Ding und Dinglichkeit

Ding und Dinglichkeit

Keine Frage, die Welt ist voller dinglicher Phänomene. Um viele davon wird einiges Gewese gemacht, etwa um Autos, Mobiltelefone, Schuhe. Das sind die

Fasten für den Selbstbetrug: Das Marzipan

| 18 Lesermeinungen

Außerhalb von streng katholischen Kreisen zügelt die Fastenzeit unseren Appetit nur periphär. Verwöhnt wie wir es sind, spart keiner freiwillig am Genuss. Außer notorische Selbstkontrolleure vielleicht. Der Rest hat eine gute Ausrede. Kostprobe gefällig?

„Ein voller Bauch diskutiert leicht über das Fasten.“
Hieronymus: Epistulae 58,2

Ich faste Marzipan, denn ich verabscheue Marzipan. Ex negativo lassen sich die vierzig Tage von Karneval bis Ostern recht angenehm überstehen. Bei anderen laufen die Versuche zu fasten meistens auf Süßigkeiten, Zigaretten oder Alkohol hinaus. Da kann ich mithalten: ich faste ja schon, wie gesagt, Marzipan, außerdem Pall Mall-Menthol und Sambuca. Ob das für eine leichtere Seele reicht?

Sollte man, statt der Selbstkasteiung, nicht vielmehr dankbar sein, dass die schönen Speisen und Getränke überhaupt bereitstehen? Üppiger als täglich Brot? Verschmähen ist doch die wahre Sünde.

In unserer ökonomischen Situation ist die Fastenzeit gar unverantwortlich! Verzicht ist gleich Verlust der Binnenwirtschaft. Konsum gehört stetig gefördert, niemals gebremst. Das sichert den Grundstock, auf den sich Deutschland verlassen können muss. Denn alle Leute wollen mehr, mehr, mehr – solange sich diese Erde dreht. Sparen tut nur, wer nichts mehr hat.

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Gerade der spontane Bedarf an Chips, Bitter-Schokolade oder Gelatine-Erdbeeren fördert den letzten Hüter des Einzelhandels: die Trinkhalle. Auch das schielende Muttchen hinter dem Schiebefenster soll bedacht sein. In ihrer Schaufenster-Vitrine reiht sich ein Hochprozentiger an den nächsten. Die zähflüssigen Liköre müssen besonders beliebt sein, scheinen gar unverzichtbar außerhalb der gesetzlichen Öffnungszeiten, am Feiertag oder Sonntagmittags.

Doch es gibt auch solche, die fasten aus purem Ehrgeiz. Der Anlass kommt ihnen gerade recht, damit sie ihre zwanghafte Selbstkontrolle ohne Ächtung ausleben dürfen. Eigentlich haben sie nur darauf gewartet, die nächste Diät unter anderen Namen zu halten. Diät ist was für Unzufriedene, Fasten dagegen gut fürs Seelenheil. Ungebremst laben sie sich an ihrem starken Willen und legen narzisstische Beweise vor, dass sie ihrem Verlangen überlegen sind. So wächst ungeniert Erhabenheit gegenüber schwachen Hedonisten.

„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten.“ Sagte Jesus Christus in seiner Bergpredigt. Ja bitte, behalten Sie es für sich und schauen dazu nur recht hübsch drein! Dann stört es mich auch nicht.

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Ich habe eine schöne Frau sagen hören, sie wüsste gar nicht, was sie so stark beeinträchtigen würde, dass sie es fasten müsste. Das ‚a‘ in fasten zog dabei in eine hohe Tonlage, sodass es wie ein empörter Japser klang. Die grazile Hand, mit echtem Schmuck beringt, wedelte dazu ein wenig hektisch in der Luft. Schnell nippte sie an ihrem Glas. Zweimal noch nachgehakt, überlegte sie, einem gehauchten Geständnis gleich: Alkohol dürfte es nicht sein. Dann bräuchte man ja gar nicht mehr unter Leute gehen.

Recht hat sie. Zweimal nüchtern gewesen unter lallenden Freunden, ist einmal zu viel. Demnach führt das Fasten direkt in die Isolation. Wem sei damit geholfen? Die Kette reiht sich logisch weiter auf: am Samstagabend wird natürlich die Schokolade in drei Sorten auf den Couchtisch gepackt. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Auch Verzicht kann nicht uns retten, denn die Versuchung schlägt umso stärker zu, bleibt ein Laster ignoriert. Niemals kann man dreimal zu einer angenehmen Sache ‚nein‘ sagen. Beim ersten Mal weicht die Moral, dann der Stolz, dann hält nichts mehr dagegen.

