trotzdem war es nach deren Eigenaussage nicht ganz leicht, die erhofften Ziele zu erreichen:
Trotz geringerer Anzahl an Teilnehmer*innen als geplant konnte dank Privatpersonen und Projekten ein finanzielles Desaster verhindert werden.
Das ist für die Organisatoren problematisch. Sie geben ganz offen zu, dass ihre Projekte in Hamburg staatliche Mittel erhalten, die nun im Folge der Krawalle zu versickern drohen. So offen wird in der Szene selten darüber gesprochen, dass die Gegner der bestehenden Ordnung die Mittel derselben nötig haben, und auch bekommen:
Wieder andere, Projekte müssen derzeit um öffentliche Gelder fürchten – öffentlich gemacht wurde es bereits vom Gängeviertel, dem offen mit dem Entzug von Förderungen gedroht wird, sollten sie sich nicht von Gewalt distanzieren, aber wer weiß, was noch folgen wird.
Das mag zu einigen selbstkritischen Tönen in Richtung der Ausschreitungen im Schanzenviertel geführt haben – nicht gemeint sich hier aber die Angriffe auf die Polizei und die Bevölkerung in Folge der autonomen “Welcome to Hell“-Demonstration.
Auch wir glauben, dass es eine Debatte darüber geben muss, was bei diesen Auseinandersetzungen Freitagnacht taktisch sinnvoll war und was der autonomen und linksradikalen Bewegung eher geschadet hat oder Menschen unnötig in Gefahr gebracht hat. Aber diese Debatte werden wir selbstbestimmt führen und uns dabei weder von der Boullevard-Presse noch von Distanzierungsaufforderungen treiben lassen.
Denn auf die Presse und den Staat sind die Organisatoren des Protestcamps nicht gut zu sprechen. Medien wird vorgeworfen, die Verhältnisse falsch einzuschätzen und die Straftaten in Hamburg im Vergleich zum Rechtsradikalismus falsch zu betonen.
Wenn Journalist*innen den Unterschied zwischen brennenden Autos und Bürgerkrieg sowie den zwischen Aggression gegenüber gepanzerten Cops und rechtsradikalem Terror nicht begreifen oder verschweigen, während ihnen nicht auffällt, dass jetzt fast 45mal soviel Geld für die Opfer der Sachbeschädigungen bereitgestellt wird, als es den Opfern des NSU-Terrors ausgezahlt wurde, wollen wir gar nicht wissen, wohin das noch führen wird.
Das sieht dann auch die Perspektive Kommunismus, ein Zusammenschluss verschiedener linksautonomer Gruppen, ganz ähnlich. Zu dem “Event“ und den Straftaten als solchen führen sie aus:
demolierte Straßenzüge sind ein umgefallener Sack Reis im Vergleich zur unerträglichen täglichen Gewalt der G20-Staaten. Es ist sicher nicht unsere Aufgabe, uns empört in Distanzierungen zu verstricken, wo es doch eigentlich darum gehen muss, nach den Ursachen der Gewalt zu fragen und die Organisierung des Widerstands voranzubringen. Ja, es war richtig, dass die Bullen am Eindringen in das Stadtviertel gehindert werden konnten.
Diese Selbstbezichtigung der aktiv an den Geschehnissen Beteiligten ist insofern interessant, als es bei der Nachbetrachtung Vermutungen gab, die Polizei sei absichtlich bei den Plünderungen am Schulterblatt nicht eingeschritten und hätte zu lange gewartet. Die Personen, bei denen das Centro Sociale noch rätselte, wer sie gewesen sein könnten und was sie warum taten, erklären ihre Ziele bei der Zerstörung ganz offen:
Allerdings sehen wir es als wichtig an, zu differenzieren zwischen bewussten und sinnvollen politischen Aktionen und Randale, die unserem Anliegen in einigen Fällen zuwider gelaufen ist. Die Zerstörung als Selbstzweck, als angeblicher Akt der Befreiung, ist ganz einfach kein Teil eines revolutionären Prozesses, der es verstehen soll, Menschen für den bewussten Aufbau einer neuen Gesellschaft zu gewinnen. Brennende Kleinwägen und beliebig zerstörte Kleingewerbe können durchaus ein diffuser Ausdruck von aufgestauter Wut sein. In einem System, das tagtäglich Ausgrenzung und Erniedrigung produziert, ist es nicht verwunderlich, dass es irgendwann knallt – nur ist das weder einfach gutzuheißen, noch zu verwechseln mit gezielten und vermittelbaren Aktionen, die an gesellschaftlichen Widersprüche und Perspektiven ihrer Aufhebung anknüpfen.
