Es ist, zugegeben, riskant, die Wörter Effenberg und intelligent in einem Satz zu benutzen, aber der Ex-Bayern-Leader hat nun mal gesagt, der Weg in Hoeneß’ Büro wäre für Philipp Lahm intelligenter gewesen. Da man jedoch davon ausgehen darf, dass Philipp Lahm nicht dumm ist, wird er schon gewusst haben, warum er nicht dorthin gegangen ist, wobei, ganz nebenbei, auffällt, dass die Interviews mit der größten Wirkung eben nicht auf dem Boulevard stattfinden. Deshalb überrascht es auch nicht, dass inzwischen jemand Verständnis für Lahm geäußert hat, der mit seinem Interview in der F.A.Z. für so viel Tumult gesorgt hatte: Michael Ballack. Und wie Michael Ballack hat sich auch Lahm inzwischen entschuldigt, weil dieses Reinigungsritual nun mal dazu gehört, obwohl es kein Iota von dem aus der Welt schafft, was er der „Süddeutschen Zeitung” gesagt hat.
Bislang hat auch noch niemand bestritten, dass Lahm mit seinen Anmerkungen Recht hat, noch nicht mal das markige bayerische Strafgericht. Die Frage, die bleibt, ist daher: Warum Lahm das vom Verein nicht autorisierte Interview gegeben hat, dessen Folgen ihm mit Sicherheit klar waren, die hohe Geldstrafe und die fällige öffentliche Entschuldigung inklusive. Hier ein paar Erklärungsmöglichkeiten:
1) Die kommunikative Situation bei Bayern München ist so, dass ein Führungsspieler eben nicht einfach in Hoeneß’ Büro oder zum Trainer gehen, seine Einschätzung äußern und hoffen kann, dass er damit etwas bewegen würde. Was auch heißt: Sollte Philipp Lahm womöglich doch schon mal bei Hoeneß gewesen sein oder sich als stellvertretender Kapitän an den Trainer gewandt haben, wird er keine Antworten bekommen haben, die ihn zufriedengestellt haben.
2) Der Zustand der Mannschaft, was Teamgeist und Hierarchie angeht, ist so desolat, dass Lahm sich das nicht länger hat ansehen mögen. Und die Bereitschaft der Verantwortlichen, sich Fehler in der Transferpolitik nicht nur einzugestehen, sondern aus dieser Erkenntnis auch Konsequenzen zu ziehen, ist nicht vorhanden. Lahm hat darauf reagiert, weil er entweder an dem Verein, dem er seit seinem 11. Lebensjahr angehört, hängt, oder aber, weil er den Verein verlassen möchte und mit dem Interview günstige Bedingungen für seinen Abgang geschaffen hat, womöglich schon in der Winterpause.
3) Man muss sich auch gar keine (letztlich moralische) Entscheidung darüber anmaßen, ob Lahm nun eher seine eigenen Interessen hat verfolgen oder aber im Sinne des Teams hat handeln wollen, weil das eine wie das andere Motiv aus der konkreten Situation beim FC Bayern erwachsen ist. Weshalb Hoeneß’ Replik, Lahm möge sich an die eigene Nase fassen, wie ein Bumerang gleich wieder zu ihm zurückgeflogen ist.
Man könnte das Ganze Lahms Dilemma nennen, der durch Schweigen nichts geändert hätte und der durch die Veröffentlichung seiner Einschätzung vermutlich auch nichts verändern wird. Dass er sich für die zweite Variante entschieden hat, spricht für ihn; dass sein von Hoeneß verunglimpfter Berater ihn bei der Wahl des Mediums vernünftig beraten hat für dessen Geschick. Wenn man allerdings Effenberg genau zuhört, der, vermutlich gestützt auf eigener Erfahrungen, eine ablehnende Haltung der Mannschaft gegenüber Lahm prophezeit, kann man sich leicht ausmalen, wie es in einem Team zugeht. Obwohl Lahm ja weder Mannschaft noch Trainer, sondern einzig und allein Vorstand und Management kritisiert hat. Lahms Dilemma wird so leicht nicht zu lösen sein.
Philip Lahm hat im SZ...
Philip Lahm hat im SZ Interview sehr wohl auch seine Mitspieler kritisiert! 1. Er bemerkte dass manche aus Furcht vor der neuen Video-Nachspielkritik falsche “sichere” Paesse schlagen, die dem Spiel schaden und 2. dass im Mittelfeld keiner da sei, den man anspielen koenne, damit der Ball nach vorne kommt. Also wer beim FC Bayern z.B. Mittelfeldspieler ist wird dadurch doch direkt angesprochen :-)!