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Auch wenn Entsagung mich in den letzten vierzig Tagen nicht erhellte, so glimmt doch ein anderes Licht der Freude langsam in mir auf. Nicht vorausblickend auf ein lang entsagtes Stück Schokolade oder süßen Rauch nach der zweiten Zigarette, wenn er betörend in die Lungen strömt. Nein, es ist vielmehr eine rein österliche Freude: Dass alles, was vergeht, durch Jesus Christus wieder entsteht.

Er (…)spricht mit süßen Lippen:
lasset fahren, liebe Brüder,
was Euch quält,
was Euch fehlt;
ich bringe alles wieder.

So textete Paul Gerhardt 1653 in dem Kirchenlied „Fröhlich soll mein Herze springen“. Das Lied gehört zwar in die Weihnachtszeit, aber wer will das schon so eng sehen?

 

 

 

 

 

 


18 Lesermeinungen

  1. Richtig, es handelt sich...
    Richtig, es handelt sich hierbei um sowas wie „Abtreibung“ nach „fremdgehen zu schlechter Musik“. Typisch weiblich: erst überfressen dann kotzen/fasten.
    INKOSEQUENZ und das ist eine typisch weibliche eigenschaft at it’s finest.

  2. DrecksKirche sagt:

    Die kriche ist übrigens ein...
    Die kriche ist übrigens ein verein, der foltert oder foltern lässt und Identitäten fälscht. (Der Zensus im jahre Null wurde ja auch bereits gefälscht § 169 StGB) Aus ermittlungstaktischen Gründen erst später mehr.
    https://image-upload.de/image/kWNMPT/bac2d107a2.jpg

  3. pressberlin sagt:

    <p>Ich bin ein Fan von...
    Ich bin ein Fan von positivem Fasten: 1x die Woche ins Theater, 3xSport etc….da hat man auf jeden Fall mehr von.
    Mein Versuch auf Alkohol zumindest unter der Woche zu verzichten war nach 2 Wochen gescheitert. Keine Zeit für Zwänge und Selbstkasteiung!
    Frohe Ostern!

  4. nobody sagt:

    <p>der text ist mir wie aus...
    der text ist mir wie aus der seele geschrieben. ich kenne den ständigen kampf am tag und abend: soll ich, soll ich nicht? es sieht ja so lecker aus, und schmecken tut es auch noch fein. die hand nähert sich der verpackung oder dem glas, darin der genuss der inhalt ist, es wird einem langsam bewusst, welche konsequenzen folgen würden; und doch, ganz schwach und leise spricht noch das gewissen, ganz laut und siegessicher das verlangen.
    grüße,

  5. Kopfgeburt sagt:

    Ich verzichte auf Rauchzeugs....
    Ich verzichte auf Rauchzeugs. Pickelhart. Seit 32 Jahren!
    .
    Das müsste doch eigentlich gefeiert werden! Also: Hoch die Gläser!!

  6. FAZ-soma sagt:

    Jeder Anlass zählt!...
    Jeder Anlass zählt!

  7. <p>ich faste gern. </p>
    <p>ich...

    ich faste gern.
    ich lasse weg, meide mehr und mehr und zuletzt alles – vor allem internet-zeitungen.
    dann lege ich mich zu paul fleming ins bett
    und warte bis mir christus meine sorgen wiederbringt.
    nahe ostern.

  8. Tom sagt:

    <p>Da merkt man doch wieder:...
    Da merkt man doch wieder: Deutschland ist dem Untergang schon sehr nahe. Wer nicht mehr fasten kann hat auch nichts für das er noch lebt

  9. Jacob sagt:

    <p>Ich weiß nicht warum...
    Ich weiß nicht warum Deutschland untergehen sollte, nur weil Teile der Bevölkerung nicht auf Geheiß eines imaginären Freundes 40 Tage auf Konsum verzichten. Ich selbst habe mal einen Monat auf sämtliches Süßes verzichtet, da mir attestiert wurde ich sei süchtig nach Schoki. Vor diesem Monat dachte ich, ich könnte auf diese Weise meine Disziplin auf die Probe stellen. Aber es kam völlig anders, weder musste ich mich in irgend einer Weise zusammenreißen, noch habe ich nach diesem Monat eine Veränderung in meiner Wahrnehmung oder gar eine Erleuchtung feststellen können. Die einzige Veränderung, die ich erkennen konnte, waren fast 4Kg weniger auf der Waage und wohl Umsatzeinbußen meines lokalen Supermarktes.

  10. cassar sagt:

    <p>Danke für diese schöne...
    Danke für diese schöne „Anmerkung“ zum Thema Fasten. Ähnlich erlebt man im Islam mit dem selbstbetrügerischen Ramadan. Da wird nur am Tag nichts gegessen um sich dann mit dem Gefühl ein Riesenopfer gebracht zu haben am Abend die 3fache Menge an leckeren Speisen einzuverleiben. Schwer nachzuvollziehen, wie Gläubige es hinbekommen, sich “ in die Tasche zu lügen“.

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