Eins gegen Eins

Eins gegen Eins

Immer am Ball – das Fußball-Blog. Mal spielen wir Doppelpass, mal kommen wir gut in die Zweikämpfe, und mal suchen wir allein den Abschluss.

Vergesst Kuranyi! Denkt an Südafrika!

Die K-Frage war bisher ja eher in der Politik zu Hause, im Fußball hat es bisher nur zur T-Frage gereicht, aber mit Kevin Kuranyi kommt nun gleich die...

Die K-Frage war bisher ja eher in der Politik zu Hause, im Fußball hat es bisher nur zur T-Frage gereicht, aber mit Kevin Kuranyi kommt nun gleich die Doppel-K-Frage, wie sich überhaupt die ganze Nationalmannschaft mittlerweile zu einem großen Fragezeichen verformt. Adler? Doch Neuer? Womöglich Wiese? Auch die I-Frage brennt: Wer soll, neben dem derzeit formschwachen Per Mertesacker, in der Innenverteidigung spielen? Wer rechts, wenn Lahm links spielt? Bitte nicht Arne Friedrich, der jetzt auch seinen Soli-Beitrag in Sachen Kuranyi geleistet hat! Wer links, wenn Lahm doch auf Rechts verteidigt? Oder die M6-Frage, die nichts mit dem BMW-Modell zu tun hat: Kann Schweinsteiger im Mittelfeld den Sechser, den Frings von 2010, machen? Und wer spielt neben Ballack und Schweinsteiger? Özil, Marin? Khedira, Kroos? Müller? Und wer davor?

Angesichts all dieser nun wirklich gravierenden Besetzungsprobleme ist es dann doch ziemlich belanglos, ob Kuranyi wiederkommen soll oder nicht. Populistisch aufgebläht, um nebenbei auch noch ein paar Klicks mehr bei Internetabstimmungen zu erzielen, lenkt die KK-Frage von dem ab, was nicht nur den Bundestrainer quält. Natürlich ist auch schon jemand auf den Gedanken gekommen, sich bei Martin Max zu erkundigen, dem zwei Mal verschmähten Bundesliga-Torschützenkönig, der prompt sagte, er würde den Schalker mitnehmen. Was hätte er denn auch sonst sagen sollen?

Michael Horeni hat in der FAZ heute analytisch nüchtern, jenseits von Für und Wider, endlich mal festgestellt, dass Kuranyi nicht in das taktische System passt, das Löw mit guten Gründen favorisiert. Was die Anschlussfrage hervorruft, warum Löw seine taktischen Überlegungen nach einem Mann ausrichten sollte, der in seinen mehr als fünfzig Länderspielen praktisch nie überzeugen konnte, selbst dann nicht, wenn er im Verein gut spielte? Das Lächerlichste an der ganzen Debatte ist allerdings noch etwas anderes: Dass sie Kuranyi völlig bewusstlos, vielleicht sogar gegen den Willen seiner Fürsprecher, zum Heilsbringer für eine Nationalmannschaft macht, deren Baustellen sich nicht auf den Angriff beschränken; und dass sie eine Frage des Spielsystems zu einer Charakterfrage verbiegt, wenn immer wieder verlangt wird, Löw solle „über seinen Schatten springen”.

Von mir aus kann Kuranyi jetzt gerne seinen Urlaub buchen, ebenso wie im Übrigen Lukas Podolski, der nach der öffentlichen Ohrfeige gegen Ballack und nach dem Ausraster im Anschluss an das Argentinien-Spiel abschiedsreifer ist, als Kuranyi es jemals war, auch weil er ganz offensichtlich nicht smart genug ist, um mit öffentlichen Druck anders umzugehen als ein verzogenes Kind. Von  Leistungskriterien braucht man gar nicht erst zu reden. Und den spielenden Stürmer, den Löw sich wünscht, hat er in Marin ja schon auf der Bank, er müsste sich bloß entschließen, ihn auch mal spielen zu lassen. Ob nun mit Gomez, Kießling oder Klose.

Und egal, ob Schalke nun Meister wird – was man selbst als Nicht-Bayern-Fan nicht hoffen möchte – oder doch nur Zweiter, aus dem Schalker Saisonverlauf könnte sich auch eine ganz andere Variante ergeben: Warum eigentlich, nachdem der begabte, aber leider ziemlich unberechenbare Jerome Boateng seine Chancen nur andeutungsweise nutzen konnte, warum probiert Löw es in der Innenverteidigung nicht mal mit Benedikt Höwedes, der eine überragende U-21-Europameisterschaft und eine sehr gute Bundesligasaison gespielt hat? Schwächer als Tasci oder Westermann ist er nicht, weder im Stellungsspiel noch in der Spieleröffnung, ein eingespieltes Duo existiert nicht. Wenn alle derzeit auf Schalke schauen, könnte man das eigentlich auch mal sehen.