Dankenswerterweise liefert die gleiche Gruppe neben ihrer Vorstellung vom Aufbau einer neuen Gesellschaft auch Einblicke in die Zielsetzung, zumindest für kurze Zeit eine von der Staatsmacht befreite Zone zu schaffen.
Leider sind die organisierten linken Strukturen aber nicht stark genug gewesen, das Bild der Auseinandersetzungen vor allem zu späterer Stunde maßgeblich zu bestimmen. Dennoch: Dass die Bullen über mehrere Stunden hinweg die Kontrolle über ein Stadtviertel verloren haben, dass sie den Riot nicht verhindern, sondern lediglich auf einen Teil der Stadt beschränken, konnten, ist ein Ausdruck ihrer organisatorischen Schwäche und den zumindest zeitweise starken Barrikaden an den richtigen Stellen.
Der früher beim Blog Störungsmelder schreibende und nach den Krawallen ausgeschlossene Journalist Sören Kohlhuber wird, so ist bei Indymedia zu lesen, trotzdem bei seinem Auftritt bei einer Antifaveranstaltung das Verhalten von Staat und Polizei in den Mittelpunkt stellen:
Der freie Journalist, Sören Kohlhuber, wird dabei in seinem Vortrag darauf eingehen, wie sich Hamburger Senat und Polizei über demokratische Standards hinwegsetzten
Die Anarchistische Zeitung sieht das in ihrem Beitrag „Für ein Ende der Gewalt“ ähnlich – mit Gewalt ist hier die Gewalt des Staates und die Polizei gemeint, auf die die militante Szene lediglich reagiert haben will:
Auf diese Gewalt gab es Reaktionen, ebenfalls mit Gewalt. Diese Gewalt war oft gezielt gegen die Polizei, den Staat oder kapitalistische Institutionen gerichtet. In einigen Fällen zerstörten Menschen aber auch die Autos und Geschäfte von jenen, die selbst massiv Betroffene kapitalistischer Ausbeutung sind. Das sollte vermieden werden. Verletzte, die keine Polizist*innen waren, gab es aber fast keine.
Aber nicht jeder ist so verständnisvoll, dass er Ladenbesitzer und Autoeigentümer als Mitunterdrückte des Systems bedauert und erleichtert ist, dass man fast nur Polizist*Innen, ganz korrekt mit Gendersternchen, denn ein guter Autonomer prügelt nicht geschlechterungerecht, verletzt hat. Bei Indymedia meldet sich dagegen ein genervter Johnny zu Wort und führt aus, dass man nur das ausgeführt hat, was die Organisatoren vorher angekündigt haben. Für Distanzierungen hat er kein Verständnis:
Nachdem in der Schanze einige Barrikaden gebrannt, einige Läden geplündert und die Bullen für ein paar Stunden einige überschaubare Strassenzüge aufgegeben hatten, irrlichtert ein Chor von Distanzierungen durch die Welt der selbsternannten antagonistischen Gegenspieler des Schweinesystems. Verkündet im diffusen Netz oder klar offen denunziatorisch gesprochen in die vor das Gesicht gehaltene Microphone der ortansässigen Medien. Sodass mensch sich fragt, wer denn nun eigentlich zu den “Tagen der Hölle” eingeladen war, bzw. wer sich denn angesprochen fühlen durfte, die verbalradikalen Bekentnisse im Vorfeld ernst zu nehmen und zu versuchen, diese auch mit einem bisschen Realitätsgehalt zu füllen. Wie auch immer, die “Auswärtigen”, die “unpolitischen Krawallmacher”, die “Alkoholierten”, wer auch immer, Schuldige müssen her, wo die Volksssele kocht, sind nun also Schuld, dass die “Militanz aus dem Ruder gelaufen”, der “eigene Kiez” zerlegt wurde.
Die Autonome Antifa Freiburg war ebenfalls vor Ort, sieht es bei Indymedia ähnlich, und deutet Gewalt und Zerstörung als Akte der politischen Auseinandersetzung
Doch der subversive Charme der Bilder des Widerstands widersetzt sich der Entpolitisierung. Die Plünderung eines Ladens ist der kollektive Bruch mit dem Recht auf Eigentum. Kein Steinwurf auf die Polizei war jemals unpolitisch. Nüchtern betrachtet ist die mediale Empörung über die abgefackelten Autos an der Waterkant ein Spezifikum deutscher Spießigkeit. Wenige Tage nach dem „Bürgerkrieg“ in Hamburg wurden an einem ganz normalen Nationalfeiertag in Frankreich 900 Autos angezündet. Statt des hanseatisch kleinkrämerischen „Ganz Hamburg hasst die Polizei!” heißt es dort sympathisch kosmopolitisch: Tout le monde déteste la police !
