Eins gegen Eins

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Ziege grüßt Murmeltier – Zwischen Barcelona und Bielefeld

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Klingt anmaßend oder kurios, die Überschrift, ich weiß, ist ein Unterschied wie, sagen wir mal, zwischen Himmel und Hölle, aber manchmal schafft man das...

Klingt anmaßend oder kurios, die Überschrift, ich weiß, ist ein Unterschied wie, sagen wir mal, zwischen Himmel und Hölle, aber manchmal schafft man das sogar innerhalb von 48 Stunden. Am Samstagabend war ich erstmals im Camp Nou in Barcelona, einem der Orte, an dem man als Fußballfan einfach mal gewesen sein muss, und der Zufall wollte es, dass es ein Spitzenspiel gab, auf das man sich durch die Lektüre der täglichen Zeitung „Sport” bis zur Erschöpfung vorbereiten konnte. Selbst wenn man das Spanische nur rudimentär beherrscht (am Katalanischen wäre ich komplett gescheitert), merkt man, dass weder vor noch nach dem Spiel irgendetwas publizistisch unberücksichtigt bleibt.

Die erste Halbzeit gehörte dem Team aus Valencia, das klug und nicht allzu tief stand und, begünstigt von einigen überraschenden technischen Fehlern, den Barca-Flow immer schon im Ansatz erstickte. Erstaunlich war erneut, wie leidenschaftlich das Publikum sein kann, ohne sich mit Fahnen, Tröten, Feuerwerkskörpern und anderen Hilfsmitteln hochzurüsten. Ein kleiner Fanblock in der Südkurve, mit Barca- und katalanischen Farben, kein erkennbarer Gästeblock des FC Valencia, man hatte fast den Eindruck, der junge Mann mit dem Valencia-Schal in unserer Nähe sei der einzige Unterstützer. Entsprechend wenig Polizei fand sich rund ums Stadion, und wenn sich nach Spielschluss auch nicht alles so reibungslos auflöste wie im Bernabeu-Stadion, wirkte es doch alles viel gelassener und entspannter als nach einem beliebigen Zweitligaspiel von Hertha BSC.

Es lag vielleicht auch am Ergebnis, denn nach der Pause drehte Barca auf, einer dieser unnachahmlichen Xavi-Pässe auf Iniesta sorgte für den Ausgleich, ein Puyol-Kopfball, ebenfalls nach Xavi-Vorarbeit, für den Sieg, und nur wegen der notorischen Abschlussschwäche der Katalanen blieb es beim 2:1. Und wenn man so weit oben sitzt, wenn man fast schon auf der Vogelperspektive aufs Spielfeld schaut, dann sieht man selbst an einem Tag, an dem Barca unter seinen Möglichkeiten blieb, welche phantastische Raumaufteilung zu diesem Kombinationsspiel gehört. Dort, wo man auf der Taktiktafel einen Spieler hinziehen würde, steht längst einer, und kaum möchte man dem träge trabenden Messi zurufen, er solle sich mal bewegen, ist er schon in der Balleroberung. Ein Abend, denn ich so schnell nicht vergessen werde.

Manchmal wünscht man sich da schon, das Schicksal hätte einen zum Anhänger einer Mannschaft wie Barcelona gemacht, und dieser Wunsch wird noch stärker, wenn man 48 Stunden später vorm Fernseher sitzt und nach 15 Minuten eigentlich schon das Gerät ausschalten möchte. 0:3 stand es da beim Gastspiel des MSV Duisburg auf der Bielefelder Alm, und ich wusste nicht, ob Tränen der Verzweiflung, Häme, Zynismus oder Stoizismus die passende Antwort auf diese Vorstellung waren. Stattdessen habe ich weiter zugesehen, wie ein ziemlich erbärmlicher MSV mühelos eine Arminia in Schach hielt, für deren Spiel mir das geeignete Attribut fehlt. Und zwischen Bielefeld und Barcelona lag auf einmal unendlich viel mehr als knapp 1300 Kilometer

