Eins gegen Eins

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Es gibt doch zwei Rudi Völler

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Lange Zeit war Rudi Völler der Mann, gegen den sich nichts einwenden ließ. Allenfalls konnte man sich fragen, was sein Friseur von Beruf sei - aber das hat ja...

Lange Zeit war Rudi Völler der Mann, gegen den sich nichts einwenden ließ. Allenfalls konnte man sich fragen, was sein Friseur von Beruf sei – aber das hat ja nichts mit Fußball zu tun. Die Wutrede 2003 gegen Waldemar Hartmann hat ihm jeder verziehen, weil sich niemand von dem bayrischen Superduzer gerne etwas vorhalten lässt und weil Hartmann der falsche Frager am falschen Ort war. Dass die deutsche Nationalmannschaft an jenem 6. September 2003 gegen Island eine unterirdische Vorstellung geboten hatte, war ja von dem Duo Netzer/Delling schon konstatiert worden – mit Recht.

Schon etwas schwieriger wurde es, Völlers Tonlage mit Wohlwollen zuzuhören, als er sich 2011 über Philipp Lahm und dessen Buch erregte. „Erbärmlich”, „schäbig”, „keinen Funken Anstand”, schäumte es aus Völler, über dessen Amtsführung als Bundestrainer Lahm nicht allzu schmeichelhafte Worte gefunden hatte. Aber auch da blieben ihm die Sympathien der Sportgemeinde erhalten, weil sein Temperamentsausbruch nur in verschärfter Form ausdrückte, was auch für die meisten anderen Bewohner der Fußballwelt ein Tabubruch war.

Jetzt aber, nach dem Ellenbogen-Check von Simon Rolfes gegen Julian Draxler, hat es Völler übertrieben, bei allem Verständnis für die Dünnhäutigkeit und Reizbarkeit, die zum Gemütszustand eines Sportdirektors von Bayer Leverkusen in diesen Tagen gehören. Denn Völler hat diesmal nicht sich selbst gegen einen persönlichen Angriff verteidigt, sondern das unsportliche Verhalten eines seiner Spieler. „Viel mehr haben mich die Drei von der Muppet Show geärgert, da bei Sky”, erregte sich Völler, und dieses „mehr” ist dann doch ziemlich daneben, als wäre die Kritik an Rolfes schlimmer als dessen Attacke. Daran ändert auch nichts, dass Julian Draxler auf jede Beschwerde verzichtet hat („Schwamm drüber”). Ganz abgesehen davon, dass ja auch schon Völler selber in solchen Muppet Shows etwas dazu verdiente.

Selbst wenn bei Rolfes keine Absicht vorliegt, was nach der mehrfachen Wiederholung der Szene in Zeitlupe schwer zu glauben ist, selbst wenn es sich also um eine reflexhafte Aktion aus Frustration über den Spielverlauf gehandelt haben sollte, müsste ein in seiner Karriere oft gefoulter und zudem bespuckter Spieler wie Rudi Völler, die Größe haben, eine Unsportlichkeit eine Unsportlichkeit zu nennen – oder er müsste einfach den Mund halten. Auch wenn es schwer fällt, auch wenn diese Art von selbsternannter Fernsehgerichtsbarkeit nie ganz von dem Verdacht freizusprechen ist, hier sollten Vorfälle skandalisiert werden, die ansonsten bald nach dem Spiel vergessen sind. Auch wenn Markus Merk den Typus des ewigen Besserwissers verkörpert, Jan Aage Fjörtoft um jeden Preis den Entertainer geben wollte und Steffen Freund einfach mitzog.

Zu eindeutig waren die Bilder, zu rätselhaft diverse Schiedsrichter- und Sportgerichtsentscheidungen der letzten Wochen (Matip, Podolski etc.), um sich mit dem kaiserlichen Mantra, Fußball sei eben nicht Halma, wieder anderen Dingen zuzuwenden. Ob Rudi Völlers beträchtlicher Sympathiebonus auch diese Entgleisung übersteht, wird man sehen. Sicher ist schon jetzt, dass es eben nicht nur „ein Rudi Völler” gibt, sondern, wie im klassischen Falle Jekyll und Hyde, mindestens zwei.

 


1 Lesermeinung

  1. gisbert4 sagt:

    Rolfes gilt nicht als...
    Rolfes gilt nicht als Foulspieler. Trotzdem könnte er sich nicht beschweren, wenn er für ein Spiel gesperrt worden wäre, Absicht hin oder her. Jedenfalls aber haben der Schiedsrichter und der betroffene Spieler Draxler keine Absicht unterstellt. Damit ist das Sportgerichtsurteil ok. Vergleiche mit den Urteilen gegen Podolski und Pizzaro hinken insofern, als bei diesen Spielern Absicht nicht zu bestreiten war. Podolski war in eine Rangelei mit Rudelbildung verwickelt, dafür kann es Rot geben (muß es aber nicht). Pizzaro ist die Hand ausgerutscht, dafür hätte es ein Spiel Sperre (statt derer zwei) auch getan.

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