Überall Irrungen und Wirrungen. Das Scansystem für die Fachbesucher-Gutscheine funktioniert nur, wenn es will, lange Schlangen bilden sich, Buchmessemitarbeiterinnen sind hilflos: „Ja, das funktioniert manchmal nicht.“ Ein Verlagsvertreter berichtet, er sei zweimal unverrichteter Dinge aus dem Parkhaus Rebstock wieder herausgewunken worden, bevor er bei der dritten Runde (Spur ganz links nehmen!) endlich zum Stehen kam. Andere haben es nicht einmal nach Frankfurt geschafft, Buchpreisträgerin Melinda Nadj Abonji zum Beispiel. Sie verbrachte den Vormittag auf der Autobahn zwischen Zürich und Frankfurt, weshalb Roger Willemsen an ihrer statt auf dem blauen Sofa saß und sich um Kopf und Kragen redete, um das Vakuum zu füllen, während der Moderator Zettel gereicht bekam, auf dem der aktuelle Stand in Sachen Buchpreisträgerinnenanwesenheit abzulesen war. Stirnrunzeln moderatorenseits, Willemsen redet weiter.
Irgendwann kam sie dann doch noch auf die Messe und absolvierte einen schier übermenschlichen Interviewmarathon, allerdings nur in kleinsten Kreisen. Keine Podien, keine Sofas. Nadj Abonji ist die vermutlich unherumgereichteste Preisträgerin der Geschichte des Buchpreises. Überhaupt verfestigt sich am ersten Tag den Eindruck, die werte Autorenschaft werde gänzlich durch Roger Willemsen und Sascha Lobo repräsentiert, die dauernd irgendwo sitzen und reden und Vakua zu füllen sich bemühen. Mediengesichter, die Sprechblasen in Mikrophone und Kameras entlassen. Nicht einmal Alexa Hennig von Lange ist da, und die ist sonst immer da.
Was ist los mit dem Hype? Wo ist das allerneueste deutsche Literaturwunder? Ist der Wille, Prinzessinnen zu krönen, schon verflogen? Wo sind sie, die neuesten sensiblen Schreibkräfte mit unverbrauchten Gesichtern, an deren Rehaugen man sich noch nicht sattgesehen hat? Wo sind sie nur hin? Und kann Sascha Lobo diese Lücke wirklich füllen?
Nein. Einfach: Nein.
Aber wer ganz genau hinschaut, der entdeckt sie dann doch, die Autoren. Ulrich Holbein zauselt auf Birkenstocks durch die Hallen, Harry Rowohlt rauscht vorbei, und irgendwo war auch Judith Zander. Und, fast gänzlich unbemerkt, die stille Gestalt mit der Sonnenbrille abseits des Getümmels, die lässig an einem Stützpfeiler lehnt und in einer Ausgabe der Literaturzeitschrift „Volltext“ blättert. So hell ist es doch gar nicht in Halle drei? fragt man sich. Eigentlich ist es hier sogar recht gedämpft im Vergleich zur Neonhölle eine Halle weiter. Wozu die dunkle Brille? Möchte der Herr etwa nicht erkannt werden? Vielleicht, denkt man sich, sollte er dann nicht unbedingt in einer Zeitschrift blättern, die sein Bild groß auf dem Titel trägt. Und darunter steht: „Sehnsuchtsgebiete einer Zangengeburt“.
Am Abend trifft man sich bei Rowohlt. Erst ist es leer, dann füllt es sich schnell und dauert lang. Gute Häppchen, guter Wein. Auch hier die üblichen Gesichter: Martin Mosebach, Andreas Maier, Sascha Lobo. Alexa ist schon wieder nicht da. Ich beginne ernstlich, mir Sorgen zu machen. Im Übrigen verfestigt sich mein Eindruck, die einzige Person auf der Buchmesse zu sein, die Nadj Abonjis Roman gelesen hat. Wenn ich hier mal einen Appell loswerden darf: Bitte kauft dieses Buch und lest es. Es ist ein sehr schöner Roman. Und eigentlich müßte man Abonji über die Podien reichen, wie man die vorherigen Jahrgänge über die Podien gereicht hat, sie hätte es verdient.
