Ah, guten Tag, ich kenn Sie doch… Moment… Sie sind doch… Sie sind Schriftsteller, oder? Sie sind der – ach so, jetzt, der Goethe, richtig. Sie haben doch dieses Sachbuch über Teufelspakte und Kindsmördereien geschriegen. Krasser Stoff. Schätze mal, die Roche wird das dann ihrem übernächsten Buch auch machen, wenn sie mit Bulimie und Orangenhaut durch ist. Oder es wird schon nächste Saison gehegemannt… nur ein Witz, pardon, regen Sie sich nicht auf. Ich darf mich vorstellen: Karl Ludwig Beelz von Beelz & Bub, Literaturagent in Berlin a. d. Spree. Sie sind das erste Mal am FAZ-Empfang? Ich führe Sie gerne rum, ich kenne die Lovenberg und den Schirrmacher und mache gute Geschäfte mit den miesepetrigen FAZ-Hausbloggern.
Oh ja, ich kann nicht klagen. Das war eine gute Messe, ich habe Dutzende von One-Way-Debutantinnen verkauft. Und bei Ihnen? So, es war also schlimm, was man so hört, ich kenne ja auch Ihren Verleger, die PR war also gemein zu Ihnen, Sie mussten in eine Talkshow und ausserdem will man in Ihrem E-Book Werbung einbinden, und Sie sollen das umschreiben – ja, das ist hart. Und wie ich Ihren Verlag kenne, hat er sie auch nicht für Klagenfurt – He, hallo, Burkard, ich komm gleich! – da drüben ist der Spinnen, also, für den Bachmannpreis wurden Sie auch nicht vorgeschlagen vom Verlag. Sie waren auch nicht beim Open Mic, oder? Das ist schlecht. Wirklich schlecht. Tja. Darf ich fragen, wo Sie eigentlich Ihre Bücher schreiben?
Moment – Sie kommen aus Frankfurt und ziehen nicht nach Berlin Mitte, sondern richtig nach Ossistan, nach Weimar zu den Neonazis und Stasi-Altlasten? Da wundern mich ihre düsteren Themen aber überhaupt nicht mehr. Warum machen Sie es nicht wie alle erfolgreichen Leute und Verlage – zum Beispiel Suhrkamp oder Eichborn oder Blumenbar – und ziehen nach Berlin? Jetzt im Ernst. Wer in Klagefurt auftreten will, kann zwar überall herkommen, und er kann über alles schreiben, solange es nur traurig und innerlich ist, aber die Einladung zum Bachmann geht nur über Berlin. In Berlin sind doch alle! Schauen Sie sich um, fast alle hier sind eigentlich Berliner, wir treffen uns hier nur, weil das so eine Art Berliner Walpurgisnacht ist, und einmal im Jahr unsere Autoren auch mal Gelegenheit haben wollen, ihre Wäsche bei Mutti abzuladen. Die ganze Buchmesse ist nichts anderes als eine Berliner Exklave, da zeigen wir der gebraindrainten Restrepublik mal, wie das geht: Literatur. Kultur. Geistesgrösse. Bedienung? Zefix Bedienung! Weg da Du Laus, das ist jetzt mein Prosecco, und Saftschubse, bring mal ne Flasche für den Goethe. Also wo war ich. Genau. Geistesgrösse. Also, wir alle sind in Berlin. Das müssen Sie auch erleben.
Zum Beispiel kann man jeden Abend irgendwo vorlesen. Das schult Sie dann für den nächsten Talkshowauftritt, denn das Berliner Publikum ist anspruchsvoll und gibt sofort Feedback, wenn etwas nicht gefällt. Sie sind ganz nah dran an der anspruchsvollen Zielgruppe. Ausserdem, keine alte Sau interessiert sich in den Literaturhäusern dieses Landes für einen aufstrebenden Autor aus Rostock… ne, Weimar, also, da brauchen Sie gar nicht anfangen. Erst in Berlin kann so eine Ossibiographie glänzen und zu Gold werden, dito zweiter Weltkrieg, dito vergewaltigende Grossväter, dito Essbrechsucht – das wirkt in Hückelhoven überhaupt nicht, aber in Berlin… in Berlin… da ist das: Kunst. Berlin adelt den Schriftsteller. Wir sehen das immer wieder: Berlin gehört zum modernen Schriftsteller-Branding einfach dazu. Jetzt schaun Sie nicht so, Berlin bringt sie nach vorne, ohne dass Sie einen Strich dafür tun müssen. Hallo, nein ich habe jetzt keine Zeit, ruf mich mal nächste Woche an. Das? Das war nur eine junge Hoffnung, deren Erstauflage leider aber was wollte ich noch ach so: Berlin.
