Eins gegen Eins

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Ende der Ödnis – Warum die Champions League reformiert gehört

Wie langweilig und vorhersehbar war die Gruppenphase der Champions League, wenn selbst ein selten vom Glück gesegneter Tipper wie ich 15 (von 16) Richtige...

Wie langweilig und vorhersehbar war die Gruppenphase der Champions League, wenn selbst ein selten vom Glück gesegneter Tipper wie ich 15 (von 16) Richtige erzielt? Als ich nach der Auslosung am 26. August an dieser Stelle prophezeite, wer ins Achtelfinale einziehen wird, hatte ich eher gedacht, gerade weil es so absehbar war, würden mich die Ergebnisse aus der Bahn werfen. Nun habe ich gerade mal Kasan für stärker als Kopenhagen gehalten. Hätte mal darauf wetten sollen, auch wenn die Quote sicher bescheiden gewesen wäre.

Was einen zu der Kritik bringt, die jetzt sehr vorsichtig an der Gruppenphase geäußert wurde, von Matthias Sammer, Louis von Gaal oder dem Leverkusener Wolfgang Holzhäuser. Die von Uefa-Präsident Michel Platini zu Beginn der Saison 2009/10 betriebene Reform der Qualifikation hat mehr nationalen Meistern den Zugang ermöglichen sollen, und es war ja klar, dass es dabei nicht um eine Steigerung der sportlichen Qualität ging, sondern um  finanzielle und politische Erwägungen.

Bislang kaum oder nie qualifizierte Verbände wurden dem Präsidenten durch diese Maßnahmen freundlich gestimmt, weil jedem Teilnehmer der Gruppenphase ein Startgeld von 7,1 Millionen Euro garantiert ist, dazu kommen noch mal 800.000 Euro pro Sieg und die Hälfte für ein Unentschieden. Nur zur Erinnerung: 1,1 Milliarden Euro hat die Uefa aus der Vermarktung der Medien- und Werberechte für Champions League und Europa League erzielt, von denen 75 Prozent direkt an die Vereine gehen. Bei dem ökonomischen Gefälle unter den Clubs wundert es nicht, dass Inter Mailand nicht mal Anstalten macht, sich in Bremen 400 000 Euro zu sichern, wogegen man sich in Bursa über ein Unentschieden gegen die Glasgow Rangers freute und in Zilina und bei Partizan Belgrad nicht allzu sehr mit der Punktlosigkeit gehadert haben dürfte, weil ja schon mehr als sieben Millionen aufs Konto geflossen sind.

Sportlich ist das natürlich zum Gähnen, außer für unermüdliche Groundhopper, die immer schon mal das Stadion Pod Dubnom in Zilina kennenlernen wollten, und ich kann mich kaum erinnern, so wenige CL-Spiele angeschaut zu haben wie in dieser Saison. Nur weil es sich von den Funktionären keiner leisten kann, sich richtig unbeliebt zu machen, reden sie wolkig von „Diskutieren”, obwohl es längst an der Zeit ist, den Wettbewerb wieder zu stärken – und damit auch das Interesse der Zuschauer. (Gleiches gilt natürlich auch für die Qualifikationen zu Europa- und Weltmeisterschaften – dazu hat sich nicht nur Joachim Löw weit eindeutiger geäußert als die Kritiker des CL-Modus.)

Die Rückkehr zum alten Modus des Europapokals der Landesmeister kann man dabei gleich verwerfen. Bei 53 Uefa-Mitgliedern würde eine an Uninteressantheit kaum zu überbietende Qualifikation die Folge sein – und dass die Vizemeister der starken Ligen dann übers Jahr beschäftigungslos blieben, kann auch niemand wollen, der hochklassigen Fußball möchte.

Auch eine Rückführung der Gruppenphase auf den Stand vor Platinis Reform führt nicht weiter. Wer sportlichen Qualitätszuwachs will, der müsste 32 Mannschaften für den alten K.O.-Modus in Hin- und Rückspiel zulassen, wobei man sich dann auch eine halbwegs interessante Qualifikation für die erste Runde leisten könnte. Zudem müsste der Sieger nicht, wie derzeit, 13 Spiele absolvieren, sondern lediglich neun (wenn man davon ausgeht, dass er nicht über die Qualifikation in die Runde der 32 gelangt).

Man müsste dann natürlich auch in Kauf nehmen, dass die stärksten Verbände nach wie vor  mit zwei oder drei Clubs ins Rennen gehen – und könnte zugleich den möglichen vierten Club streichen, weil selbst Primera Division und Premier League nicht so unwiderstehlich sind, dass sie unbedingt vier Teilnehmer stellen sollten. Mit diesem neuen Modus würde der Jahresfußballkalender ausgedünnt, die Belastung der Spieler reduziert und als Nebeneffekt auch noch, durch die absehbare Qualität der Teilnehmer, die Europa League wieder aufgewertet, deren Loser-Image ja nicht nur Franz Beckenbauer aufgefallen ist.

Klar, dass die großen und reichen (und vielfach schwer verschuldeten)  Clubs dadurch nicht kleiner und ärmer werden. Wer das ungerecht findet, sollte nicht nur daran denken, dass es sich um einen Wettbewerb handelt, der „Champions League” heißt, sondern auch daran, dass Uefa-Funktionäre wie Platini bloß an Macht, Konsensbeschaffung und Besitzstandswahrung denken, wenn sie für die Interessen der „Kleinen” einzutreten vorgeben.