Großer Betrieb in meiner Schöneberger Bar dello Sport. Champions League auf drei Bildschirmen. Der kleinste unter Decke, wie es angemessen ist, für Leverkusen in London, die große Leinwand für die zahlreich erschienenen Spanier und Italiener, der mittlere Schirm für den BVB. Weil es so voll war, konnte man leider nicht pendeln zwischen den drei Spielen. Nachdem Pato nach knapp 30 Sekunden in Camp Nou getroffen hatte, wurde es auf einmal noch enger als im Dortmunder Mittelfeld, weil die Barca-Gucker aufschrien und die BVB-Gucker prompt aufsprangen, um zu sehen, was passiert war. Wie ein energischer Schiedsrichter unterband der Padrone jegliche Rudelbildung und verwies die Beteiligten auf ihre jeweiligen Positionen.
So blieb ich virtuell in Dortmund, ohne Barcelonas neue Dreierkette studieren zu können, um erst in den letzten dreißig Sekunden mal wieder kurz in Camp Nou vorbeizuschauen und das 2:2 mitzuerleben. An der Stamford Bridge war da längst alles entschieden. Michael Ballacks Reminiszenz an alte Größe war eine symbolische, der Ehrung vorm Spiel folgte später die vergebene Großchance, dann die Auswechslung unter großem Beifall – und das 1:0 für Chelsea mit noch mehr Jubel. Als hätte sich da jemand um die dramaturgische Feinabstimmung gekümmert, zwischen diesen beiden Jubelwellen gerade mal eine Minute vergehen zu lassen. Eine einzige Minute, zwei Mal dreißig Sekunden, die dem AC Mailand reichten, um einen völlig unverdienten Punkt aus Barcelona mitzunehmen.
In Dortmund dagegen vollendete sich die Arsenal-Dämmerung. Dass sie angekündigt war, ändert nichts daran, wie bitter es ist, dabei zuzusehen, wenn ein nicht nur großer, sondern auch stilprägender Club im Mittelmaß ankommt, international wie in der Premier League. Von jener Spielidee, die Arséne Wenger fast ein Jahrzehnt mit wechselnden Formationen Wirklichkeit werden ließ und konservieren konnte, war nicht mehr viel zu erkennen. Eine unsichere Deckung, der auch ein Per Mertesacker nicht mehr Halt geben wird, ein Mangel an Passgenauigkeit und Tempo im Mittelfeld, kein Taktgeber, Gervinhos enervierender Eigensinn, umständliche, risikoarme Ballstafetten und am Ende ein Bollwerk vor dem eigenen Strafraum. „Das ist ja wie Augsburg”, sagte mein Nebenmann mit einer Mischung aus Bedauern und Abschätzigkeit.
Daran wird man sich gewöhnen müssen. Auch wenn es schwer fällt mitanzusehen, dass Wengers Ära sich unaufhaltsam dem Ende zuneigt. Dass Dortmund gegen diese Mannschaft nicht gewinnen konnte, dass es Perisics virtuosen Glückstreffer brauchte, zeigt dagegen, dass auch der BVB international nur Mittelmaß ist und so schnell über diesen Status auch nicht hinausgelangen wird. Dass Wenger für Mario Götze geboten hat, kann man gut verstehen, aber auch ein Götze in der guten Verfassung von gestern Abend hätte für Arsenal nicht gereicht – so wenig, wie seine Präsenz für den BVB reichte.