Überdruck

Überdruck

Die Liebe zum Gedruckten lässt Menschen auf der Frankfurter Buchmesse wahre Torturen ertragen: Lesungen in schlecht belüfteten Räumen, Herumrennen

Sensation! Deutschland hat einen grossen Dichter oder auch nicht, oder?

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So ein grosser Dichter kommt nicht aus dem Nichts, der muss schon irgendwie gemacht werden. Ohne die richtigen Schlagworte: Kein Kauf der Zielgruppe. Wer kein Genie ist, muss heute gar nicht mehr anfangen. Höchstleistungen sind beim Klappentexten gedordert, wenn der Autor gebührend gelobt werden soll.

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Haaalloo Biene, also, ich habe jetzt essence multi dimension in Lila ausprobiert, und es passt wirklich perfekt zu den Schuhen, und trocknet auch ganz schnell – das trage ich nachher vor der Party schnell auf. Ja Schatz ich weiss dass es spät ist, aber ich hatte auch noch den Goten hier… diesen jungen Spinner da. Ach so Göte. Den hat mir der alte Sexist vom Vorstand geschickt hab ich Dir eigentlich schon erzählt was der letzte Woche… erzähl ich Dir nachher aber nicht auf der Buchmesse weitersagen ok? Ja also der Göte war da wegen dem seinen Buch seinem Klappentext, und ich weiss noch immer nicht, was ich jetzt schreiben soll. „Faust“ heisst das. Untertitel „Warum wir zu Recht zugrunde gehen“. Handlung ist gebongt, aber der ist so eine Zicke ich sag’s Dir, dass ich mir gesagt habe Anschie hab ich mir gesagt, die abschliessende Autorenlobhudelei machst Du, wenn der wieder draussen ist. Weil der Customer muss ja wissen nicht nur was sondern wen er da kauft.

Also, ich hätte da „Deutschland hat endlich wieder einen grossen Dichter.“ Aber das klingt so nach Spiegel Online mit dem Deutschland und der Göte will mehr so die Germanistenzielgruppe targeten. Da muss man mehr so intellektuell daherkommen, deshalb geht auch „Das längst überfällige Spitzenwerk zum Teufelsbund vom aufstrebenden Literaturstar der Nation“ eher nicht oder Biene? Also und da hab ich mir gedacht weil Du doch die Debühtantinnen aus Leipzig und Sachsen und so hast dass Du mir vielleicht so ein paar Worte sagen kannst die ihr da so nehmt für die Audiänze. Aber nicht fulminant, das hatte ich schon bei dem Heini. Na Heini, dem Dichter. Heini, Heine, ist doch egal, also fulminant geht nicht mehr, da wird sonst der Göte wieder nöckelig weil den Heine den mag er nicht.

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Meisterhaft, also das finde ich ein wenig banal und ausgelutscht, das steht ja heute in jeder bezahlten Rezension. Da ruf ich den R. bei der **** an, der macht das für ein Abendessen, das setze ich dann drunter. Klar könnte ich auch den P vom *******. fragen, aber das kostet mehr, und dem Customer ist es doch wurscht wo das Tästimonjäl herkommt, egal ob das 50 Euro oder eine Anzeige kostet. Hauptsache pruhfd Kwolitie. Also, was sonst?

Innerlich? Ne, innerlich ist er nicht. Der wird nochmal ein ganz schlimmer Finger, wenn der mal älter wird. Gefühlvoll beschreibt Göte… nö, da geht es schon recht hart zur Sache. Eindringlich? Nö, das geht gar nicht, da ist was Explizites drin mit Komasaufen und schwarzer Messe und so, sehr trendy, aber das Eindringen könnte missverständlich werden. Gekonnt zeigt Göte… Nein, können tut ja ein jeder weil sonst wäre es ja keine Kunst und er soll gleich mit 15000 in den Handel. Also Kunst muss es schon sein. Kunstvoll verführt Göte den Leser…, ja das ist schon besser weil da drin reimt sich auch was. Steht zumindest im Expoasie. Was? Nicht englich, französisch? Äxposäh, ok, woher soll ich das wissen, das kommt im Masterstudiengang nicht vor. Also, wobei, das muss schon deutlicher sein mit dem Dichten und so, da nehm ich besser „Lyrisch und kunstvoll verführt Göte die Audiänze äh die Leser in… zu… wohin… ach menno. Gar nicht so leicht den Göte beim Customer zu bränden, was, biographisch?

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Ne, bei einem Literaturinstitut war der nie. Das ist so ein Audotitaktischer aus dem Kämmerlein. Ne, auch kein Poetry Slam und auch nicht M-TV, nur gehobene Beamtenlaufbahn, das zieht irgendwie so gar nicht. Ne, auch kein Skandal oder zumindest nichts, was man öffentlich weiss. Keine schwere Kindheit, kein Jugendknast, auch keine Ostbio mit Stasivater und missbraucht wurde er auch nicht. Ganz unscheinbarer Typ, ich glaub, die Sachen mit dem Komasaufen und dem Freiluftsex hat der irgendwo gehegemannt, überhaupt, dieses Buch, ich mein, sowas mit dem Faust hab ich schon mal gelesen in einem Axposäh. Aber sonst weiss man über ihn nix. Frankfurter Spiessbürgertum. Pedant. Wie umschreibst Du so jemanden?