Auch Christian Ziege wirkte hinterher vor der Kamera wie zerstört. Und es war nicht so, dass ihm die Worte weggeblieben wären, ich hatte eher den Eindruck, er musste heftig darum kämpfen, nicht auszusprechen, was ihm durch den Kopf ging, weil das vermutlich zum sofortigen Ende seiner Beschäftigung geführt hätte. Seine Äußerung, er komme sich vor wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier” war ja noch eine eher diplomatische Formel. Um allzu viele Tage dürfte er seinen Job damit allerdings auch nicht verlängert haben. „Zieges Entlassung steht wohl kurz bevor”, heißt es heute lakonisch beim Sportinformationsdienst. Die Frage ist nur, wer mit diesem Kader in diesem Zustand noch arbeiten will; und was, wer willens (und bezahlbar) ist, da noch herausholen kann. Wenn ich lese, dass der alte Arminia-Heros Ansgar Brinkmann nach Uwe Rapolder ruft, dann ist diese Einfallslosigkeit eher Teil des Problems. Mittlerweile hoffe ich nur noch, dass der SV Babelsberg in Liga 3 die Klasse hält – dann ist es nächste Saison von Berlin aus nicht so weit zum Arminiaspiel.


4 Lesermeinungen

  1. pkoerte sagt:

    @Schlemo: Bei mir ist der...
    @Schlemo: Bei mir ist der erste Almbesuch mittlerweile 41 Jahre her, und viel schlechter war’s in der Tat selten, die Jahre im Amateurlager mal nicht gezählt. Das Beste wäre ohnehin gewesen, wenn Oenning gekommen wäre, für den sich Dammeier vor Saisonbeginn sehr stark gemacht hat. Aber der ist ja nun leider beim HSV. Und abgesehen davon, dass mir Ziege auch ein bisschen Leid tut – nach dem Auftritt gestern auf Sport1 geht es gar nicht mehr, da war ja klar, dass er sein Team selber schon aufgegeben hat oder zumindest nicht mehr daran zu glauben scheint, er könne noch etwas erreichen. Und gegen Rapolder hätte ich ja nichts – glaube nur nicht, dass er unter den Bedingungen bereit wäre, wenn der Verein ihn wollte, er kennt den Laden viel zu gut.

  2. Schlemo sagt:

    Das stimmt, Rapolder wird mit...
    Das stimmt, Rapolder wird mit großem Abstand immer wieder genannt. Warum also nicht? Er hat der Mannschaft damals ein klasse Spielsystem verordnet. Auch wenn das jetzt nicht 1:1 wieder so klappt, wird es allemal besser sein, als das, was wir derzeit erleiden müssen. Ich gehe seit 36 Jahren auf die Alm, aber so niedergeschlagen wie nach der 14. Minute gestern war ich wohl noch nie. Man mag nicht einmal pfeifen und schimpfen. Die Jungs können es einfach nicht besser. Und wo soll man dann ansetzen, wenn nicht beim Trainer? Geld für Verstärkungen – da haben Sie zweifellos recht – wird auch in der Winterpause nicht da sein. Zumal der kalkulierte Zuscheuerschneitt um 30% unterboten wird und die 2. Pokalrunde (in lautern) das sichere Aus bedeutet.

  3. pkoerte sagt:

    @Schlemo: Stimme völlig zu,...
    @Schlemo: Stimme völlig zu, dass Arminia seit ewigen Zeiten nicht besser gespielt hat als unter Rapolder (und zum Teil noch unter von Heesen). Mein Problem liegt darin, dass immer wieder dieselben Namen fallen, wenn ein Trainer auf der Kippe steht. Das war schon bei Gerstner so. Es hatte ja seine Gründe, dass Rapolder gegangen ist, als Köln lockte. Kann mir auch kaum vorstellen, dass Rapolder wollte, wenn man ihn fragte, denn den Kader hat ja Ziege wesentlich mit zusammengestellt, und für Ergänzungen/Verstärkungen ist wohl kein geld da, schon gar nicht, wenn man den Traienr wechselt.

  4. Schlemo sagt:

    Unter Rapolder hat Arminia in...
    Unter Rapolder hat Arminia in den vergangenen 20 Jahren den schönsten Fußball gespielt. Warum also nicht? Ziege ist seit 4 Monaten sportlicher Leiter des DSC und es ist nicht einmal der Ansatz von Struktur im Spiel der Mannschaft erkennbar. Das hat einfach keinen Zweck mehr.

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