Eins gegen Eins

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Immer am Ball – das Fußball-Blog. Mal spielen wir Doppelpass, mal kommen wir gut in die Zweikämpfe, und mal suchen wir allein den Abschluss.

Abschied von Arminia

| 4 Lesermeinungen

  War kein gutes Wochenende für Berliner und Bielefelder in Berlin. Eigentlich wollte ich gar nicht nach Köpenick fahren, es ging ja um nichts mehr,...

 

Bild zu: Abschied von Arminia

War kein gutes Wochenende für Berliner und Bielefelder in Berlin. Eigentlich wollte ich gar nicht nach Köpenick fahren, es ging ja um nichts mehr, doch als dann bekannt wurde, dass das Loch im Arminia-Etat nicht bloß sechs oder sieben, sondern 12 Millionen Euro groß ist, da streifte mich dann doch so etwas wie ein Hauch Geschichtsbewusstsein. Die trübe Aussicht, beim womöglich vorletzten Auftritt im Profifußball für die nächsten Jahre dabei zu sein, gab einem bedeutungslosen Spiel eine unerwartete historische Dimension, der man sich als Fan nicht entziehen kann.

Sechs Millionen Euro braucht Arminia, um Insolvenz und Lizenzentzug zu entgehen, sechs Millionen aus dem Haushalt einer Stadt, die mit rund 150 Millionen verschuldet ist und deren Haushalt unterm Kuratel der Bezirksregierung steht, die also gar nicht allein entscheiden kann, ob sie das Geld geben will. Und wenn man sich ansieht, wie der Vorstand in den letzten Jahren gewirtschaftet hat, dann könnte man es keiner Instanz, sei sie nun staatlich oder privatwirtschaftlich, verdenken, wenn sie die Rettung verweigerte. Selbst wenn in der kommenden Woche die Satzung geändert werden sollte und damit, angeblich, die Weichen für professionelleres Management gestellt würden, selbst dann flösse ja nicht automatisch die benötigte Summe. Bleiben die sechs Millionen aus, dann wäre der Verein am Ende, die Rückversetzung in die Regionalliga unausweichlich und für die Rückkehr in den bezahlten Fußball eine Agenda 2020 fällig.

Doch auch wenn das Geld käme, wären die Aussichten für die kommende Saison düster, weil jeder Spieler, für den sich auf dem Transfermarkt noch eine mittlere sechsstellige Summe erzielen lässt, verkauft werden müsste, zu welchem Zweck man einen ehemals mittelmäßigen Arminia-Spieler, der heute ein (lizenzloser) unbedeutender Spielervermittler ist, verpflichtet hat. Man muss auch diesen strategischen Zug gar nicht weiter kommentieren, das tut er von ganz allein, sondern sich nur noch fragen, ob man lieber Not möchte oder Elend, ob man Spiele im Tabellenkeller der zweiten Liga mit deutlicher Abstiegsperspektive oder Regionalliga-Fußball mit begabten Spielern aus Arminias U23 und mit schmaler Aufstiegsperspektive vorzieht.

Das Spiel an der Alten Försterei machte einem die Antwort auf diese Frage nicht leichter. Historisch war da gar nichts, es war die Begegnung zweier mittelmäßiger Mannschaften, von denen die eine noch etwas wollte und die andere mehr damit beschäftigt war, nicht schon jetzt auseinanderzufallen, als Fußball zu spielen. Dass die Arminia das besser besetzte Team mit den überlegenen Einzelspielern stellte, war zwar nicht zu übersehen, doch dem biederen, uninspirierten, aber mannschaftlich geschlossenen Fußball der sogenannten Eisernen hatten sie nichts entgegenzusetzen. Ungenügendes Zweikampfhalten, Schongang im Bewegungsspiel, schlampige Pässe, statisches Hin- und Hergeschiebe der Viererkette – das wundert einen aber nicht wirklich, weil es eher erstaunlich ist, dass die Arminia sich nicht so demonstrativ gehen lässt wie der HSV neulich in Hoffenheim. Es war ein Spiel, das die Arminia der Vorrunde vergleichsweise mühelos für sich entschieden hätte; jetzt, am 33. Spieltag, war da nur zu sehen, wer sich noch eine Chance ausrechnet, in der nächsten Saison Profifußball zu spielen, allerdings wohl kaum in der ersten Liga.

