Ah, der Herr Autor. Ja, also, nehmen Sie Platz. Zigarre? Halt nein, nicht für Sie, Sie essen zu wenig, da sollten Sie nicht auch noch Ihre Lunge schädigen. Also. Der Verleger meinte, wir sollten uns mal über den Titel Ihres Buches unterhalten, jetzt, wo die Buchmesse losgeht. Wissen Sie, junger Mann, Faust ist ja nicht schlecht, na, das hat Punch, das passt wie die Faust aufs Auge des Käufers. Bei Faust fühlt man gleich was in der Magengrube, meine Fresse. Aber man sollte schon sagen, wohin die Faust geht. Weil: Faust allein, das sagt erst mal gar nichts.
OK, ich habe da reingeschaut und, sicher, die Themen, die knallen schon, Kindsmord, Pakt mit dem Teufel, prima, das Gewese mit der Uni müssen Sie noch etwas kürzen, eine Sexszene mehr auf dem Blocksberg wäre auch nicht schlecht, und zwar richtig hart wie diese, äh, na Sie wissen schon diese billige Tante da aus der Analphabten-Glotze mit ihrem Schmuddelkrams, aber das muss dann auch mit auf den Titel. Damit der Leser sofort weiss, was er da kauft. Wer nur den Klappentext hat, hat schon verloren. Der Käufer muss zugreifen! Immer feste druff! Aber bitte nicht einfach so „Hexen, Teufel, Sex, Mord“, das hat heute eh jeder. Wir müssen dem Leser nicht nur sagen, was er liest, wir müssen ihm auch sagen, warum er das lesen muss: Weil ihm nämlich sonst etwas fehlt, weil er sonst dumm bleibt, weil er seine Neugier befriedigen muss. So ein Leser, wenn ich mir Ihre Sprache anschaue, der ist ja schon gehoben, also kein Glotzendepp, sondern ein Inted.. Intilu… ha, Ha, HATSCHIntellektuellaPhuha, ahem, also jemand mit Bildung, und da müssen wir ihm am A… äh also packen. Sonst wird das nix mit dem Bestseller.
Also, ich habe mit den Vertretern telefoniert, und als Vorschlag – Sie können natürlich Ihre Gegenvorschläge bringen, regen Sie sich doch nicht so auf – als Vorschlag kam heraus: „Der Pakt mit dem Teufel: Warum man dem Beelzebub nicht trauen darf.“ Na? Das zieht. Klarer Kauf. Nicht?
Na also bitte, Sie sind ja auch nicht der Kunde, und Sie wissen sicher, warum Sie die Orgien reingeschrieben haben, und nicht nur Theologie. Also, Wir müssen an den Käufer ran. Wir hatten uns auch überlegt: „Warum des Pudels Kern ein wichtiges Asset für ihre Karriereplanung ist“, weil wir damit auch ganz gross an die Bahnhöfe und Flughäfen gehen wollen, aber dafür müsste in Ihren Auerbachs Keller… könnte man da nicht ein Bad in Budapest draus machen? Mit ein paar Frauen? Nein? Ach kommen Sie… na gut, aber dann denken Sie bitte daran, wenn Sie eine Fortsetzung von Faust schreiben: Der Faust sollte schon eine fetzige Karriere machen, bei einem König oder so, gell. Mit Burnout und Rettung. Und dann schreiben wir drunter: „Warum wir den, der sich stetig strebend bemüht, erlösen können“.
Haben Sie das notiert? Mensch Jöthe, warum glauben Sie sag ich Ihnen das?
Also, wir haben immer noch das Problem mit dem Cover. Sie sind doch Schriftsteller. Fällt Ihnen da nichts ein? Kommen Sie: Warum… und dann? Na? Ich verstehe ja, es ist nicht leicht, weil die Handlung verworren ist, ich habe das ehrlich gesagt gar nicht kapiert, was der Faust eigentlich mit der Langweilerin will, aber egal, also. Worauf legen wir den Schwerpunkt? Auf den Teufel und die Gesellschaftskritik? „Warum der Teufel Deutschlands Moral abschafft.“ Oder auf die Sausen? „Warum es nicht immer Malle sein muss. Deutschland rockt mit dem Teufel.“ Oder auf die Frau? „Warum die Teufel der 68er am Untergang der Familie schuld ist“, damit würden wir die Leser der WELT ansprechen. „Warum Männerbünde Fauen ruinieren“, das wäre dann eher was für Feministinnen. Was? Passt nicht zum Buch? Ja was glauben Sie denn, was Sie sind? Ein Klassiker oder was? Dann schlagen Sie halt was vor, junger Mann, seien Sie kein verneinender Geist. Was heist hier „Zu Recht“, Mann? Wollen Sie zu Recht zugrunde gehen?
