Spanien mag auch noch in den Strudel der Schuldenkrise geraten, in dem Portugal schon gefangen ist, während es drei lusitanische Mannschaften ins Halbfinale der Europa League geschafft haben – und zwei spanische ins Semifinale der Champions League. Es sieht also ganz so aus, als verhielten sich fußballerischer Erfolg und Wirtschaftskraft umgekehrt proportional zueinander. Was für Irland und Griechenland aber nicht gilt – weshalb jede Theoriebildung zu abnehmender Wirtschafts- bei zunehmender Spielstärke im Keim erstickt wird.
Wollte auch niemand wissen, vor dem ersten Akt der vier Duelle zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona in den nächsten 17 Tagen. Interessant ist allerdings, dass das deutsche Bezahlfernsehen bei diesen Spielen der große Verlierer sein wird. Das Spiel vom gestrigen Abend war nur, ganz legal, im Stream zu sehen bei laola.tv oder, wie in meiner Bar dello Sport, bei Sky Italia, und das spanische Pokalfinale hat sich ein öffentlich-rechtlicher Sender gesichert, weil Sky auch dazu ganz offensichtlich zu dämlich war. Und dass beide Teams in der Champions League aufeinandertreffen würden, war ja nicht abzusehen. Wäre Schalke ausgeschieden, hätten wir vermutlich eine dieser Begegnungen sowieso auf SAT1 gesehen.
Man fragt sich bei dieser Konstellation bloß, wer einem unsympathischer ist: Der Bezahlsender, der sein Sportangebot ausgedünnt, aber die Abopreise erhöht hat? Oder der öffentlich-rechtliche Sender in seinem Opportunismus, der ihn auch dazu gebracht hat, sich die CL-Rechte für die Saison 2012/13 zu sichern, weil er nun merkt, dass die Leute sich halt auch für spanischen Spitzenfußball interessieren und nicht bloß für Talkshows, Volksmusik und selbstgezimmerte Fernsehfilme? Und der es sich dank unserer Gebühren – demnächst: Haushaltsabgabe, für welche die GEZ schon ihren Mitarbeiterstab aufrüstet – auch wird leisten können, die CL-Sponsoren dafür zu entschädigen, dass er ihre Werbespots nach 20 Uhr nicht ausstrahlen darf.
Ungewiss ist nach dem gestrigen Spiel im Bernabeu, ob der Viererpack überhaupt das fußballerische Großereignis werden wird, das er auf dem Papier verspricht. Das Spiel war intensiv, taktisch hochinteressant, aber ein Vergnügen sieht anders aus. Mourinho ließ Özil zunächst draußen, um mit drei Sechsern zu spielen, was dann auf dem Platz in der ersten Halbzeit mitunter so aussah, als spielten da zwei ziemlich tief stehende Fünferreihen, um den Barca-Flow zu zerstören. Dass Mourinho sich leicht vercoacht hatte, wurde spätestens klar, als er Özil für den ganz schwachen di Maria brachte. Ich habe Özil selten mit einer so entschlossenen Körpersprache schon aufs Feld kommen und dann agieren sehen. Stark in der Ballbehauptung, am Spielzug maßgeblich beteiligt, der zum Elfmeter für Real führte – er wäre an diesem Abend wohl der Mann gewesen, das Spiel für Real zu entscheiden, wenn er mehr als eine halbe Stunde hätte spielen dürfen. Khedira hatte es kurz vor Schluss ebenfalls auf dem Fuß, Man of the Match zu werden. Hätte er getroffen – ich hätte Real den Sieg gegönnt.
Was auch daran lag, wie wir beim Zuschauen feststellten, dass einem das Barca-Spiel mit der Zeit ganz schön auf die Nerven gehen kann. Apologeten werden die Geduld verteidigen, mit der sie auf die Lücke warten, die sich schon ergeben wird, wenn sie den Gegner mürbe kombiniert haben. Gestern jedoch sah das weniger nach Geduld aus und mehr nach Ratlosigkeit, fast so wie bei Inters Auftritt in Camp Nou im letzten Jahr. Klar, weil der Trainer damals auch Mourinho hieß. Es war jedoch noch schlimmer als in Camp Nou, wo Barca irgendwann mit wachsender Verzweiflung auf ein Tor drängte. Gestern sahen die Kombinationen so aus, als hätten sie kein Ziel jenseits des Ballbesitzes, als hätte jemand das Real-Tor abgebaut und den Kombinationen damit ihr Ziel genommen, wie im Training, wo man ohne Tore auf engem Raum nichts weiter tun soll, als den Ball zu behaupten.
Wenn das so weitergeht in den kommenden drei Partien, wird es kein großes Fußballfest, kein Drama mit Fallhöhe. Dann wird es eine bleibende Lektion für Taktikexperten: Wie Jose Mourinho den Schlüssel fand, das Barca-Spiel zu zerstören. Den ersten Schritt hat er gemacht. Er wird seine Schlüsse daraus ziehen, und am Ende wird womöglich Barcas System in Schönheit sterben.
Ich habe das erste der vier...
Ich habe das erste der vier Spiele nicht gesehen, aber ich freue mich auf Mittwoch, wenn das Öffentlich-Rechtliche in einem Anfall von Innovation das Pokalfinale überträgt. Der Unterschied zu vielen Partien ist die Vorfreude auf das, was kommen kann. Ein Fusballerisches Feuerwerk und der Wunsch dann dabei gewesen zu sein. Das es in der Erinnerung bleibt, für lange Zeit. Mittwoch ist eine Chance darauf und wenn nicht, dann eben in der Chmapions-League, wenn die beiden zur Zeit besten Teams abermals aufeinander treffen. Einmal wird es bestimmt etwas für die Fussball-Historie.