Zwei Szenen eines Spiels. Bastian Schweinsteiger, der beim Abspiel den Ball nicht richtig trifft und den Gegner nicht wahrnimmt, der daraus den tödlichen Konter entwickelt, Jürgen Klopp, dessen Brille Schaden nimmt, als er nach dem Schlusspfiff seine Spieler umarmt. Klopp musste nicht mehr gut sehen, er hatte vorhergesehen, wie man die Bayern-Flügel stutzt: durch Doppeln, notfalls durch Dreifach-Deckung für Robben und Ribery. Schweinsteiger hätte das Ende, nach der Zahl seiner Foulspiele, nicht mehr mit ansehen dürfen, doch Schiedsrichter Gräfe ließ es, mehr als gnädig, bei einer gelben Karte bewenden, .obwohl er Schweinsteiger durch Gelb-Rot frühzeitig von einem Abend hätte erlösen können, der an dessen dunkelste Stunden unter Klinsmann erinnerte. Beim 0:1 und beim 1:3, als er hilflos gegen Hummels ins Kopfballduell ging. Und Schweinsteigers Schwäche war der Schlüssel zum Untergang der Bayern.
Fußball, das war an diesem Abend zu sehen, ist ein Laufspiel. Ein Bewegungsspiel. Dortmund hatte das kapiert, Bayern blieb statisch auch im einstudierten Positionsspiel. Kein überfallartiges Ausschwärmen nach der Balleroberung, kein Tempo an den Gelenkstellen des Spiels, wo es darum geht, die aufgehaltene Bewegung in Vorwärtsbewegung zu verwandeln. Keine Entschiedenheit im Spiel gegen den Ball, die verhindert hätte, dass Nuri Sahin sich beim 2:1 die Ecke aussuchen konnte wie im Training.
Nun ist die Meisterschaft zwar rechnerisch noch immer nicht entschieden, aber es ist klar, wer die beste Mannschaft in der Bundesliga ist. Wer Meister wird, wusste man eh schon vorher. Man muss es nun wohl ertragen, wenn man weder Bayern-Fan ist noch Dormund-Anhänger, dass Typen wie Kevin Großkreutz mit ihren Prognosen Recht behalten, dessen debile Fan-Sprüche es verdient hätten, Lügen gestraft zu werden. Vielleicht müssen ihm seine Mannschaftskameraden oder Jürgen Klopp mal erklären, dass er lieber weiter rennen und die Klappe halten soll. Wenn er nur den Mund aufmacht, wirkt das Dortmunder Spiel schlechter, als es ist. Weshalb einen Schweinsteigers Schwäche natürlich mehr bewegt als Großkreutz’ Pass zum 0:1.
Die Wahrnehmung der Fans, der...
Die Wahrnehmung der Fans, der Medien, sogar der Trainer, ist oft eine andere als die derjenigen, die auf’m Platz. Drei Beispiele: Özil. Ihm ist es gelungen, mit einigen guten Szenen seine ganze Karriere zu befestigen. Daß in vielen Spielen über weite Strecken von ihm nichts zu sehen war, wußten Kenner schon in Bremen. Bei der WM hat sich dieser Eindruck bestätigt – das Tor zum 1:0 gegen Ghana war eine magere Ausbeute angesichts vieler Chancen, die er vergeben hat. Neuer. Bitte mal googeln unter ‘Neuer Patzer’. Im WM-Spiel gegen England kriegt er drei hohe Distanzbälle, von denen zwei drin waren und einer auf der Querlatte. Das 0:1 gegen die Serben ging auch zu 50 % auf seine Kappe. Schweinsteiger. Im WM-Spiel um den dritten Platz führte ein für ihn fast typischer Ballverlust im Mittelfeld zu einem Tor für die Urus. Ok, seine WM war trotzdem gut. Aber was war zuletzt in Wolfsburg, als er am eigenen 5-m-Raum eine Situation ‘spielerisch’ zu lösen versuchte? Gegentor und zwei Punkte weg.