Moment. Hey – das ist es! Tschakka! „Warum wir zurecht zugrunde gehen.“ Da ist alles dabei, das packt das ganz Buch und die veerquaste Handlung in eine punchige Zeile. Das knallt. Faust: Warum wir zurecht zugrunde gehen. Damit kommen wir auch zu Pilawa und den ganzen Indelackduel ach Sie wissen schon. Das wird ein Renner. Da gehen wir gleich mal mit der Startauflage hoch. Morgen haben Sie dann übrigens noch einen Termin mit den Waschweibern von der Klappentexterei.
HansMeier555@: Kurz...
HansMeier555@: Kurz überlecht…doch, da könnte watt dran sein, hat n´en jewissn Charme ;-) Ohlala! Watt ham´se denn untam Ladentisch (Nabokov, de Sade, Sacher Masoch, Houellebecq et al.)?
Lieber ein anregender...
Lieber ein anregender Pornograph als eine mausetote Literaturbeilage…
Matthias Steingass@: Le secret...
Matthias Steingass@: Le secret d`être ennuyeux c`est de tous dire. (Voltaire)
@ Der Tiger: Und ich dachte,...
@ Der Tiger: Und ich dachte, der Don wäre so früh schon wieder auf den Beinen, nach einer verkürzten Nacht im Messe-Zimmer mit Badewanne als Bettstatt.
Wobei dir Handlung auch recht...
Wobei dir Handlung auch recht dünn ist: Starprof will Näherin aus Sweatshop und kriegt sie allein nicht rum? Kommen Sie, die Rolle von diesem Chef-Hunziker ist doch viel zu künstlich, viel zu aufgeblasen, kürzen Sie am besten raus, Fitnessabo reicht.
@Matthias Steingass –...
@Matthias Steingass – Schülerzeitungen sind keine schulische Pflichtlektüre. Niemand verlangt von Ihnen, dass sie unsere Kommentare lesen. Wir schreiben das sowieso nur alles zu unserem eigenen Vergnügen.
Das ist...
Das ist Schülerzeitungsniveau. Irgendwie witzig, aber nach zwei, drei Absätzen ist die Luft raus.
Sehr geehrter Don! Wenn Sie...
Sehr geehrter Don! Wenn Sie sich bis in die frühen Morgenstunden auf den Empfängen der Buchmesse herumtreiben, sollten Sie sich einen Vertreter für den Blog suchen. Wir wollen schließlich etwas zum Lesen haben. Madame wollte zum Thema “Griechen lesen Griechen” schreiben; nein, nicht über “Grieche sucht Griechin”, meine Lieblingsgeschichte, denn die kennt heute sowieso keiner mehr.
@Ladyjane
Ja, da haben Sie...
@Ladyjane
Ja, da haben Sie allerdings recht. Marek war in der Propagandakompanie und einige andere auch, von denen ich das nicht erwartet hätte, wie ich gerade festgestellt habe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Propagandakompanie
Und das stelle ich mir als...
Und das stelle ich mir als Strategie vor: Das Auto abschaffen, zu Fuß über die Dörfer und dort morgens in die Kneipen und nachmittags in die Kleinstadtbuchandlungen und dort mit den Müttern darüber quatschen, was sie ihren Kindern so vorlesen, und die junge Buchhändlerin nach der Telefonnummer fragen… Ein alphabetisiertes Landstreichertum, „ins Volk gehen“ wie damals die Narodowolzen, und sondieren wo die Substanz ist.
Den allgemeinen Trend zur Analphabetisierung darf man dabei ruhig als Chance begreifen: Ist doch gerade der unverbildete Analphabet und dessen Literaturrezeption für jeden Feldforscher das gefundenste Fressen überhaupt.