Er saß in der Höhle und sah nur die Schatten der Dinge, weil er sich zwar auf der Pressetribüne des Berliner Olympiastadions befand, aber das Spiel überwiegend auf dem Monitor verfolgte. Wir saßen allein zu Haus wie Kevin und grübelten über die erkenntnistheoretischen Probleme, die ein von Steffen Simon kommentiertes Spiel aufwirft: War da überhaupt etwas – und nicht etwa nichts? Was hat er überhaupt gesehen? Er sprach, als ob er nie aufs Spielfeld schaute, und wenn man mal die formale Definition einer Übereinstimmung von Begriff und Sache zugrunde legt, war da nicht gerade viel „Wahrheit“.
Als fürsorgepflichtiger Trainer konnte er natürlich nicht sagen, dass dem sonst im Spielaufbau so wichtigen Kacar kaum etwas gelang, dass Marc Stein auf links überfordert war, wie überhaupt Herthas Abwehr bis auf die letzten zehn Minuten in der Vorwärtsbewegung agierte, als trügen sie alle eine elektronische Fußfessel: Abrupter Stopp kurz vor der Mittellinie, kurzes Abspiel möglichst ohne Risiko und vor allem ohne raumöffnende Wirkung.
Das Pendant dazu, von mir aus auch: die Entsprechung von Begriff und Sache, fand sich im Fernsehstudio. Mehmet Scholl wurde schon beim Versuch der kreativen Gesprächseröffnung von der gewohnt ahnungslosen Monika Lierhaus gebremst wie ein Spieler, dessen Kollegen seine Ideen einfach nicht begreifen. Setzte er analytisch an, wurde er mit Befindlichkeitsphrasen überschüttet und erstickt. Mein Respekt gilt daher dem gequälten Coach Favre, auch wenn der schon noch ein bisschen an seiner Medienpräsenz und Rhetorik arbeiten dürfte. Gefragt, was ihm bei dem entscheidenden Elfmeter von Milan Baros „durch den Kopf ging“, antwortete er: „Nichts.“
<p>Gut. Aber Steffen Simon ist...
Gut. Aber Steffen Simon ist tatsächlich das trübste Licht in der Reporter-Szene. dann schon lieber Alan Simonsen.
<p>Eine Abwehr, deren Chef...
Eine Abwehr, deren Chef Arne Friedrich heißt, wird in der Vorwärtsbewegung bis ans Ende ihrer Tage nicht aktiver sein, als ein – Oliver Kahn oder so.
Aber wieso die sympathische Monika Lierhaus jetzt schon ahnungslos sein soll, bleibt rätselhaft. Wenn da gestern jemand Phrasenmeister war, dann doch wohl der mühsam sein Glätzchen verbergende Mehmet Scholl. Immerhin seine Ursachenforschung der Hertha-Schwäche war originell: Die Berliner seien international so unerfahren, dass sie vergessen haben, rechtzeitig das Spielfeld zu betreten. Das hatte bis dahin noch keiner beobachtet.