Karriere im Takt

Alle doof außer mir?

Die Schwächen anderer fallen uns sofort ins Auge. Und dann geht das Kritisieren los. Beteiligen Sie sich nicht an diesem Spiel. Mit einem Blitzurteil werden wir der Ganzheit eines Menschen nicht gerecht. Bevor Sie eine Person bewerten (wenn überhaupt, denn es ist nicht nötig), verschaffen Sie sich einen Gesamteindruck und versuchen sie zu verstehen. Erst dann entsteht ein klares Bild.

Selbstüberhebung und Blasiertheit ist schlechter Stil. Wer alles und jedes kritisiert, dem fehlt es am nötigen Respekt, der Grundlage aller Kultur. Ein schnelles (Vor)Urteil stumpft ab und zerstört die Möglichkeit, auch das Gute zu sehen. Nicht nur bei einem Menschen, sondern auch bei einem Kunstwerk, einem Buch oder anderen Szenen.

Lassen Sie den Eindruck, die Schwingung auf sich wirken und bleiben Sie empfänglich für subtilere Beobachtungen. Dann entgeht Ihnen auch nicht, worin jemand Recht hat oder wo sich verborgene Qualitäten befinden. Und Ihre Intuition liebt es, wenn Sie „leer“ an die Dinge herangehen, weil sie Ihnen dann besonders gut wichtige Informationen liefern kann.

Sich so stilvoll zu geben, wie Sie sind, erfordert Mut, denn Andersgestrickte beäugen oft neidisch Ihr nobles Auftreten und Ihre verfeinerte Lebensweise. Das kann zu Anfeindungen und Ablehnung führen, aber nur von Menschen, die es selbst versäumt haben, an sich zu arbeiten. Halten Sie an Ihrer Vision einer kultivierten, sensiblen Persönlichkeit fest. Immer stärker ziehen Sie dadurch eine Gesellschaft an, die Sie mit Achtung und Respekt auf Ihrem Weg begleitet.

Stilvolle Persönlichkeiten sind ziemlich selten. Vielen war es nicht vergönnt, schon im Elternhaus gute Umgangsformen zu erlernen. Die Stärksten haben sich als Erwachsene selbst erzogen, um den ungeschliffenen Diamanten ihrer Jugend in ein blitzendes Juwel zu verwandeln. Ihnen gebührt größte Hochachtung. Und da sie neugierig genug auf die Schätze waren, die in ihnen verborgen sind, haben sie ihre bislang unbemerkten Qualitäten Schritt für Schritt ans Tageslicht gehoben.

Mit elitärem Gehabe, Snobismus und berechnender Selbstinszenierung hat Stil nichts zu tun. Pfui. Er ist sichtbarer Ausdruck einer Lebenseinstellung, nach deren Prinzipien und Werten man sich selbst und sein Umfeld aktiv gestaltet. Dabei dürfen auch Regeln gebrochen werden, sofern es die Situation verlangt. Einem Unfallverletzten erst die eigene Visitenkarte zu überreichen, bevor man ihn versorgt, wäre wohl ziemlich verfehlt.

Sind Erwachsene mit Stil aussterbende Exemplare? Wird die Jugend deren Vorbild übernehmen? Keine Bange. Die angeblich schlechten Manieren der jungen Leute sorgen schon seit Urzeiten für heiße Diskussionen. Fallen Sie nicht darauf rein.

Manager lernen vor dem fernöstlichen Auslandseinsatz, darauf zu achten, dass ihr Ge­sprächspartner nicht das „Gesicht verliert“. Dann sei dieser tödlich beleidigt und das Geschäft könnte ein Flop werden. Stimmt. An der interkulturellen Kommunikation können wir uns ein Beispiel nehmen.

Müssen Sie als Führungskraft darauf hinwirken, dass jemand sein Verhalten ändert, verletzen Sie nicht seine Selbstachtung. Sprechen Sie nur unter vier Augen über das Problem, machen Sie niemanden vor versammelter Mannschaft nieder. Erstens solidarisieren sich dann die anderen mit dem Betroffenen (und gegen Sie) und zweitens wird automatisch ein Selbstverteidigungsreflex ausgelöst, der auf „Bestrafung“ des Kritikers drängt. Kriti­sieren Sie auch nie Abwesende, denn Wände haben bekanntlich Ohren und Gerede wirft kein gutes Licht auf Sie.

Andere das Gesicht wahren lassen heißt, sich allein mit dem Sachverhalt auseinander­zusetzen, keinen Mitarbeiter persönlich abzuwerten und ihm nichts zu unterstellen. Bevor Sie etwas beanstanden, fragen Sie, wie alles gekommen ist: „Was ist denn da passiert?“ Hören Sie aktiv und verständnisvoll den Rechtfertigungen zu. Nichts fällt bösartiger auf Sie zurück, als wenn sich jemand ungerecht behandelt und als Mensch zurückgewiesen fühlt.

Danach können Sie fragen: „Wie schaffen wir das aus der Welt?“ Machen Sie auch selbst Änderungsvorschläge, die Sie mit Argumenten untermauern. Erklären Sie die neue Marschrichtung und schließen mit der Frage: „Wäre das in Ihrem Sinne?“

Selbstverständlich muss gegenüber notorischen Quertreibern und permanenten Nach­lässigkeiten ein deutliches Wort gesprochen werden, damit sich etwas ändert. Sie dür­fen sich von niemandem auf der Nase herumtanzen lassen, das würde Ihnen fraglos als Führungsschwäche ausgelegt. Versuchen Sie es zunächst auf die behutsame Tour. Mit dieser weisen Voraussicht lassen sich viele potenzielle Feinde in loyale Mitstreiter ver­wandeln.

 

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