Natürlich muss der Titel ansprechen, der Waschzettel sollte gut geschrieben sein, das Thema nicht wie junge ostdeutsche Literatur in Klagenfurt mit Ekzem und Magersucht nerven, und am Umschlag sollte man erkennen, dass es dem Verlag neben dem schnöden Mammon auch ein wenig um das Kulturgut Buch und seine liebevolle Gestaltung geht. So ein Buch führe ich mit, ich habe es gekauft und hätte auch mehr gezahlt, hätte der Verlag darauf verzichtet, den Titel in Pink aufzudrucken. Das, möchte ich dem Verlag zurufen, hat das wirklich hübsche, gelungene Buch doch gar nicht nötig!
Das jedoch sehen Verlage anders; Pink ist nach Jahren der Verdammung plötzlich wieder ein Zeichen des Besonderen, und ich sehe es nicht nur auf dem Buchrücken, sondern auch in der Landhausmode als Ausdruck des Ausgefallenen, und sogar Vorhänge kann man heute wieder in dieser – in grösseren Dosen eigentlich unerträglichen – Augenbeleidigung beziehen. Es passt recht gut in diese apolitische, sorgenfreie und saturierte Epoche, da muss man eben auffallen und ehe man sich als Käufer versieht, ist da ein farblicher Missgriff im Bücherregal. Indiskrete Besucher – und ich weiss das, ich denke ja auch nicht anders – wähnen sofort irgendetwas Softpornöses oder gar schlechte Autobiographien mittzwanzigjährigen Piratenvorständlerinnen, oder das neueste Buch einer Internetabschreiberin, die einmal quer durch das Feuilleton als neue Stimme der Jugend und ihrer Drogenneigung gelten darf, weil ihr Vater das so bestimmt hat.
Das, was mir vorliegt, ist keine Erstausgabe von Voltaire und auch kein Inselbändchen, das ist Mode und muss wohl heute so sein, um beim Erstkontakt mit dem Käufer gleich richtig aufzufallen. Hat man ihn dann erst mit besseren Methoden oder gar der Qualität des Textes oder einer unterhaltsamen Geschichte shanghait, bleibt das brüllendlautfarbene Buch dennoch wie ein Makel im Schrank zurück. Und alle Frauen, die vorübergingen, liebkosten nicht gerade den pinken Schein, denn es wirkt einfach so, als wäre der Käufer mit derartig billigen Tricks herumzukriegen. Dabei stimmt das gar nicht, noch billigere Tricks mögen sehr wohl zu funktionieren, da habe ich das Rückgrat von verkochten Tortellini – aber – nicht – Pink. Pink nehme ich zwangsweise in Kauf.
Das Buch, das hier so Pink aus meinem ansonsten suhrkampreinen Bücherschrank strahlen wird, hat zudem leider neben dem Schutzumschlag auch noch einen etwas missglücktem, ja sogar billig wirkenden Einband. Es könnte auch Tom Clancy sein, so dickweiss der Titel da in unbeholfenen Lettern auf dem Umschlag prangt. Es ist also keine Alternative, den Schutzumschlag – der ausserdem ein wirklich gutes Autorenphoto aufweist – zu entfernen. Wie man das Buch dreht und wendet, es bereitet dank dieser Farbmode nicht geringe Bauchschmerzen, und auch, wenn ich E-Books verabscheue, so muss ich doch sagen, dass ein E-Book-Leser zumindest das Problem der missratenen Schutzumschläge nicht hat (dafür kann es sein, dass er gar keine Bücher mehr hat, wenn es Amazon gefällt, die AGB zu Ungunsten der Nurzugangzubuchdatenbesitzer zu ändern).
Aber. Auf der Anreise zur Buchmesse musste ich in Würzburg umsteigen, und am dortigen Bahnhof hat es der Werbeindustrie gefallen, die fast grenzenlose und bis Frankfurt reichende Trostlosigkeit mit einem Plakat für Zigaretten und einem anderen für ein lila Buch eines deutschen TV-Humoristen zu komplettieren. Andere würden hier vielleicht zum Alkoholiker werden, aber da ist mir eingefallen, dass diese Plakate für Glimmstengel jetzt bald ein Ende finden, wird man doch auf den Verpackungen reichlich unschöne Dinge sehen, die die Folgen dieser Sucht sind. Könnte man so etwas nicht auch für geschmacklose Umschläge als darübergelegte Schutzschutzumschläge machen? Eine Sucht sind Bücher ja auch, und man könnte darauf üppige Torten (hier dann auch gerne Pink für den Zuckerüberzug) und schlank scheinendes Teegebäck abdrucken, Parkbänke am See, Silberkannen und bequeme Sessel, und darunter schreiben: Leser kann tödlich für Ihre Unbildung sein! Lesen gefährdet Ihren TV-Konsum! Leser können oft Nachts nicht schlafen, weil das Buch so hinreissend ist! Buchabhängige bekommen nur kluge Frauen ab! Bücherumräumen schadet Ihrer Lethargie!
