Gute Vorsätze gefasst für’s neue Jahr? Sie auch …? Fitnesstraining soll ja dem Burn-out vorbeugen, den Kopf frei machen von beruflichen Grübeleien, die Balance wiederherstellen. Na denn los!
Die Branche boomt – und ohne Wellness läuft in den Clubs gar nichts mehr. Das hauseigene Beautycenter mit Massagen, Güssen und allem Pipapo lässt Sie den beruflichen Stress vergessen. Der Wunsch nach Streicheleinheiten, nach denen Manager ja vergeblich hungern, wird zartfühlend erfüllt.
Personal-Trainer und Vorturner kümmern sich nicht nur um den Body der Abgeschlafften, sondern pflegen auch persönlichen Umgang mit den Gästen, treffen sich mit ihnen an der Bar, beim Powerjoga, im Clubrestaurant. Und im hauseigenen Kindergarten stellt das Paar die nervige Kleine ab.
Bevor wir uns an die Geräte schwingen dürfen, die Kardinalfrage: Was ziehen wir bloß an – Kleider machen ja bekanntlich Leute. Wir könnten ja von wichtigen Entscheidern gesehen werden. Beim Outfit sind zwei Versionen möglich: Der von der Stange gekaufte, modische Sportdress gilt ebenso als angesagt wie Hausfrauen-Klamotten. Erlaubt ist, was gefällt, allein der Wohlfühlfaktor zählt. Ehrlich?
Frauen gehen Umfragen zufolge, besonders in reinen Frauenstudios, lockerer an die Sache ran, auch in punkto Kleidung. Na bitte, wenn’s denn sein muss. Begleitet von den mitleidigen Blicken der Gestylten, die in den hauseigenen Boutiquen ein Heidengeld gelassen haben, bestehen sie auf ihrem ausgeleierten braunen Jogginganzug oder ihren Presswurst-Leggings. Eine Augenweide.
Also gut, wir sind drin und dringen bis zum Umkleideraum vor – und prompt läuft uns der Steuerberater über den Weg.
Grundsätzlich gilt: Sprich nur dann an, wenn du im gleichen Maße an- bzw. ausgezogen bist. Nackte sollten wir besser in Ruhe lassen, wenn wir selbst in voller Montur dastehen. Sonst kann es peinlich werden. Wieso? Vielleicht weil er die Hände nicht in die Hosentaschen stecken kann! Ein kurzes Erkennungsnicken genügt.
Dann folgt das eigentliche Fitness-Date. Die Devise lautet: Ruhig bleiben und Prüderie ade. Niemand erwartet beim Startschuss einen perfekten Alabasterkörper. Was zählt ist die Zielstellung, später gut auszusehen. Rom ist schließlich auch nicht an einem Tag erbaut worden. Auch Muckis brauchen ihre Zeit.
Bei den Übungen ist richtiges Atmen angesagt, und das kann durchaus kräftiger ausfallen. Schnaufen, Stöhnen, Japsen – wie es gerade kommt. Bloß nicht stören. Männern mögen keinen Small Talk im verschwitzten Trainingslook zwischen den einzelnen Übungen, bei den Damen kann die Sache unter dem Motto „Für ein Schwätzchen reicht’s immer“ etwas anders liegen.
Ans Gerät geht es immer mit dem Handtuch als Schweißfänger. Wer besonders stark transpiriert, baut deomäßig vor. Sonst kann es um ihn herum richtig einsam werden. Für die Rinnsale gibt’s ein kleines + ein großes Handtuch kostenlos.
Im ersten Versuch den Weltrekord brechen wollen? Nein. Im Studio zeigen Sie nicht mehr Situp’s als Zuhause, denn Angeben ist megaout. Und auch der Blick auf das Ergometer des Nachbarn sollte besser unterbleiben, Wettbewerbe stehen im Center nicht auf der Tagesordnung. Ausnahmsweise mal kein Konkurrenzdenken. Einzig das Ziel lockt: die bessere Figur in absehbarer Zeit, mehr Puste und Power.
Trotzdem hocken sie verbissen an den Geräten – man muss leise sein, weil sich alle konzentrieren. In den Whirlpool steigt man anschließend nicht eingecremt. Wegen der unappetitlichen Fettaugen. Und niemand käme auf die Idee, etwas mitgehen zu lassen (Bodylotion in Plastikbecher abfüllen oder so …).
Das Fitness-Center ist kein „Aufreiß-Schuppen“, weiß man ja. Aber der Flirtfaktor ist allgegenwärtig und eine ständige Versuchung. An der Saftbar geht’s zur Sache. Mit Mineraldrinks oder Isotonischem. Nur Dilettanten trinken Bier; Anfänger erkennt man am Colaschlürfen und dem unsicheren „Na-und-was-soll’s-Ausdruck“.
Halten Sie durch, schuften Sie Ihre Zehnerkarte vollständig ab. Selbstbewusst und mit sportlich-federndem Gang gieren Sie jetzt geradezu nach neuen Herausforderungen im Büro. Ausgebrannt? Nö. Nur der Muskelkater miaut noch ein bisschen. Erfolgsmelodie für den Fitness-Freak. Sie sehen jetzt wirklich unwiderstehlich aus und Adolph Freiherr Knigge würde Ihnen für Ihr stilvolles Benehmen anerkennend auf die Schulter klopfen. Aber nur, wenn Sie angezogen sind.