V, der Gockel ist als...
V, der Gockel ist als zeitgeschichtliches, nicht als literarisches Phänomen erwähnenswert. Auch wenn er sagt, die Romenschreiberei sei „schwerer, schmerzhafter und intensiver“ gewesen, als er gedacht habe.
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HansMeier: Nö. Zum Glück nicht. Mir fielen auf Anhieb eine ganze Reihe tötere Kunstformen ein.
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pardel, gestern war doch noch alles ganz flockig. Heute ist schon viel, viel schlimmeres Geschiebe. Und waren Sie mal an einem Samstag dort?
Aber zu Ihrer Frage: Er muß natürlich aus Gründen der PR dorthin, und aus Gründen der Kontaktaufnahme mit den Menschen, von denen er nun einmal abhängig ist. Für andere ist es vielleicht auch liebgewordene Gewohnheit. Aber es speilt sich ja auch nicht alles in den Hallen ab, es gibt viele, viele Zusammenkünfte, Lesungen, Verabredungen abseits der großen Messe. Aber ich werde weitersuchen, versprochen.
Entschuldigen Sie bitte meine...
Entschuldigen Sie bitte meine Naivität, Frau Diener, aber nachdem ich gestern die Buchmesse beruflich (also nicht als Autor!) tangiert habe und gebürend genervt war, verstehe ich nicht ganz, aus welchem Grund ein Autor zur Buchmesse sollte, außer, er wird von seinem Verlag aus (übrigens vollkommen legitime) Gründe der PR dorthin kommandiert. Als Journalist geht man zur Buchmesse, um darüber zu schreiben, als Kritiker, um zu erfahren, was man worüber schreiben könnte/sollte, als Verleger ist es evident, warum da ist und als Buchhändler sowieso. Aber als einfacher Mensch, der schreibt, als Autor per se: Was soll man da? Kann es sein, dass Sie an der falschen Stelle nach Autoren Ausschau halten?
"Ich möcht' zurück auf die...
„Ich möcht‘ zurück auf die Straße
möcht‘ wieder singen, nicht schön, sondern geil und laut.“ (MMW).
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@perfekt!57: Schonmal auf die Idee gekommen, einen Barcelona-Chair in den 8136 zu stellen, um zu sehen, was Schwiegermutter so verträgt?
Und: Wohin schaut der fahrerseitige Türgriff denn grade?
Ja, die Autoren - das ein...
Ja, die Autoren – das ein weiteres Phänomen, nach dem ich zu suchen vorhabe. Und hoffe, fündig zu werden. Ich vermag in vielerlei Hinsicht die Meinungen und Perspektiven eines Marcel Reich-Ranicki nicht zu teilen, doch in einem Punkt unterstütze ich ihn hundertprozentig, und zwar, bei seiner Offenbarung: „Bücher interessieren mich nicht, ich interessiere mich für Literatur“. Und ich hoffe, die Frankfurter Buchmesse wird in diesem Kontext nicht untergehen.
Die Literatur ist tot. Und das...
Die Literatur ist tot. Und das ist auch gut so.
Gestatten Sie mir eine Frage...
Gestatten Sie mir eine Frage zu Herrn Lobo, liebe Frau Diener.
Muß dieser Gockel erwähnt werden?
„Hach, wie mein Haar heut...
„Hach, wie mein Haar heut wieder pärfäääkt sitzt, meinen Sie nicht auch??? Ich heiße übrigens Rodscher. Und duuuuu???“
Wie bekannt:...
Wie bekannt: https://de.wikipedia.org/wiki/Innere_Emigration
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„Walter von Molo und andere Schriftsteller, die während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland geblieben waren, prägten in der Nachkriegszeit den Begriff der „inneren Emigration“. Nach Kriegsende forderte von Molo alle deutschen Exilschriftsteller auf, nach Deutschland zurückzukommen und sich dem herrschenden Elend wieder zu stellen; er löste damit eine heftige öffentliche Debatte über die Bewertung der Emigrationsliteratur und der ausgewanderten Schriftsteller aus.
