
Seit den Snowden-Enthüllungen versucht die Öffentlichkeit herauszufinden, welche Abhörprogramme die NSA vor ihr geheim hält. Jahrzehnte zuvor war der Geheimdienst selbst so unbekannt, dass nicht einmal das amerikanische Justizministerium etwas mit ihm anzufangen wusste. Als James Bamford, ehemaliger Mitarbeiter der NSA, Anfang der achtziger Jahre entschied ein Buch über die verborgene Organisation zu schreiben, fiel ihm ein Dokument in die Hände, das alle illegalen Aktivitäten der NSA festhielt. Es war vom Justizministerium in Auftrag gegeben worden, und gelangte zum Schluss: die NSA müsse eine kriminelle Organisation sein.
Bramford brachte das in seinem Vortrag am zweiten Tag des 31. Chaos Communication Congress auf folgende Formel: Früher habe die Abkürzung NSA „never say anything“ bedeutet, erst seit Snowden „not secret anymore“. Wie sich das auf ihre Arbeit auswirkte, machte Bramford mit humorvollen Folien deutlich, die den Ernst seiner Ausführungen aber nur mühsam übertünchen konnten. Denn unter dem Deckmantel ihrer geheimen Identität konnten amerikanische Geheimdienste fast hundert Jahre lang die eigenen Bürger überwachen.
Ein ganz normaler Besuch
Die Maßnahmen begannen 1920, lange vor dem Internetzeitalter, und lange bevor amerikanische Haushalte flächendeckend mit Telefonen ausgestattet waren. Natürlich gab es zu dieser Zeit noch keine NSA, und kein raumschiffartiges Hauptquartier in Maryland. Allerdings existierte eine Organisation mit dem klandestin angehauchten Namen „Black Chamber“, die in einem Haus in Manhattan untergebracht war. Ihr Leiter, Herbert Yardley, suchte eine Lösung für das Problem, nach der Kriegszensur im Ersten Weltkrieg keine Telegramme mehr abfangen zu können. Also nahm er Kontakt zu den großen Kommunikationsanbietern auf und bat sie, ihm zu helfen.
Man muss sich das ganz banal vorstellen: Yardley betrat zusammen mit Mitarbeitern das Bürohaus der „Western Union“ und, Zitat Yardley: „es war einfacher, als ich mir vorgestellt hatte. Nachdem unsere Mitarbeiter alle ihre Karten auf den Tisch gelegt hatten, war Präsident Carlton gerne bereit, uns zu helfen.“ Erst 1929 beendete Außenminister Henry Stimson die Überwachungsmaßnahmen und löste das „Black Chamber“ auf. Die amerikanischen Bürger blieben aber nur kurzzeitig vom Zugriff der Geheimdienste verschont. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging das Spiel, das sich in Bamfords Vortrag ausnahm wie ein absurdes Theaterstück, von vorne los: Preston Corderman, seinerzeit Chef des amerikanischen Militärgeheimdienstes, klopfte abermals an die Pforten der großen Telekommunikationsunternehmen. Nachdem ITT sich weigerte, die geforderten Telegramme zu liefern, ging auch er zur Western Union. Dort erklärte man sich unter Protest bereit, sollte der Generalstaatsanwalt die Maßnahmen nachträglich billigen. Mit dieser Info ging Corderman zurück zu ITT, die dann ebenfalls mitmachten.
Hinter der Fassade eines Fernsehunternehmens
Wie sah die Überwachung aus? Die Mitarbeiter des Geheimdienstes versteckten sich hinter der Fassade eines Fernsehunternehmens in New York: Jeden Tag nach Mitternacht holten sie an den Hintertüren der Unternehmen die Telegramme ab, machten Kopien und gaben sie vor der nächsten Frühschicht zurück. Die Zusammenarbeit der NSA mit dem amerikanischen Telefonanbieter Verizon, eine der ersten Enthüllungen Snowdens, hat demnach eine gewisse Tradition.

Es war interessant zu erfahren, dass die Chefs der Telekommunikationsanbieter immer auf einer offiziellen Erlaubnis des Generalstaatsanwalts beharrten. Zu groß war ihre Sorge, nachträglich für die Kooperation mit dem Geheimdienst verurteilt zu werden. Allerdings lieferte niemand aus der Regierung ein solches Dokument. Nur General Dwight D. Eisenhower, später Präsident der Vereinigten Staaten, setzte einen Brief auf, in dem er seine „Wertschätzung“ zum Ausdruck brachte. Später folgte ein Dokument der Truman-Regierung, dass der Präsident aber nicht selbst unterschrieb. Den Chefs reichte das nicht, sie begannen jahrelang Druck auf das Pentagon auszuüben. Bevor aber Gesetze erlassen werden konnten, um die Überwachung nachträglich zu rechtfertigen, gaben sie ihre Zusammenarbeit öffentlichkeitswirksam zu. Das dürfte einer der Gründe sein, warum Bush nach den Anschlägen am 11. September 2001 mit dem Patriot Act ein Gesetzespaket erließ, um Abhörmaßnahmen auch ohne richterliche Genehmigung zu ermöglichen.
Wie viel diese zur Terrorabwehr beitragen, konnte Bamford ebenfalls beantworten. Weil Mitarbeiter der NSA im Jahr 2001 Osama bin Ladins Satellitentelefon abhörten, wussten sie, dass Terroristen ins Land gelangt waren, und suchten vergeblich nach ihnen. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center stellte sich heraus, dass sich die Terrorzelle im Motel Valencia versteckte hatte. Wenige hundert Meter vom Hauptquartier der NSA entfernt.
Naürlich wird da abgehört, gerade und
und grade da – und weil das eben evtl. banalerweise „die Köngisklasse“ wäre?
Nein, unter den dort akkeditierten Nerds sind vermutlich genauso viele Geheimdienstprofis, wie es vermutlich Wanzen und abgehörte Fensterscheiben gibt. Und ausserdem will man ja öffentlich sein.
Wesentlich aber nur, dass das hier sowieso nur die Oberfläche war. Die Motivation, das „warum“ aber blieb unbeantwortet:
Vermutlich, weil die USA damals schon eine Rassen- u. Klassengesellschaft waren, teils sozial extrem undurchlässig – und es zum Guten der Erfolgreichen betrug, Früchte des Erfolgs sicher zu haben, ggfls. auch gegen erkennbar gefährliche Aufsteiger, resp. solche Aufsteigergruppen vorgehen zu können, soziale Stabilität meint eben auch Herrschaft, durch Konkurrenzausschluss.
Und heute vermutlich und verstärkt, weil die Welt durch das Internet inzwischen längst schon eine Rassen- u. Klassengesellschaft global geworden ist, teils sozial extrem undurchlässig gewollt – wie an den USA oder EU-Außengrenzen tat daher die Globalisierung des Mittels not.
Und wird wohl immer schlimmer werden, Ursache: Angst. Und Feigheit und Faulheit und Alter.
Also die USA verändern.
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