Ding und Dinglichkeit

Ding und Dinglichkeit

Keine Frage, die Welt ist voller dinglicher Phänomene. Um viele davon wird einiges Gewese gemacht, etwa um Autos, Mobiltelefone, Schuhe. Das sind die

Hochzeitsfieber – wer kommt in die nächste Runde?

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Ein glaubwürdiges Paar um die Dreißig kann nicht mehr unbeobachtet in die Ferien fahren. Das setzt sein Umfeld unter Strom. Werden die beiden verlobt zurückkommen? Freunde fiebern auf die Antwort, frühe Hoffnung auf Enkel keimt auf. Heimlich und hinterm Rücken, natürlich. Im Nachhinein will es nämlich keiner gewesen sein.

 

 „Straight up, now tell me/
Do you really wanna love me forever?“
– Paula Abdul / gefühlt, Madonna-

Für solide Paare wird es in meinem Alter schwierig, gemeinsam in die Ferien zu fahren. Denn sie stehen unter Beobachtung. Wer eine glaubwürdige Beziehung führt, sollte sich nicht mit einem Flugticket erwischen lassen. Jedenfalls nicht, wenn er versucht, Klatsch & Tratsch oder frühe Hoffnung auf Enkel zu unterbinden.

„Dahinter könnten ernsthafte Absichten stecken“, tuschelt man dann im Umfeld. Dort hat das Hochzeitsfieber freie Bahn. Es grassiert ungebremst und befällt Freunde und Mütter. Vor Großmüttern macht es schon gar nicht halt. Die sprechen ungeniert aus, was alle denken. Als wäre Heiraten das Normalste der Welt. Ob sich Väter ebenso Gedanken machen, wann das Kind soweit sein könnte? Ich tippe: ja.

Kann man es ihnen vorwerfen? Wenn man bedenkt, wer alles im nächsten Jahr heiraten wird? Allzu hoch scheint die Messlatte nicht zu liegen: Je oller, je doller.
Verliebt, sechs Monater später verlobt. Schon sechs weitere dann wird vor den Altar getreten.

Bild zu: Hochzeitsfieber - wer kommt in die nächste Runde?
Und die meisten haben sich auf einer Reise verlobt: in China oder Paris, am Gipfel oder auf einem Segelboot. Ich weiß von einem Freund, der sich auf einer Dschungel-Safari nicht wegen der Anacondas sorgte, sondern nur, dass ihm der Ring aus dem Rucksack rutschen könnte. Oder die Freundin ihn entdeckt. Herzallerliebst, nicht wahr?

Die Neugier steigert sich weiter bis zu ihrer Rückkehr. Die Zeit der Wahrheit naht. Manche können die Spannung kaum aushalten und berichten noch während der Reise per Email, dass sie von der Verlobung sogar geträumt hätten. Solch eine Anteilnahme erhöht natürlich die Chance auf eine baldige Benachrichtigung, sollte es tatsächlich passiert sein.

Kommt das Paar also aus den Ferien zurück, kann es sich auf viel Aufmerksamkeit gefasst machen. Plötzlich hat jeder Zeit zu telefonieren. Ja, man hat sogar am selben Tag noch einen Termin frei. Mittagessen, Weinchen am Abend? Falls das Paar sich wirklich verlobt hat, wird man es vielleicht nicht am Telefon erzählt bekommen. Beim Treffen kontrolliert man möglichst unauffällig den Ringfinger. Viel mehr bleibt einem nicht übrig. Schließlich kann man das Thema schlecht ansprechen, wenn es der andere nicht tut.

Trickreich dabei: Selbst wenn man erstmal nichts erfährt, könnte das Paar trotzdem verlobt sein. Will es aber noch nicht verbreiten. Will vorher zu den Eltern fahren und es ihnen zuerst erzählen. Oder beichten. Je nachdem.

Bald auf die Reise folgende Heimfahrten sind demnach ebenfalls höchst verdächtig.

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Auf Momente der Spannung kann natürlich auch die Erkenntnis folgen: Das Paar hat sich gar nicht verlobt. Was ja auch in Ordnung wäre. In diesem Fall wollte man niemals zu denen gehören, die Druck verursachen. Oder gar das Gefühl hinterlassen, als wäre etwas nicht in Ordnung in der Beziehung. Keine Panik, bitte. Wenn es denn sein soll, wird sich der richtige Moment schon ergeben. „Alles zu seiner Zeit“, rudert das Umfeld zurück.