In den Medien wurde viel über Ursachen der Ausschreitungen geschrieben – gemeinhin die Unzufriedenheit mit dem politischen System. Auch der Hamburger Bürgermeister wurde angegriffen, weil eine derartige Veranstaltung in der Stadt die Autonomen provoziert hätte. Ein Anonymus bei Indymedia liefert eine ganz andere Innenansicht der Gewalt, die weder Hamburg noch die G20 gebraucht hätte. Ihm geht es um das ganze System und die Menschen, die darin leben. Hier sind die Betroffenen der Ausschreitungen keine unvermeidlichen Opfer mehr, sondern Teile eines abgelehnten und militant bekämpften Gesamtsystems. Manche Medien bezweifelten, ob der Begriff Terror angebracht ist – der Text, dessen Kernaussagen hier wiedergegeben werden, belegt die Natur der Exzesse und ihre Innensicht eindrucksvoll.
In der Nacht auf den Freitag nahmen sich bereits viele Menschen einen Teil der Würde, die uns diese beschissenen Verhältnisse Tag für Tag rauben zurück und griffen an etlichen Orten die Cops an, errichteten Barrikaden und verursachten mit Hämmern, Steinen und Flammen an vielen Stellen der Stadt Risse in der Fassade einer Gesellschaft, in der nur Platz für diejenigen ist, die funktionieren, konsumieren und sich anpassen. Kaum waren die Barrikaden der Nacht gelöscht, gingen am frühen Morgen des Freitags die ersten Autos in Flammen auf. An verschiedenen Orten der Stadt machten sich Gruppen auf den Weg um zu zeigen, dass es an diesen Tagen um mehr gehen sollte als um den Angriff auf ein Treffen von Staatsoberhäuptern. Unter anderem Immobilienbüros, Luxusautos, die Jugendgerichtshilfe, Banken und die glitzernden Fassaden der Einkaufshöllen wurden Ziel von Angriffen und auch die ersten Cops mussten unter Angriffen die Beine in die Hand nehmen.
Freitag wurde sich ein Stück des Raumes, den die Autoritäten im Interesse ihrer Herrschaftsinszenierung den Menschen in dieser Stadt mit aller Gewalt abgetrotzt haben, für einige Stunden zurückerkämpft. Mittels brennender Barrikaden und beständigen Angriffen auf die Bullen wurde ein Raum geschaffen, in dem Menschen sich für einige Stunden unabhängig von der Macht des Staates entscheiden konnten, was sie tun wollen. Es wurde geplündert, Menschen nahmen sich, was sie brauchten oder wollten, andere wiederum zerstörten Symbole der jeden Sinn für ein wildes, freies Leben abtötenenden Welt des Konsums und machten sie zum Raub der Flammen. Es zeigte sich eine beeindruckende Vielfalt von Menschen, die sich an diesem Tag die Straße teilten, plünderten, Barrikaden errichteten und die Cops angriffen – viele von ihnen vermutlich nicht Teil irgendeines Protestmilieus.
Nun ist so ein Anonymus nicht zweifelsfrei zuweisbar – bei Indymedia kann jeder schreiben, und nur der Umstand, dass der Text stehen bleibt, weist auf die Authentizität hin. Indymedia löscht durchaus Bekennerschreiben, wenn die namenlose und verdeckt agierende Redaktion den Eindruck hat, dass jemand die Plattform für Falschdarstellungen missbraucht. Die Interventionistische Linke dagegen hat sich verifizierbar selbst geäußert. Sie vermeidet eine Distanzierung und sucht wie einige Medien die Schuld bei der Polizei:
Zu den Bildern des Widerstands gehören auch jene, bei denen Menschen der Kragen geplatzt ist, bei denen sie sich gewehrt haben – und bei denen diese Gegenwehr umschlug in Aktionen, die sich nicht mehr gegen den Gipfel oder die Staatsmacht, sondern auch gegen Anwohner_innen und Geschäfte richtete. Es waren nicht unsere Aktionen. Die IL stand und steht für den Alternativgipfel, für Block G20 und für die Großdemonstration. Hier haben wir gesagt, was wir tun – und getan, was wir gesagt haben. Aber wir können und wollen die Feuer der Freitagnacht nicht aus dem Ausnahmezustand lösen, in dem sie stattfanden. Wenn die Polizei über Tage hinweg Menschen drangsaliert, schlägt und verletzt, sich wie eine Besatzungsarmee aufführt, die von Deeskalation noch nie etwas gehört zu haben scheint, dann bleibt irgendwann die spontane Antwort nicht aus.
