Hätte der Bildschirmtext nicht versagt, wäre jetzt etwas fällig gewesen über „’Zeckes’ neue Nike-Kollektion”, aber beim DSF springen sie immer über die 380 hinweg. Wäre ja auch ein ziemlicher hoax, wenn die in Ingolstadt versauernde einstige Identifikationsfigur der Hertha im Karriereherbst noch den Swoosh kriegte. Also, tut mir leid.
Wäre ich Schiedsrichter, würde ich mich hingegen nicht entschuldigen, auch wenn Luiz Felipe Scolari das jetzt verlangt, nachdem seine Mannschaft gegen Arsenal 1:2 verloren hat. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, möchte der Chelsea-Trainer, dass der Schiedsrichter sich die Fernsehaufzeichnung ansieht und angesichts des Abseitsverdachts gegen Robin van Persie sagt: „Sorry.” Mehr will Scolari nicht: „Only this. No more.” Fragt sich bloß, was mit der Entschuldigung gewonnen wäre. Die drei Punkte sind weg.
Mehr Kopfzerbrechen bereitet mir eine andere, eine erfolgte Entschuldigung, deren Begleitgeräusche an einen Staatsakt erinnerten. Denn nun hat Michael Ballack gegenüber dem Bezahlsender Premiere erklärt, inhaltlich habe er nichts zurückzunehmen von dem, was er im Gespräch mit der F.A.Z. gesagt hat. „Bild” und „Kicker” haben sich redlich bemüht, diese Äußerung anzuschärfen – es ist ihnen nicht gelungen.
Warum eigentlich nicht? Ist der DFB zu beschäftigt mit dem Fall des missliebigen Journalisten Jens Weinreich (www.stefan-niggemeier.de/blog/tag/jens-weinreich/)? Hat Theo Zwanziger keine Lust mehr, nachdem er zu Ballack wie zu Weinreich so markige Worte fand? Ist Joachim Löw es leid, aus dem Schwarzwald nach Frankfurt zu reisen? Oder gilt auch hier das Scolari-Prinzip: Dass sich trotz Entschuldigung nichts ändern soll an dem, wovon man sich entschuldet?
Die Frage ist dabei doch, wer klüger handelt. Löw, der schweigt, weil er die Entschuldigung nur darauf bezieht, dass Ballack seine Ansichten öffentlich geäußert hat? Ballack, der sich eben nur dafür, nicht aber für den Inhalt seiner Äußerungen entschuldigt hat? Sein Berater, der ihm nicht empfohlen hat, jetzt einfach mal die Klappe zu halten, sondern ihm womöglich geraten hat, seine Macht auszuloten? Der DFB, der lieber mit symbolischen Gesten hantiert und damit Entschuldigungen zu Vorgängen macht, die sich von beliebigen Inhalten ablösen lassen und zu einer Art rhetorischem Adventsschmuck werden?
Wahrscheinlich ist es doch so, wie ich schon vor ein paar Wochen behauptet habe: Wer bei Ballacks Flug nach Frankfurt an Heinrich des Vierten Gang nach Canossa denkt, liegt nicht ganz daneben. Auch vor fast 932 Jahren war der Papst nicht der Sieger.
<p>Den größten Sieg hat...
Den größten Sieg hat Ballack allerdings im Länderspiel gegen England errungen. Als er nicht auf dem Platz stand. Diese Mannschaft will wirklich niemand noch einmal sehen. Und Ballack kann ab sofort so viele und kritische Interviews geben, wie er will. Ohne ihn ist diese Mannschaft ein schlechter Witz.