Ding und Dinglichkeit

Hochzeitsfieber – wer kommt in die nächste Runde?

 

 „Straight up, now tell me/
Do you really wanna love me forever?“
– Paula Abdul / gefühlt, Madonna-

Für solide Paare wird es in meinem Alter schwierig, gemeinsam in die Ferien zu fahren. Denn sie stehen unter Beobachtung. Wer eine glaubwürdige Beziehung führt, sollte sich nicht mit einem Flugticket erwischen lassen. Jedenfalls nicht, wenn er versucht, Klatsch & Tratsch oder frühe Hoffnung auf Enkel zu unterbinden.

„Dahinter könnten ernsthafte Absichten stecken“, tuschelt man dann im Umfeld. Dort hat das Hochzeitsfieber freie Bahn. Es grassiert ungebremst und befällt Freunde und Mütter. Vor Großmüttern macht es schon gar nicht halt. Die sprechen ungeniert aus, was alle denken. Als wäre Heiraten das Normalste der Welt. Ob sich Väter ebenso Gedanken machen, wann das Kind soweit sein könnte? Ich tippe: ja.

Kann man es ihnen vorwerfen? Wenn man bedenkt, wer alles im nächsten Jahr heiraten wird? Allzu hoch scheint die Messlatte nicht zu liegen: Je oller, je doller.
Verliebt, sechs Monater später verlobt. Schon sechs weitere dann wird vor den Altar getreten.


Und die meisten haben sich auf einer Reise verlobt: in China oder Paris, am Gipfel oder auf einem Segelboot. Ich weiß von einem Freund, der sich auf einer Dschungel-Safari nicht wegen der Anacondas sorgte, sondern nur, dass ihm der Ring aus dem Rucksack rutschen könnte. Oder die Freundin ihn entdeckt. Herzallerliebst, nicht wahr?

Die Neugier steigert sich weiter bis zu ihrer Rückkehr. Die Zeit der Wahrheit naht. Manche können die Spannung kaum aushalten und berichten noch während der Reise per Email, dass sie von der Verlobung sogar geträumt hätten. Solch eine Anteilnahme erhöht natürlich die Chance auf eine baldige Benachrichtigung, sollte es tatsächlich passiert sein.

Kommt das Paar also aus den Ferien zurück, kann es sich auf viel Aufmerksamkeit gefasst machen. Plötzlich hat jeder Zeit zu telefonieren. Ja, man hat sogar am selben Tag noch einen Termin frei. Mittagessen, Weinchen am Abend? Falls das Paar sich wirklich verlobt hat, wird man es vielleicht nicht am Telefon erzählt bekommen. Beim Treffen kontrolliert man möglichst unauffällig den Ringfinger. Viel mehr bleibt einem nicht übrig. Schließlich kann man das Thema schlecht ansprechen, wenn es der andere nicht tut.

Trickreich dabei: Selbst wenn man erstmal nichts erfährt, könnte das Paar trotzdem verlobt sein. Will es aber noch nicht verbreiten. Will vorher zu den Eltern fahren und es ihnen zuerst erzählen. Oder beichten. Je nachdem.

Bald auf die Reise folgende Heimfahrten sind demnach ebenfalls höchst verdächtig.

Auf Momente der Spannung kann natürlich auch die Erkenntnis folgen: Das Paar hat sich gar nicht verlobt. Was ja auch in Ordnung wäre. In diesem Fall wollte man niemals zu denen gehören, die Druck verursachen. Oder gar das Gefühl hinterlassen, als wäre etwas nicht in Ordnung in der Beziehung. Keine Panik, bitte. Wenn es denn sein soll, wird sich der richtige Moment schon ergeben. „Alles zu seiner Zeit“, rudert das Umfeld zurück.

Es erstaunt mich, wie aktuell das Thema „Heiraten“ bleibt. Jetzt, wo doch die meisten Hochzeiten vorbei sind. Für dieses Jahr zumindest. Ab Mai geht es ja dann wieder los. Eigentlich schon früher. Ab März startet die Planung der Junggesellen-Abschiede, im April folgen die Poltereien, danach werden Hochzeitsreden geschrieben.

Aber von Oktober bis März könnte doch Pause sein! Hochzeitspause, Themenwechsel. Zumindest bei denjenigen, die 2013 nicht heiraten werden. Doch Heiratsfieber bleibt hoch im Kurs. Zumindest unter meinen Gleichaltrigen. Mit Mitte Dreißig mag es sich dann wieder legen. Da hat man das Theater wohl oft genug gesehen und muss darüber schmunzeln.

Aber was hilft’s? Man muss den Dingen ins Auge sehen: jünger werden wir nicht. Wer schafft es also in die nächste Hochzeitsrunde? Wer redlich sich bemüht? Wer Reife beweist und Nachhaltigkeit? Wer Qualitäten als Versorger oder Küchenfee beweist? Wer Rückenwind kriegt und vorab schon mal schwanger wird?

Besonders gefährdet sind naturgemäß wir Frauen um die Dreißig. Wer in die nächste Runde kommt, kann konkret weiter träumen: Vom Hochzeitskleid und Gästelisten. Von gemeinsamer Kontoführung und Steuervorteilen. Von graviertem Silberbesteck und besticktem Frottee. Von Kindern und eigenem Garten.

Sollte sie sich dafür schämen? Im Grunde kann sie doch gar nichts dafür. Das ist doch nur das Ewig-Weibliche in ihr.

Es muss nicht alles im Detail genau so kommen, wie Frau es sich vorgestellt hat. Es könnte ja noch besser werden, als dies Jetzt schon ist. Schluss mit Einsamkeit. Schluss mit Suchen und Nicht-Finden. Schluss mit Finden und Nicht-Wollen. Wenn Frau meint, ihren Elvis gefunden zu haben, fängt sie an die gemeinsame Zukunft zu planen. Das Ende der Beziehung steht schließlich nicht an. Also kann man ja auch weiterdenken. Wenn das mal nicht typisch Frau ist!

Ob es übrigens bei den Herren der Schöpfung gänzlich anders ausschaut, bezweifle ich. 😉

 

„Das EwigWeibliche, Zieht uns hinan
– Faust II. –

 

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