Eins gegen Eins

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Immer am Ball – das Fußball-Blog. Mal spielen wir Doppelpass, mal kommen wir gut in die Zweikämpfe, und mal suchen wir allein den Abschluss.

Vor dem Argentinien-Spiel: Fürchtet Tevez!

Manche lesen morgens den Wetterbericht oder das Horoskop, wir lesen, was die hochgeschätzten Spielanalytiker von Zonalmarking schreiben, die es in den zwei...

Manche lesen morgens den Wetterbericht oder das Horoskop, wir lesen, was die hochgeschätzten Spielanalytiker von Zonalmarking schreiben, die es in den zwei fußballfreien Tagen auch geschafft haben, „tactical previews” zu den Spielen Niederlande gegen Brasilien und Argentinien gegen Deutschland zu erstellen. Der Deutschland-Report endet mit den salomonischen Worten: „Obwohl Argentinien der Favorit ist, scheint Maradona vor diesem Spiel vor den größeren Problemen zu stehen.”

Das macht natürlich Hoffnung, nachdem die Passagen, welche in dieses Resumee münden, einen eher zur Skepsis tendieren ließen; Hoffnung darauf, dass Maradonas Taktik- und Coaching-Künste ihn zu folgenreichen Entscheidungen verleiten, auf welche der sicherlich bessere Analytiker Löw die passende Antwort findet.

Mit Recht weist die Vorschau darauf hin, dass Schweinsteiger und Khedira sich bislang noch keinem angreifenden zentralen Mittelfeldspieler gegenüber gesehen haben, „ganz zu schweigen einem so talentierten wie Messi”. Davon ausgehend, dass Messi hinter Higuain und Tevez spielen wird, sieht Zonalmarking Schweinsteiger als den Mann für einen „try and tackle the world’s best player  job”, was nicht mit Manndeckung zu verwechseln ist. Inwieweit das Schweinsteigers Offensivdrang einschränkt, der sowohl gegen Ghana als auch gegen England für wichtige Energieschübe sorgte, ist ungewiss. Auch zu Özil haben sich unsere Raumdecker interessante Gedanken gemacht: „Wenn Mascherano der einzige echte zentrale Mittelfeldmann bei Argentinien ist und versucht,  Özil den Weg zum Tor zu versperren, wird das Räume öffnen, in die Khedira hineinstoßen kann.”

Klingt ja auch ganz erfreulich, lässt aber ein wenig außer Acht, wie schwer zunächst einmal die Balleroberung werden könnte, wenn Maradona zum Beispiel eben doch Veron neben Mascherano stellt und damit eine Voraussetzung für mehr Ballkontrolle, längere Passfolgen und damit auch für längere deutsche Laufwege etabliert.

Ich halte jedoch weniger Messi als Tevez für die große Herausforderung an die deutsche Abwehr. Er geht weite Wege und weicht auf die Flügel aus; gegen Nigeria hat er eher auf der rechten, gegen Südkorea und Mexiko auf der linken Seite gespielt. Das schafft zwar keine Zuständigkeitsprobleme in der deutschen Deckung, bedeutet aber, dass ein so laufstarker und durchsetzungsfähiger Mann wie Tevez sehr schnell herausfinden wird, wo die Schwachstelle liegt: bei Boateng (oder Badstuber) nämlich. Und je mehr Tevez den beschäftigt, desto mehr Raum entsteht auch für einen aufrückenden Messi, der, genau wie Robben, über seine rechte Seite kommt, um mit dem linken Fuß abschließen zu können.

Umgekehrt würde man sich natürlich freuen, wenn Maradona seine Abwehr ein wenig umbauen würde. Mir wäre sehr recht, wenn Gutierrez für Otamendi käme, weil ersterer deutlich offensiver agiert, nicht der schnellste ist und im Spiel gegen Nigeria Fehler gemacht hat, die ein Podolski oder Özil vermutlich besser zu nutzen wüssten. Walter „die Wand” Samuel dagegen scheint noch immer nicht einsatzfähig zu sein, so dass Demichelis Chef im Ring bleibt. Daraus muss sich doch etwas machen lassen!

Und dennoch: Es gibt genügend Grund zu jener Nervosität, die ein erstaunlich kühl reagierender Maradona aus Schweinsteigers Verbalattacke schon ganz richtig herausgelesen hat. Mir hat diese kleine rhetorische Grätsche nicht eingeleuchtet, weil sich ihr Zweck zu leicht ins Gegenteil verkehren kann. Denn sind die Argentinier so, wie Schweinsteigers Polemik sie zeichnet, dann macht sie die Attacke nur noch heißer, und das muss nicht Schläge und Tritte bedeuten, sondern mehr Druck und Leidenschaft, als usneren Amateurpsychologen lieb sein dürfte.