„Detailliert und kenntnisreich“, ja, das könnte schon eher hinhauen. Detailliert und kenntnisreich zeigt Göte am Schicksal, Schicksal ist immer gut, da denkt man gleich an Trendthemen wie DDR-Grenze, Weltkrieg, Bulimie, wie geht es übrigens Kathi, ist sie wieder da? Nein? Tja also: Detailliert und kenntnisreich zeigt Göte am Schicksal seines Helden die Verwerfungen unserer Epoche auf. Oder unseres Zeitalters? Oder wäre Generation nicht besser? Generation trendet doch auch. Wobei, doch, Epoche passt besser zur Zielgruppe. Der Verleger meint übrigens, dass die Journalistenabspeisung bei der Lesung nicht mehr als 1,79 Euro kosten darf. Kennst Du vielleicht noch einen Brötchenschmierer bei der Messe? Oder einen Dönermann, der Mengenrabatt gibt?

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42 Lesermeinungen

  1. Du lieber Himmel, wird hier...
    Du lieber Himmel, wird hier gesprachsext, da kommt endlich zusammen, was zusammengehört, in RO fragte mich Eine mal, ob ma’s soachzeig zammstecka woin, des hod mi umkaut, wei i zwengs’m biesln scho imma no aufs klo geh woit, aba de hod oafach schneei zammstecka woin, wos a weib hob i denkt, waansinn, wos ois so vor di berg haust, aber ich habe mich nicht zweimal bitte lassen. Das waren Zeiten, so kurz vor GoesterReich. Aber genug davon.

  2. Soviel zum Thema "das Boxer...
    Soviel zum Thema „das Boxer Luder“!
    Es folgt Tierporno mit Stefan Raab!
    https://www.myspass.de/myspass/shows/tvshows/tv-total/Speed-Dating-im-Stall–/6191/

  3. Spectator sagt:

    Der Literaturpapst hat auch...
    Der Literaturpapst hat auch noch´nen Wörtchen mitzureden. Man solle die Kirche im Dorf lassen und nicht nach Berlin auslagern. Meinte er. Nun ist das Unglück geschehen. Der bunte Reigen und sein süß-schwarzes Geheimnis. Die Steppe ruft.
    ..
    Filou@: Als Chevalier de Calvados wär ich doch an Ihrer Stelle litterat etwas galanter mit der Dame umgegangen, auch in solch ruppigen Zeiten.
    ..
    Werther Herr, Ihr und Euer Leiden. Schaue Er doch mal in der Abt. Lebensberatung nach. Sonst bitte?

  4. Der Tiger sagt:

    Madame, siehste, das hättest...
    Madame, siehste, das hättest Du werden sollen, Professor für literarische Ästhetik am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Dann wärst Du jetzt ein Star auf der Buchmesse. Was sagst Du da? Meinetwegen wäre das nicht gegangen? Warum? Goete war doch auch Farbenlehrer neben seinem Job als Minister und Poet. So klug wie der Josef warst Du allemal. Welcher Josef? Madame, kannst du dich denn an nichts mehr erinnern? Der war doch im selben Privatissimum wie du……. damals in Wien…….. Ach deeerr

  5. Meiner Erinnerung nach betrug...
    Meiner Erinnerung nach betrug die Erstauflage von Faust 1 genau 8oo (in Worten
    achthundert)Exemplare.Kommentar überflüssig.

  6. Andi sagt:

    Leichte Abzüge in der B-Note,...
    Leichte Abzüge in der B-Note, denn das mit dem MASTERstudiengang ist zwar inhaltlich korrekt, in diesem Kontext aber nun wirklich unrealistisch.
    (Leute, die Zeit für einen Master hatten, will doch kein Mensch bezahlen! Erst recht nicht für Texte, die eh keiner liest. Und die Anjatanja mit dem Bätschela ist auch nicht so prüde wie diese Ulrike mit ihrem Magistra(!)abschluss, die sich neulich spaßeshalber beworben hat.)

  7. Filou sagt:

    Ich will ja nix sagen, denn...
    Ich will ja nix sagen, denn illiterater als ich kann ja keiner mehr sein. Aber wenn Sie, lieber Don, so weitermachen, kommen Sie sicher auf die Idee, die Idee von der „Edition SurAld“ von anno 19hundertwasweissich wieder in’s Leben zu rufen.
    Damals, so liess ich mir berichten, war es ein echter Knaller und der Suhrkampchef, also der Mann von der Berkébitch hatte hoechste Erklaerungsnot.
    Aldi blieb gelassen. Und Goethe auch. Der war ja schon tot.

  8. A propos Brötchen: 0,25 ct...
    A propos Brötchen: 0,25 ct ist unrealistisch, denn die BÄCKEREI macht von 09:00-15:00 Uhr auf und zwar WERKTAGS! Die andere hat Brötchen ab 0,40 ct aufwärts im Angebot. Mals sehen wann die dichtmachen und die Supermärkte dank Monopol auf 0,50/ct je Stück nachziehen.

  9. Vroni sagt:

    Und es klapperte die...
    Und es klapperte die Klappertexteschlang, bis dass ihr Klappern schlapper klang.

  10. muscat sagt:

    Ich glaube, die betreffende...
    Ich glaube, die betreffende Person mit dem Billig-Nagellack saß gestern im Lokal am Nachbartisch, auf Einladung ihres Zuhä- …öhm.. Verlagshauses. Die hatte mindestens noch 10 Doppelgängerinnen dabei.

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