Historisch war allein der Sarkasmus, mit dem einige Fans im Gästeblock die traurige Vorstellung kommentierten. „Nie wieder zweite Liga”, sangen sie schon lange vorm Schlusspfiff, und wenn die Dinge sich so entwickeln, wie man befürchten muss, könnte das sogar noch eine realistische Perspektive werden. Und wir können, frei nach Goethe, sagen, wir seien dabei gewesen, an diesem 2. Mai an der Alten Försterei.

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4 Lesermeinungen

  1. pkoerte sagt:

    @derherold
    Gewundert hat mich...

    @derherold
    Gewundert hat mich auch, dass in letzter Zeit bei der Erörterung des Finanzlochs das Thema Stadionveräußerung gar nicht mehr auftauchte. Die Zahlen allerdings, die vor Monaten dazu genannt wurden, schwankten so erheblich, dass ich sofort den Verdacht hatte, da würden sich einheimische Finanzgenies wieder einmal die desolate Lage schönrechnen.
    Man kann nur hoffen, dass die Entscheidung über Rettung oder Insolvenz sehr, sehr bald fällt, denn, egal wohin der Weg führt, es muss für die neue Saison Planungssicherheit geben, wenn man einen neuen Trainer verpflichten, Verträge auflösen und erneuern und den gesamten Verein neu ausrichten will.

  2. derherold sagt:

    Es wäre doch toll, wenn man...
    Es wäre doch toll, wenn man einfach eine Liga tiefer mit “jungen, hungrigen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs” antreten und den Verein finanziell konsolidieren könnte.
    Nur kann das nicht funktionieren, weil auch in der 3. Liga unter Profibedingungen trainiert und gespielt wird … aber nicht ansatzweise die gleichen TV-Gelder wie in der 2. Liga kassiert werden. Man kann besser mit einer Mannschaft mit “jungen, preiswerten Spielern” in der 2.Liga antreten und beten, daß man sportlich überlebt.
    Das Grundproblem bleibt: “Man” hat sich verkalkuliert, als man glaubte, als Sportverein mit einem eigenen Stadion finanziell voranzukommen – die Stadt freut sich ein Loch ins Bein, weil man die Kosten für die Infrastruktur losgeworden ist und die Vereinsfinanzchefs lernen, daß ihr “Immobilienbesitz” sie arm macht.
    Ich vermute – ohne die Zahlen zu kennen – daß eine Übertragung (ich traue mich nicht, “Verkauf” zu sagen) der Ex-Alm an die Stadt die einzige vernünftige Lösung ist.

  3. pkoerte sagt:

    @s.fiebrig
    Beim 1:1 war die...

    @s.fiebrig
    Beim 1:1 war die Serie ja schon längst zu Ende, und der Niedergang hatte eingesetzt.
    Ich halte, wie oben schon geschrieben, auch nichts davon, dass die Stadt jahrelange Misswirtschaft auch noch honoriert, nicht einmal dann, wenn die Stadt aus dem Vollen schöpfen könnte. Wenn man sich in den Fan-Foren der Arminia umsieht, findet man nur wenige, die das allen Ernstes von der Stadt fordern, und ich bezweifle auch, dass das jüngste Einspringen der Stadt Aachen für die Alemannia die Misere dort mittelfristig beseitigen wird.

  4. s.fiebrig sagt:

    "Es war ein Spiel, das die...
    “Es war ein Spiel, das die Arminia der Vorrunde vergleichsweise mühelos für sich entschieden hätte”… Das Spiel in der Hinserie endete 1:1 in Bielefeld.
    Wieso sollte eigentlich der Steuerzahler ein bail-out eines Profiklubs finanzieren? Eine interessante Frage. Die negativen Beispiele aus Gelsenkirchen und Kaiserlautern zeugen davon, dass solch ein Verhalten offensichtlich opportun ist. Mir stellt sich die Frage nach der Motivation der Entscheidungsträger.

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