Es erstaunt mich, wie aktuell das Thema „Heiraten“ bleibt. Jetzt, wo doch die meisten Hochzeiten vorbei sind. Für dieses Jahr zumindest. Ab Mai geht es ja dann wieder los. Eigentlich schon früher. Ab März startet die Planung der Junggesellen-Abschiede, im April folgen die Poltereien, danach werden Hochzeitsreden geschrieben.

Aber von Oktober bis März könnte doch Pause sein! Hochzeitspause, Themenwechsel. Zumindest bei denjenigen, die 2013 nicht heiraten werden. Doch Heiratsfieber bleibt hoch im Kurs. Zumindest unter meinen Gleichaltrigen. Mit Mitte Dreißig mag es sich dann wieder legen. Da hat man das Theater wohl oft genug gesehen und muss darüber schmunzeln.

Aber was hilft’s? Man muss den Dingen ins Auge sehen: jünger werden wir nicht. Wer schafft es also in die nächste Hochzeitsrunde? Wer redlich sich bemüht? Wer Reife beweist und Nachhaltigkeit? Wer Qualitäten als Versorger oder Küchenfee beweist? Wer Rückenwind kriegt und vorab schon mal schwanger wird?

Besonders gefährdet sind naturgemäß wir Frauen um die Dreißig. Wer in die nächste Runde kommt, kann konkret weiter träumen: Vom Hochzeitskleid und Gästelisten. Von gemeinsamer Kontoführung und Steuervorteilen. Von graviertem Silberbesteck und besticktem Frottee. Von Kindern und eigenem Garten.

Bild zu: Hochzeitsfieber - wer kommt in die nächste Runde?

Sollte sie sich dafür schämen? Im Grunde kann sie doch gar nichts dafür. Das ist doch nur das Ewig-Weibliche in ihr.

Es muss nicht alles im Detail genau so kommen, wie Frau es sich vorgestellt hat. Es könnte ja noch besser werden, als dies Jetzt schon ist. Schluss mit Einsamkeit. Schluss mit Suchen und Nicht-Finden. Schluss mit Finden und Nicht-Wollen. Wenn Frau meint, ihren Elvis gefunden zu haben, fängt sie an die gemeinsame Zukunft zu planen. Das Ende der Beziehung steht schließlich nicht an. Also kann man ja auch weiterdenken. Wenn das mal nicht typisch Frau ist!

Ob es übrigens bei den Herren der Schöpfung gänzlich anders ausschaut, bezweifle ich. 😉

 

„Das EwigWeibliche, Zieht uns hinan
– Faust II. –

 


50 Lesermeinungen

  1. Liebe SvM - der gute Gatte...
    Liebe SvM – der gute Gatte baut seiner Frau das gemeinsame Haus, bestellt den Hof und geht hiernach weider an seine Arbeit. Er kauft jedem seiner Kinder, wenn er noch die Kraft in sich hat, eine Wiese, ein Wald oder gar ein kleines Haus. Damit zeigt er ihnen wie wichtig sie ihm sind, auch Bodenstaendigkeit als Kinder der Erde. Der klare Blick immer in die Zukunft, manchmal schweigsam und unergruendlich, manchmal ueberkochend vor Idealen und Traeumen. Er hinterlaeszt seine Spur.

  2. FAZ-soma sagt:

    @Egon One: runaway wedding...
    @Egon One: runaway wedding train

  3. FAZ-soma sagt:

    Liebe Blechkanisterfrau und...
    Liebe Blechkanisterfrau und alle andere Leser und Kommentatoren, leider wird es nun still werden um Ding und Dinglichkeit. Dieser Beitrag soll der Letzte sein. Der böse rote Stift wurde angesetzt:-( Sie wissen ja, was das heißt.

  4. EgonOne sagt:

    Bin sehr entaeuscht dass man...
    Bin sehr entaeuscht dass man auch ihnen mit dem roten Stift ankam. Ich habe immer ihre Beitraege genossen. Sehr Schade.
    Icj wuensche ihnen aber nur Good Fortune fuer die Zukunft.
    Au revoir in Cyberspace.

