
Jaron Lanier hat in dieser Zeitung eine bedenkenswerte Forderung aufgestellt. Genau genommen zieht er die Konsequenzen aus einer Überlegung, die seit langem durch das Internet geistert: „Wenn du nicht ihr Kunde bist, dann bist du ihr Produkt!“ Es ist der Leitspruch der digitalen Ökonomie, in der mit Daten statt Geld gezahlt wird und sich Milliarden von Menschen — die als Kunden das Internet mit Daten füttern — fragen sollten, wo ihr fairer Anteil bleibt.
Das Zahlenwerk für solch eine Diskussion legte Facebook dieser Tage vor: Im ersten Quartal erwirtschaftete das Netzwerk mit 1,3 Milliarden Nutzern einen Gewinn von 642 Millionen Dollar. Auf das Gesamtjahr bezogen, heißt das, jeder Nutzer trägt mit zwei Dollar zum Facebook-Gewinn bei. Daraus ließen sich zwei praktische Konsequenzen ziehen.
Erstens wäre es möglich, dass Facebook den Nutzer als Inhaltelieferanten an den Erlösen beteiligt. Als gängiges Modell für Kollaborationen von IT-Giganten mit Verlagen, Softwareentwicklern und Künstlern hat sich eine Teilung des Erlöses im Verhältnis von sieben zu drei etabliert. Demnach stünden jedem Facebook-Nutzer 1,40 Dollar pro Jahr zu, sofern er akzeptiert, dass der Gesamtgewinn gleichmäßig auf alle verteilt wird.
Zweitens wäre möglich, dass Nutzer umgekehrt ihren Gewinnanteil von zwei Dollar direkt an Facebook zahlen, dafür allerdings fordern, dass sie in die Überwachungs-, Analyse- und Vermarktungsprogramme nicht mehr automatisch einbezogen werden. Für Facebook wäre es bei anderer Rechnungsadresse dieselbe Gewinnrechnung, oder? Nein.

Facebook offenbarte die Geschäftszahlen nicht den Nutzern, sondern seinen Investoren. Denen wiederum ist herzlich egal, wie die konkrete Gewinn-pro-Nutzer-Rechnung aussieht. Sie interessieren sich für die Marktmacht und die Zukunftsfähigkeit von Facebook und kalkulieren auf Basis dieser Unsicherheitsfaktoren ganz anders: Wenn der Aktienwert 63 Dollar beträgt und es 2,54 Milliarden Aktien gibt, beträgt der Börsenwert des Unternehmens 160 Milliarden Dollar, der Wert eines Nutzers folglich 125 Dollar. Diesen Wert soll Facebook rechtfertigen, indem es zeigt, dass er in den Daten steckt.