Es war ein bisschen mühsam, aber musste ja mal raus, auf „Spiegel online”, dass taz-Redakteur Peter Unfried ein glühender Wolfsburg-Fan ist, und so hat er eine ganz wackelige moralische Legitimation entwickelt, weshalb der VfL die Meisterschaft verdient haben würde, wenn er sie denn gewönne, und er baut dabei natürlich weniger auf eine begründete Argumentation als auf die verbreitete Bayern-Aversion, die jeden lieber als Meister sieht, wenn er bloß nicht aus München kommt.
Mir ist es egal, wer es da oben schafft, als gebürtiger Bielefelder und lebenslänglicher Armine interessiert mich der Kampf im Keller ungleich mehr, da braucht man auch keinen moralischen Hintergrund, sondern Gladbachs Glück, welches der Arminia versagt blieb, die nur zwei ihrer 15 Remisspiele hätte gewinnen müssen, um jetzt vor Gladbach zu stehen – und als Fußballzuschauer, der nun vielen Montagabenden im DSF entgegensieht, halte ich es mit Walker Percys Roman „Der Kinogeher”, für dessen Helden die Erfahrung im Kino zählt und der auch in einem schlechten Film noch irgendwie glücklich ist.
In dieser Perspektive kann man natürlich, was die deutsche Meisterschaft angeht, gar nicht für Wolfsburg sein, weil sie sich in der Champions League nur blamieren und nach der Vorrunde ausgeschieden sein werden. Die klägliche Niederlage im UEFA-Pokal gegen eine ersatzgeschwächte Mittelmaß-Mannschaft wie Paris St. Germain ist mir noch zu gut in Erinnerung. Verlorene Abende werden das sein, was auch für Hertha BSC gelten würde, da braucht man bloß an die Vorstellungen gegen Charkow oder Benfica zu denken, und Stuttgarts trostloser Auftritt in der CL 2007/08 ist ja sowieso nur noch den Älteren geläufig. Man muss sich daher wünschen, dass wenigsten Mannschaften, die international den nötigen Punch und die mentale Stärke haben wie der HSV oder Werder, dabei sein werden, und wenn es auch nur in der Europa League ist. Und mir ist es auch völlig egal, ob Bayern nun unter van Gaal in der CL spielt – von mir aus könnte es auch Gerland oder Scholl sein -, auf jeden Fall wird da ein Team auflaufen, das nicht schon angesichts der geringelten Trikots von Sporting Lissabon weiche Knie bekommt.
Für van Gaal, nur das noch, sehe ich in München keine große Zukunft. Vom Medien-Phänotyp her gleicht er Rehagel oder Heynckes, vielleicht ist er ein wenig militanter und weniger dünnhäutig, aber wenn er nicht schnell Tritt fasst und wenn die Ergebnisse nicht stimmen, ist das ganze Gerede vom gestandenen Fußballlehrer auch nur einer der vielen Hoeneß-Sprüche oder kaiserlichen Parolen mit kurzem Haltbarkeitsdatum.
Ex saltu Teutoburgiensi nulla...
Ex saltu Teutoburgiensi nulla lux! 2000 Jahre nach Hermann dem Cherusker wagen es die blauen Jungs von der Melanchthon-Alm – gleich unterhalb von Bauer Voltmanns Wiesen, wo jetzt das Raumschiff Uni wie Mork vom Ork gestrandet liegt -, doch tatsächlich, mal eine richtige Erfolgsgeschichte in der niedersächsischen Steppe (dort zog Adenauer bekanntlich im D-Zug-Abteil die Vorhänge zu, um das flache vorderasiatisch einsetzende Elend nicht sehen zu müssen) gleich wieder mies zu machen. Vor nicht allzu langer Zeit waren Wolfsburg und Bielefeld fußballerisch das, was der Katholik tiefste Diaspora nennt – waren da nicht sogar die Bälle altsächsisch eckig?! Und um sie herum wuselten rasenwühlende Grau-Gremlins, nur nicht mit so viel Biß. Selbst die arminischen Kirchners und Schröders (das war sehr bald nach Varus) ragten nur mühsam über das cheruskische Zwergenmaß hinaus – und ein Hanke sagte “Nein, Danke”. Doch jetzt – welche “Itio in partes”! Wolfsburg wagt wenigstens den Satz “Per aspera ad astra”, auch wenn am Ende das Schicksal als Grün-Flokati-Bettvorleger wartet. Bielefeld dagegen sollte alsbald die Chance zum Abstieg in Orcum wahrnehmen – per ardua ad Acherontem. Statt Vau-Weh nur O-Weh.
P.S. Ich bin ein alter Bielefelder … und könnte jederzeit den Beweis antreten, daß es Bielefeld gar nicht gibt.
P.P.S. Unfried hat schon auf Wolfsburg gesetzt, als die Wölfe noch auf Graue-Maus-Format heulten. TAZ schlägt eben FAZ.