Dem widerspricht bei Indymedia ein Autor mit dem Namen „expect resistance“, der nicht jede Form der Ausschreitung so haben möchte und dafür eintritt, Militanz besser zu organisieren. Das ist eine bei derartigen Ereignissen nicht seltene Einstellung: Manche Teilnehmer stören sich an der fehlenden Organisation und Planung und fordern wohldurchdachte Zielsetzungen mit Gewalt an der “richtigen“ Stelle. Das ist eigentlich der Punkt, an dem aus einer Krawalle geplanter Terror wird:
Es ist klar, dass die Ereignisse von Hamburg nicht spurlos an uns vorübergehen. Wir brauchen Diskussionen. Und ja, wir werden auch über Gewalt reden und streiten müssen. Und wir müssen tiefer gehen als „Wie kann Militanz zielgerichteter werden? Wie kann sie besser vermittelt werden?“ Um klar zu machen, was wir meinen, wollen wir unsere Gefühle in der Schanze beschreiben: Es fühlte sich irgendwie alles irreal an. Es war ein Rausch, inmitten der Polizeifestung einen Raum der Freiheit zu erschaffen. Doch bald kamen auch Zweifel. Wie Mogli im Dschungelbuch starrten wir auf die Schlange Ka, auf die Plünderungen und die brennenden Barrikaden. Wir haben für ein paar Stunden ein Utopia geschaffen, und es war wieder bestimmt von Gewalt. In diese Stunden wurde unsere Vorstellung einer befreiten Gesellschaft real. Aber es hätte noch viel mehr Befreiung und viel weniger Gewalt sein können.
Medien – speziell solche, die kritisch berichteten – wird ihre Einseitigkeit vorgeworfen, weil es an differenzierter Darstellung der Riots fehlte. Der Autor beklagt, dass man sich zu sehr auf den Schwarzen Block und die Zerstörungswut und zu wenig auf die anders und bewusster militant agierenden Gruppen konzentriert hätte. Darauf führt er den Stimmungsumschwung vom Verständnis zur Ablehnung und die letztendlich schlechte Presse für die Aktivisten zurück:
Für unsere Sichtweise, dass die Riots notwendig und erfolgreich waren, blieb da kein Platz mehr. Plötzlich saßen wir in der Falle: Nehmen wir die Schikanen der Polizei passiv hin, so wird unsere Freiheit Schritt für Schritt eingeschränkt und ausgehebelt, im Gegenzug gibt es für diese Jesus-Posse aber viel Unterstützung und Solidarität. Setzen wir uns aber aktiv zur Wehr, werden wir zu einer Bedrohung hochgespielt, und liefern so eine Steilvorlage für neuere noch schärfere Gesetze. Für die Bevölkerung werden wir so der Gott-Sei-Bei-Uns, auf den sie alles Mögliche projizieren können.
Dieses Projizieren ist allerdings dank Indymedia gar nicht notwendig; Die dortige Redaktion veröffentlicht in Übersetzung Beiträge für die italienischen Freunde, die von Folgeanschlägen nach G20 handeln, und bei Indymedia melden sich jetzt noch Beteiligte zu Wort, die aus ihrer Intention keinen Hehl machen. Trotz der klar militanten Ausrichtung ist diese Debatte möglich: Der rechtsfreie Raum, den Heiko Maas bei Facebook und Twitter bekämpft sehen möchte, ist für jene gegeben, die autonom Gewalt offen leben. Echtes Bedauern findet man nur, wenn staatliche Mittel gestrichen werden sollen. Distanzierung oder eine echte Hinterfragung der Ereignisse sucht man bei Indymedia vergeblich. Das Weltbild steht fest, man ist sich nur nicht ganz einig, ob man sich vom Staat und der Polizei provoziert fühlen möchte, oder das alles bewusst und geplant angerichtet hat. Ausserdem fühlt man sich kollektiv von den Medien nicht angemessen gut dargestellt. Dass die Rote Flora trotz ungenügender Linientreue nicht aufgelöst werden darf, gilt dagegen als ausgemacht – entsprechende Drohungen mit Anschlägen an die Politik, die vor allem den Kampf gegen “rechts” und “Hate Speech” fördert, und Linksextremismus in Person von Manuela Schwesig für ein “aufgebauschtes Problem” hielt, finden sich auch in der neuen Netzgesellschaft der Autonomen.