Ja, Sie werden sich natürlich auch ein wenig in die dortigen kulturellen Horizonte einfinden müssen. SAFTSCHUBSE! WO IST DIE VERDAMMTE FLASCHE! Ah, hier. Danke. So. Die Flasche halten Sie jetzt einfach den ganzen Abend in der Hand, trinken ab und zu daraus, so dass es wirklich jeder sieht, und stellen sich vor, wie man das unter zivilisierten Künstlern tut: Tach Jöhte! Da sieht man gleich: Hier kommt ein Original, ein Rebell, der das harte Leben in Neukölln kennt, kein Wort zuviel verliert und jede Saison exakt die 170 Seiten zu schreiben versteht, mit denen der Verlag 20 Euro verlangen kann. Eine Persönlichkeit mit Blick für das Wesentliche. Warten Sie, ich bringe Sie nachher gleich mal zur Kirsten, die kann nach dem dritten Kritikererfolg mal wieder eine gute Geschichte brauchen. An die machen Sie sich ran und wenn es dann einem von den Journalisten auffällt, nehmen Sie sie in der Arm, heben die Flasche in die Kamera und verkünden Sie, dass Sie jetzt auch die Berkewicz machen und dorthin gehen, wo alle sind. Ach ja, die Berkewicz – das ist eine Frau ganz nach meinem Geschmack. Da bringe ich Sie gerne unter. Am Berliner Wesen wird die Literaturwelt genesen. Und Ihr Konto, mein Bester, natürlich auch. Hier meine Karte. Rufen Sie mich gleich morgen an. Ich übernehme alles weitere gern für Sie, und eh Sie sich versehen, sind Sie auch im Olymp der Autoren angelangt – und der Döner kostet da auch nur 1,49.
Und wenn wir uns nächstes Jahr alle hier wieder treffen, sind wir gemachte Leute.
Zu Jöhte passt...
Zu Jöhte passt Schäjkspier:
Misery acquaints a man with strange bedfellows.
Zitat:
Zefix Bedienung!
Do...
Zitat:
Zefix Bedienung!
Do hots oan von da Wiesn in Minga aufi gschwoabt.
@Filou
Sie meinen sicher den...
@Filou
Sie meinen sicher den Bericht von Eckermann in seinen „Gespräche mit Goethe“. Eckermann hatte sich in einem Gespräch über Zelter lustig gemacht und Goethe war für Zelter in die Bresche gesprungen:„Ich kenne kaum jemand, der sogleich so zart wäre wie Zelter: Dabei muss man nicht vergessen, dass er über ein halbes Jahrhundert in Berlin zugebracht hat. Es lebt dort, wie ich an allem merke, ein verwegener Menschenschlag beisammen, dass man mit der Delikatesse nicht weit reicht, sondern Haare auf den Zähnen haben und mitunter etwas grob sein muss, um sich über Wasser zu halten.“
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Goethe hat übrigens nur ganze fünf Tage seines Lebens in Berlin verbracht.
Freut mich, dass die...
Freut mich, dass die Buchmessefritzen wieder in Berlin sind. Statt Berlin fahr ich nach Frankfurt, gleich nach dem Frühstück. Da werde ich in aller Ruhe die Aussicht auf die Banken genießen und Madame in die Freßgasse einladen.
E.R.Langen@Volle Zustimmung!...
E.R.Langen@Volle Zustimmung! So ist es bei mir auch angekommen – als bitterböse
Satire.
Nach der Lektüre habe ich zum ersten mal verstanden, warum die damals Jungen bis
heute den Namen Adenauer nicht über die Lippen bringen.
(Eben mal den Lully...
(Eben mal den Lully abschalten)
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So, mein Bester, das haben Sie gut gesehen und gut gehoert, obwohl ich so manches Mal bei Ihnen weghoere. Aber das ist gut beschrieben.
Es ist doch wirklich schei*****egal, ob Haeusermakler, Literaturagent, Politiker=Sozialarbeiter oder Lehrer: Keine Ahnung, aber dicke Hose..
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Ich krieg das Zitat nicht mehr so recht auf die Reihe, aber Joethe schrieb an einen Freund, dass man sich fuer Berlin ein ziemlich dickes Fell mit schweinischem Geruch anschaffen muesste. Un det war vor die Mauer, jlobe ick.
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(Lully wieder an: Ballet de Xerxès, ab 1:32 besonders lustig.)
Don, den Spinnen nehme ich...
Don, den Spinnen nehme ich aus. Der hat mit dem „Schwarzen Grat“ die mit Abstand beste und böseste Satire auf den „deutschen Mittelstand“ geschrieben. Was das Buch zudem besonders macht: der Autor hält es für dokumentarisch – und versteht seine vernichtend spöttische Leistung selbst gar nicht.
Dranbleiben, Dschunge...
Dranbleiben, Dschunge dranbleiben. Immer dranbleiben, das ist der Bringer. Keine Versagensängste aufkommen lassen. Think positiv. Ein Durchhänger ist nich drin. Die jungen wilden Weiber, die sind in. Erlebnisinnenwelten, rein subjektiv permanent um das eigene ICH kreiselnd. Jumper. So´n Trauerkloß wie der leidende Werther is nich.
Ossarium is später. Hart dranbleiben an der Grenze zur Geschmacksverirrung, echt geil rüberkommen lassen. Der Mephi, det is´ne Nummer.
Döner 1,49 - wie geht...
Döner 1,49 – wie geht das?
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a.) oh Himmel die Deflation ist da!
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b.) der Döner Bräter sichert seinen Gewinn durch die Verwendung von Soylent Green
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c.) das ist der Bundesabgeordnetenunterstützungstarif.
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d.) Wir befinden uns bereits im Jahr 2022 und a bis c treffen zu.
Dufte!...
Dufte!