  5. EgonOne sagt:

    Ich bin sehr entaeuscht, werte...
    Ich bin sehr entaeuscht, werte Sophie von Maltzahn, dass man auch ihnen denen roten Stift angepasst hat. Schade. Ich habe immer ihre Beitraege genossen.
    Ich wuensche ihnen viel Glueck und Erfolg in ihren zukuenftigen Aktivitaeten,
    Good Luck and Good Fortune.
    Who knows:we may meet again in Cyberspace, or in some other venue.
    Leben Sie wohl.

  6. FAZ-soma sagt:

    Au revoir klingt gut....
    Au revoir klingt gut.

  7. Peter N. sagt:

    Das ist tragisch, und die FAZ-...
    Das ist tragisch, und die FAZ- und, global gesprochen, Deutschland-Verflachung angesichts der modernen Zwaenge einmal wieder greifbar. Nichts Neues im Westen.
    Ich hatte kurzzeitig ueberlegt, den Maezen zu spielen und einen Blog mit Obolus zu spendieren, fand das dann aber doch zu egoistisch nur damit ich zweiwoechentlich mit den anderen und Ihnen sinnieren kann. Auszerdem: Sie sind begabt fuer weitere und grosze Projekte – in der Hinsicht empfinde ich diesen Verlust fuer uns als Befreiung fuer Sie von den Gefechten im Blogalltag. Meiner nimmt z.B. auch ueberraschend viel Zeit in Anspruch, und in Baelde will ich ihn eben darum beenden. All diese Noergler, dieses unproduktive Angegriffenwerden!
    Ich weisz, dasz es ein besseres Leben jenseits des Bildschirmes gibt, all diese digitalen Kaempfe fuehren zu so geringen Ergebnissen.
    Und nun? Zunaechst ein virtuelles Dankeschoen aus den USA fuer die Kurzweil, neben einem noch zu schickenden Beschwerdebrief an die FAZ und eine an Sie noch heute loszuschickende Dankeskarte an die FAZ-Hauptadresse. Trifft man sich nun einmal im reellen Leben? Gibt es ueberhaupt ein richtiges auszerhalb des Blogs? Und die Feier mit den Mit-Kommentatoren ist nun ebenfalls passe, einschlieszlich der Bierrunde mit HansMeier555.
    Pfiat Di God und auch von mir „au revoir et merci“.

  8. Moritz sagt:

    <p>Liebe Sophie,</p>
    <p>ich...

    Liebe Sophie,
    ich danke für die erbaulichen, heiteren, nachdenklich machenden und einfach schönen Stunden mit Ihrem Blog, irgendwie habe ich den nahen Abschied schon gespürt, merkwürdig.
    Viele liebe Grüße aus dem Norden
    Moritz
    PS: einen finalen Smiley von mir: 🙂

  9. mediensegler sagt:

    <p>Man sieht sich im Leben...
    Man sieht sich im Leben immer zweimal auf dem Weg rauf und runter,
    ich warne die, die hier jetzt mitlesen und meinen, sie wären nicht betroffen.
    Ihr glaubt gar nicht, wie schnell Ihr betroffen seid.
    Sophie alles Gute für Sie, und ich hoffe wir lesen Sie an anderer Stelle.
    Au revoir!

  10. nobody sagt:

    <p>Sie schreiben von der...
    Sie schreiben von der Heirat und stehen selbst, wenn ich richtig den roten Stift interpretiere, vor einer Scheidung. Hm. Ein Menschenleben auf der Erde verhält sich theoretisch ähnlich einem Teilchen wie in der Unschärferelation, man kann zu jeder Zeit seinen Ort und seine Geschwindikeit nicht bestimmen. Die Frage ist, wo tauchen Sie wieder auf und wann werden wir Sie erneut lesen können? Da weder die Zeit und der zukünftige Ort bekannt sind noch ihrerseits ein Impuls auf deroselben gegeben ist, müssten viele von uns, die Sie gerne lesen, Google wie einen Teilchenbeschleuniger benutzen, mit der Hoffnung, damit jener Sie und dieser einen Graviton erzeugen und finden kann.
    Viele Grüße

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