Ich denke, das sind Warnhinweise, die unserer Sucht mehr als angemessen sind und gerecht werden, man sollte sie sich von der um unser Wohlergehen besorgten EU finanzieren lassen, und wer den Schutzumschlag nicht leiden kann, der lässt sie einfach drauf. Zur Schönheit des Schranks der Seele und zum eigenen Wohlbefinden. Und für neugierige Frauenblicke, denen nichts entgeht.
Wääähh!
Ich weiß ja, Don Alphonso, daß Sie nichts dafür können und auch nicht der rechte Adressat sind. Sie haben ja oft und oft gemahnt und gewarnt. Mir ist es ja auch peinlich, mit dem 500-Euro-Abo-Fähnchen zu wedeln. Aber es geht einfach nicht mehr so weiter. Diese Blog-Strukur ist einfach eine Katastrophe, nichtsnutzig und den Leser verhöhnend. Verschluckte Kommentare, unübersichtliche Darstellung, ein Graus. Ich schreib das nur, damit Sie es gegen die Urheber verwenden können. Dieses Blog kann man nicht mehr als professionell bezeichnen. Shame on you. (Mein richtiger Name ist der Redaktion bekannt, Abo-Nr. 1978425)
Nun, ich gehe davon aus, dass sich bald etwas ändern wird und wenn nicht, dann ziehe ich halt Konsequenzen. Es ist nur während der Buchmesse so, dass ich nicht zweiglaisig mit den Blogs fahren kann.
Höchste Zeit
Danke. Und ich bitte um Entschuldigung, daß ich Sie mit so etwas belästigen mußte.
Keine Ursache, das passt schon. Es sind noch Kommentare bei den Beiträgen offline, für die ich nicht verantwortlich zeichne, aber da würde ich nur ungern tätig werden.
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Ist okay. Das ist schon besprochen. Wir lassen das jetzt so. Hat je eh keinen Zweck. Es kann doch nicht Sinn der Übung sein, daß Autoren die Arbeit der Technik machen müssen. Das Übel ist ja fundamental und nicht temporär.
Jeeves2@gmx.de
Der vorletzte Absatz erinnerte mich an ein kleines Buch, das seit 1996 in meinem Regal steht: „Lesen gefährdet Ihre Dummheit“ (F.W. Bernstein), …komplett knallrot und ohne Schutzumschlag.
Es ist nicht gerade eine kreative Höchstleistung gewesen, gebe ich zu.
Ich auch!
Wie heisst denn nun das pinke Buch? Will ich haben!
Vea Kaiser, Blasmusikpop, erschienen bei KIWI. Hübsch gesataltet, nur der Titel…
Ach so...
…das. Ich fand sehr gewollt. Orginell dich oder ich fess dich oder so. Und kitschig wie der Hirsch oder der Pilz oder der rosa-pink-grasgrünen Kleidung mit Pünktchen der Verfasserin.
Ich bin halt ein schlichtes Gemüth und mir gefallen solche Sachen. Nicht immer, aber dieses ist halt sehr alpenländisch. Vielleicht muss man dazu aus so einer Gegend kommen. Das Bild der Autorin kenne ich gar nicht.
Dieser ätzende Atze steht ja als pinke Pappfigur auch noch in der hiesigen Bahnhofsbuchhandlung rum. Dann doch lieber silberne Teekannen und güldene Obstschalen auf schützenden Umschlägen ;-)
Das Buch ist halt auch nur noch ein Teil der Vermarktungsstrategie niedriger Instinkte, leider.
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Lieber Don,
ich bedauere Sie sehr, und ich denke an die Zeit zurück, als wir auf der Buchmesse in Frankfurt ADENAUERS MEMOIREN präsentiert haben und der alte Herr zum ersten Male auf der Buchmesse war. Das war ein Theater…
Ich freue mich sehr über Ihre Messeberichte – und natürlich über Ihre STÜTZEN-Beiträge.
Herzliche Grüße vom Ortasee.
Vieles hat sich ja auch gebesset seitdem, aber inzwischen bin ich einfach so weit, dass ich froh bin, wenn es vorbei ist, und ich wieder „stützen“ kann. Danke!