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Am 4. August 1945 schrieb Molo in der Hessischen Post einen Offenen Brief an Thomas Mann: „Ihr Volk, das nunmehr seit einem Dritteljahrhundert hungert und leidet, hat im innersten Kern nichts gemein mit den Missetaten und Verbrechen.“[15] Thomas Mann antwortete darauf, dass Bücher, „die von 1933 bis 1945 in Deutschland überhaupt gedruckt werden konnten, weniger als wertlos“ seien.
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Molo löste damit eine heftige Kontroverse unter den „inneren Emigranten“ und den „Exil-Schriftstellern“ aus. Molo behauptete, dass Schriftsteller, die jahrelang nicht in Deutschland gelebt haben, das Recht verwirkt hätten, sich zum Schicksal Deutschlands zu äußern.“
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https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_von_Molo
„Soooo ein großes Ei habe...
„Soooo ein großes Ei habe ich heute Morgen gelegt,“ erklärt der Lobo gerade der Dame.
Wir wärs mit folgender...
Wir wärs mit folgender einfacher Erklärung:
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„Wir befinden uns in Kriegszeiten und da waren, was Deutschland angeht, wirkliche Literatur und wirkliche Literaten (und Literaturverleger) schon immer woanders: im Ausland, im Exil, auf der Flucht.
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Und warum sollte das diesmal andrs sein? (Wenn auch, der relativen Nicht-Wucht der Kriegsereignisse geschuldet, in kleinerem Maßstabe…)
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Man reise in Gedanken schon mal, z. B. nach Estoril: Man muss in keine Großhotels, kann, darf aber: Am Strand vor dem Kasino (genau dort) lässt es sich trefflich radfahren, flanieren, sitzen, schauen, speisen, spielen: da ist das Volk: ist Goethe unsterblich, ist Plundersweilen stehende Ewigkeit, wird das glücklich-unbewußte Sein jeden Sonntag neu, wird, ist selbst Literatur und lebenswahre, lebenswarme Inszenierung.
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Wie bekannt:
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„Die deutsche Exilliteratur entstand 1933–1945 als Literatur der Gegner des Nationalsozialismus. Dabei spielten die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 und der deutsche Überfall auf die Nachbarstaaten 1938/39 eine ausschlaggebende Rolle. Emigrantenzentren entstanden in Paris, Amsterdam, Stockholm, Zürich, Prag, Moskau, New York und Mexiko, wo unter meistens schwierigen Bedingungen Verlage gegründet wurden. Bekannte Verlage für Exilliteratur waren z. B. in Amsterdam der Querido Verlag und Allert de Lange Verlag und in Zürich der Europa Verlag des Buchhändlers Emil Oprecht. Zu den bekanntesten Autorinnen und Autoren im Exil zählten Bertolt Brecht, Hermann Broch, Ernst Bloch, Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger, Bruno Frank, A. M. Frey, Anna Gmeyner, Oskar Maria Graf, Heinrich Eduard Jacob, Hermann Kesten, Annette Kolb, Siegfried Kracauer, Emil Ludwig, Erika Mann, Heinrich Mann, Klaus Mann, Thomas Mann, Robert Neumann, Erich Maria Remarque, Ludwig Renn, Alice Rühle-Gerstel, Otto Rühle, Alice Schwarz-Gardos, Anna Seghers, B. Traven, Franz Werfel, Bodo Uhse, Arnold Zweig, Balder Olden und Rudolf Olden. Germanisten wie John Spalek haben sich diesen Schriftstellern gewidmet.
Die Autoren Ern.st Toller, Walter Hasenclever, Walter Benjamin, Kurt Tucholsky, Stefan Zweig, und Ernst Weiß begingen Selbstmord im Exil.“
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Und es waren viele mehr. https://de.wikipedia.org/wiki/Exilliteratur Die Frage, die etvl. auch nicht gestellt wird, könnte evtl. sein, wer von den Genannten heute Deutschland durch Buchproduktion stärken wollte?
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(„wirkliche“ Literatur? schreibt sich anders, logo. „Literatur“ alleine reicht.)