Eins gegen Eins

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Immer am Ball – das Fußball-Blog. Mal spielen wir Doppelpass, mal kommen wir gut in die Zweikämpfe, und mal suchen wir allein den Abschluss.

Der Bielefelder Patient

Wenn das ein „positives Gespräch"  war, welches Arminia-Verantwortliche vor gut einer Woche mit Vertretern der DFL führten, dann möchte ich...

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Wenn das ein „positives Gespräch”  war, welches Arminia-Verantwortliche vor gut einer Woche mit Vertretern der DFL führten, dann möchte ich lieber nicht wissen, was für den Geschäftsführer ein „negatives Gespräch” ist. Geldstrafe und Punktabzug drohen, weil man offenbar, ähnlich wie die TuS Koblenz, beim Lizensierungsverfahren ein bisschen mit den Zahlen jongliert hat, bis sie schöner aussahen, als sie waren. Zeitgleich ist ein merkwürdiger Kredit ans Licht gekommen, ein Kredit- und Kooperationsvertrag, genauer gesagt, zwischen den Städtischen Kliniken in Bielefeld und der Arminia. Obwohl laut Detmolder Bezirksregierung daran juristisch nichts zu beanstanden war, dass aus Parkraumbewirtschaftung (großartiges Wort!) und Caféteria-Überschüssen der Kliniken ein Kredit in Höhe von 250.000 Euro gegeben wurde, möchte die Bezirksregierung solche „atypischen Kreditgeschäfte” künftig nicht mehr vorkommen lassen.

Als Laie in solchen Geldgeschäften nimmt man das zur Kenntnis, wundert sich ein bisschen über die vergleichsweise geringe Summe – ist der Verein so klamm? – und den eher vagen Zweck, dass nämlich Arminia-Spielern im Krankheits- und Verletzungsfall der Besuch der Kliniken empfohlen werden soll; wirklich beunruhigt ist man bloß, dass die Arminia auf der Suche nach Kreditgebern ausgerechnet an ein Krankenhaus gerät. Mir kommt das wie eine symbolische Überdosis vor und erinnert mich daran, bei einem Jugendfußballturnier mal eine Mannschaft aus Berlin-Marzahn gesehen zu haben, auf deren Trikots sich ein örtliches Bestattungsunternehmen als Sponsor verewigt hatte. Muss man das finanzielle Siechtum und die sportliche unbefriedigende Situation wirklich derart nach außen wenden?

Wie die Mannschaft auf diese Nachrichten reagiert, darüber lässt sich nur spekulieren, sie hat vermutlich auch so schon genug mit sich selbst zu tun und wird nicht allzu viel psychologische Schubwirkung ziehen können aus der 0:3-Niederlage von St. Pauli in Kaiserslautern, denn sie ist kaum mehr dieselbe, welche sich unglücklich und unverdient mit 0:1 in K’lautern geschlagen geben musste, obwohl dieselben Spieler noch immer auf dem Platz stehen. Woran das liegt, ist schwer zu sagen. Die Tabula-rasa-Mentalität jedoch, die aus vielen Stimmen in den Foren der Lokalpresse spricht, die den Trainer und den Vorstand sofort verschwinden sehen will, ist eine Mischung aus Hysterie und narzisstischer Kränkung. Es gibt im Fußball keine tabula rasa, so wenig wie es ein Spiel ohne Fehler gibt. Und wenn man es trotzdem mit dieser Methode versucht, die ja unverkennbar hinter der Ein-Spieltags-Lösung Jörg Berger stand, bleibt der Erfolg natürlich aus.

Ich halte Thomas Gerstner nach wie vor für einen guten, aber nicht großartigen Trainer. Die zehn, zwanzig Prozent mehr, die in der Mannschaft stecken mögen, kann er nicht zum Vorschein bringen; diesen Mangel teilt er aber mit zwei Dritteln der Zweit- und auch Erstligatrainer. Sollte die Arminia sich am Sonntag endgültig aus dem Kreis der Aufstiegsaspiranten verabschieden, muss man halt die Saison mit Anstand zu Ende spielen und nachzudenken beginnen, wie man aus dem Rumpfteam, das in dem bescheideneren finanziellen Rahmen dann bleiben wird, eine konkurrenzfähige Mannschaft bauen kann – mit oder ohne Gerstner.

Denn nicht nur in Bielefeld scheint mir das Problem weniger der Trainer zu sein. Es ist in vielen Fällen der Manager, ob er nun Dammeier heißt oder Schmadtke oder Bader oder Preetz beziehungsweise Dieter Hoeneß, ob er nun einen großen oder eher kleineren Ausgabenetat zur Verfügung hat. Man braucht ja nur zu vergleichen, wie St. Pauli sich verstärkt hat oder Augsburg oder Kaiserslautern, und es ist auch gleichgültig, ob es sich dabei um Leihgeschäfte handelt oder um Einkäufe; es ist auf jeden Fall klüger, als sich, wie Arminia, um Simak zu bemühen, der als Rehabilitationsfall nicht zur Mannschaft, sondern nur zum Klinikumskredit gepasst hätte. Nun ist es sowieso zu spät, und wenn die Arminia die Saison auf Platz 5 oder 7 oder sonst wo abschließen sollte, dann wird auch Dammeier für seine Transferpolitik einstehen müssen – wie die Absteiger-Manager der ersten und die zu wenig erfolgreichen der zweiten Liga. Das ist so etwas wie die Patientenverfügung des Fans im Fußball.