Erst sah es aus wie ein ganz schlechter Scherz, dann wurde es zum kuriosen Gerücht, und am Ende war es eine handfeste Nachricht: Otto Rehhagel übernimmt den Trainerposten bei Hertha BSC. Es hatte ja schon vorher absurde Jobbewerbungen gegeben. Falko Götz zum Beispiel, gerade als Nationaltrainer Vietnams entlassen, hatte sich angedient. Dabei war er es gewesen, der Mitverantwortung für den größten Aderlass bei Hertha trug, weil er mit einer der besten Nachwuchsgenerationen nicht klar gekommen war, weil ihm offenbar die soziale Kompetenz und das pyschologische Feingefühl abgingen, um hochbegabte, aber schwierige Spieler wie Kevin-Prince Boateng, Jerome Boateng oder Aschkan Dejagah in die Mannschaft zu integrieren. Die Folgen sind bekannt.
Nun also Otto Rehhagel, auch als „Rehakles” bekannt, vor fast einem Menschenalter zwischen 1963 und 1966, selber Spieler bei der Hertha. Man kann dem angeschlagenen Hertha-Manager Michael Preetz nicht nachsagen, das sei keine originelle Wahl. Man kann bloß sehr heftig bezweifeln, dass es eine gute Wahl ist. So wie sich schon vor der Niederlagenserie mit nicht allzu viel Phantasie absehen ließ, dass Michael Skibbe nicht die richtige Besetzung war. Das ottonische Zeitalter in der Bundesliga, als deren „Kind” sich Rehhagel so gerne bezeichnet, ist längst abgelaufen. Vor fast 12 Jahren verließ er als Trainer den 1. FC Kaiserslautern. Von seinen Erfolgen als Bundesligatrainer muss man heute schon im Plusquamperfekt sprechen, der Überraschungscoup mit Griechenland liegt auch schon fast acht Jahre zurück. Der Fußball, den er die Griechen spielen ließ, gehört dagegen einem anderen Erdzeitalter an.
Rehhagel, nicht bekannt als Freund, eher als Verächter der Medien, war schon immer ein schrecklicher Besserwisser, dessen Ruhrpott-Jovialität den autoritären Führungsstil nur notdürftig verbarg. Seine Spieler hat er dem Vernehmen nach wie Kinder behandelt, was durchaus zu seiner familiären Rhetorik passt: Einer muss ja der Patriarch sein, da haben die anderen zu spuren. Ob das dieser Hertha-Mannschaft hilft, ob sich die Spieler in ihrer offensichtlichen Verunsicherung an einem autoritären Vorturner aufrichten können, wird man sehen. Es ist ziemlich unwahrscheinlich. Reaktiv, ohne Fähigkeit, ein Spiel auch nur ansatzweise zu gestalten, hat die Mannschaft schon gegen Ende von Markus Babbels Amtszeit gespielt. Aber sie hat wenigstens noch gepunktet. Rehhagel, der einst die „kontrollierte Offensive” propagierte, wird das kaum ändern, er wird den Trend eher verstärken.
Modern sei, wer Erfolg habe, mit diesem Bonmot lässt sich Rehhagel immer wieder gerne zitieren. Das ist natürlich grundfalsch, vor allem aber erkennt man darin ein verstocktes Ressentiment gegenüber der Entwicklung des Fußballspiels, eine Geisteshaltung, die sich völlig überholt hat. Dass sich ein Verein davon dennoch die Rettung erhofft, zeigt, wie verzweifelt Preetz und das Präsidium sein müssen. Schon bei der Verpflichtung Friedhelm Funkels hatte Preetz allein auf den Nimbus des Retters gesetzt, anstatt genauer hinzuschauen, wie von Funkel zuvor trainierte Teams Fußball spielten. Bei Rehhagel ist der Nimbus noch größer, die Vorstellung vom Spiel hingegen noch trostloser als bei Funkel. Eine Perspektive über den möglichen Klassenerhalt hinaus ist da nicht mehr zu erkennen. Und es spricht viel dafür, dass der Klassenerhalt mit Rehhagels Inthronisierung endgültig zur Schimäre wird.
Laktatwerte, Leistungstests,...
Laktatwerte, Leistungstests, Bewegungsprofile etc. hin und her – Hertha braucht nun eine Autorität und Persönlichkeit mit Ausstrahlung, der die Pressemeute auf sich zieht und damit für Ruhe im Verein und insbesondere in der Mannschaft sorgt. König Otto hat sich schon immer vor seine Spieler gestellt, verlangt dafür aber auch was von den Profis.
In so einer Situation in der sich Hertha befindet, braucht man nicht über angeblich veraltete Methoden oder ähnliches zu diskutieren.
Für Preetz ist dieser Coup sicher beides – ebenso eine große Chance wie auch die letzte Chance.
Ich hätte das Gleiche gemacht…
Es ist eine Mär, dass Otto...
Es ist eine Mär, dass Otto Rehagel nur antiquierten Fußball spielen lässt. Er lässt den Fußball spielen, den ihm sein Personal erlaubt. Würde er das Team des BVB trainieren, ließe er mit Sicherheit kaum anders spielen als Jürgen Klopp.
Warum soll sich diese...
Warum soll sich diese “offensichtlich verunsicherte Mannschaft” nicht auch mal an einen “autorithären Vorturner” der aber sympatisch ist und seine Spieler immer “liebte” nicht aufrichten? Wir werden es sehen. Eine andere Wahl haben wir sowieso nicht.