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Karriere im Takt

Der tägliche Hindernislauf um die Fettnäpfchen im Business bringt so manchen aus der Puste. Es geht auch ganz easy – wenn man die „goldenen

Kurzarmhemd oder Hitzschlag?

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Es ist doch eigentlich eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass Männer, die Karriere machen wollen, im Job nur Langarmhemden tragen dürfen. Business-Frauen dagegen ist es gestattet, sich bei Hitze mit kurzärmeligen Blusen Erleichterung zu verschaffen.

Es ist doch eigentlich eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass Männer, die Karriere machen wollen, im Job nur Langarmhemden tragen dürfen. Business-Frauen dagegen ist es gestattet, sich bei Hitze mit kurzärmeligen Blusen Erleichterung zu verschaffen. Wer hat denn bloß diese unmenschliche Regelung erfunden? Die Stil-Trainerinnen und -Trainer? Nein, keineswegs. Es sind vielmehr die alten Traditionen in den Führungsetagen, die nicht so leicht zu knacken sind. Zum Outfit des Gentlemans gehören nun einmal gedeckter Anzug, Krawatte und langärmeliges Hemd, dessen Manschetten am Ende des Jackenärmels 1,5 Zentimeter hervorschauen.

Ja, wo bleibt denn da die Gleichberechtigung, könnte man sich fragen. Männer werden doch eindeutig diskriminiert, wenn man von ihnen verlangt, in einem Langarmhemd zu schmoren und sich einem Hitzschlag auszusetzen – falls es im Haus keine Klimaanlage gibt. Schwitzende Männer, denen das Wasser in den Kragen läuft, sind ja nicht unbedingt ein ästhetischer Anblick. Gut, in legeren Situationen dürfen die Ärmel hochgekrempelt werden. Aber zum Meeting muss bitteschön langarmig behemdet und mit Sakko erschienen werden. Macht es sich der Sitzungsleiter etwas bequemer und erlaubt es auch den Teilnehmern, ihre Jacke auszuziehen und die Krawatte zu lockern, dann Hut ab vor ihm. Ein echter Menschenfreund. Das Gleiche gilt natürlich für umsichtige Meetingleiterinnen.

Doch die strenge Fassade, wie man sich in den oberen Etagen zu kleiden hat, wackelt. Schon hat sich in New York der amerikanische Krawattenverband mangels Mitgliedern aufgelöst, der sechs Jahrzehnte auf edle Etikette achtete. Viele erfolgreiche Männer leisten es sich inzwischen, mit offenem Hemd oder Polo und ohne Sakko ihren Geschäften nachzugehen. Auch öffentlich. Sie wollen nicht mehr wie ihr eigener Buchhalter aussehen. In Zeiten der Selbstbestimmung möchte sich so mancher auch nicht mehr dem Effekt einer strangulierenden Krawatte aussetzen, (genau betrachtet einem einengenden Hemdenknopf) der nach neueren Erkenntnissen das Risiko eines Schlaganfalls oder eines grünen Stars begünstigt. Dies zeugt von Mut und Intelligenz.

Aber es kommt noch dicker. In Japan hat man damit begonnen, den Zwang zu Krawatte und Jackett im Sommer zugunsten der Ökobilanz aufzugeben. Dann müssten die Klimaanlagen nicht mehr auf Hochtouren laufen, heißt es. Das ist natürlich ein prima Argument, die Etikette auszuhebeln und dem Schweiß treibenden Spuk ein Ende zu machen. Gleichzeitig werden durch lässige Outfits bei der ganzen Belegschaft die sozialen Unterschiede verwischt. Auch das ist ein Trend unserer Zeit, die von Hierarchien nicht mehr viel hält. Es sei denn, man gehört zur Spitze.

Man sieht, das Einhalten eines Dresscodes wird immer schwieriger. Was tun? Am besten passt mann sich seiner Umgebung an, ohne aber mit Flip-Flops, Bermudas und T-Shirts ins andere Extrem zu fallen. Der äußere Auftritt hängt zudem von der Erwartung und vom sozialen Status der Geschäftspartner ab, die zu besuchen sind. Vor allem aber vom eigenen Stilverständnis. Professionalität und Kompetenz drücken sich nun mal auch in der Kleidung aus. Ob Männer darauf verzichten wollen? Wir glauben, eher nicht. In unseren Breiten wird immer noch Wert auf korrekte Manager-Kleidung gelegt. Es bleibt der eigenen Souveränität überlassen, sich bei großer Hitze sanft den Richtlinien zu entziehen oder nicht. Mit allen Konsequenzen. Alles in der Welt ist im Umbruch. Auch die Etikette-Empfehlungen.    


1 Lesermeinung

  1. rashia sagt:

    Der Welt geht das Öl aus, und...
    Der Welt geht das Öl aus, und die Menschen hängen noch immer an überkommenen Ritualen wie ‚korrekter Manager-Kleidung‘ und großen Firmenwagen fest. Schade, daß die geistige Evolution soviel länger dauert.

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