Eins gegen Eins

Warum eigentlich nur Magath?

Dass ich in die Verlegenheit kommen würde, einmal Felix Magath verteidigen zu wollen, hätte ich seit Bestehen dieses Blogs nicht gedacht. Ich kenne ihn nicht persönlich, auch habe ich nie einer seiner (mit Recht oder zu Unrecht) berüchtigten Trainingseinheiten beigewohnt. Ich habe ihn im Fernsehen reden gehört, auch in irgendwelchen auf längere Äußerungen angelegten Talk-Formaten, und war mir nie ganz sicher, ob ich diese demonstrative Ungerührtheit, dieses langsame Teebeutelschwenken oder Umrühren nun als Ausdruck einer fast schon buddhistischen Gelassenheit interpretieren sollte oder als Hinweis auf eine Kälte und Härte, an der sich schon Heerscharen von Fußballprofis vergeblich abarbeiten mussten. Kurz gesagt: War das nun cool? Oder war es einfach stumpf?

Ich fand es idiotisch, Julian Draxler und dessen Eltern zu empfehlen, den Schulbesuch zugunsten der Profikarriere einzustellen, und ich fand es gut, wenn Magath bei der gefühlten dreihundertsten Erwähnung des Spitznamens „Quälix” ungehalten wurde, sarkastisch reagierte, weil ihm die Dummheit, die Denk- und Formulierfaulheit der Medienvertreter nur noch auf den Keks ging. Und dass er sich nicht rechtfertigte, als Uli Hoeneß kürzlich noch öffentlich und anmaßend erklärte, entweder spielten die Wolfsburger Kicker gegen ihren Trainer, oder sie seien kaputt von dessen Trainingsmethoden – das kann ich gut verstehen. Was, zum Teufel, gehen Hoeneß die Verhältnisse  beim VfL Wolfsburg an? Wie würde er, Hoeneß, denn reagieren, genauer: wie reagiert er denn jedes Mal, wenn von außen über innere Angelegenheiten des FC Bayern geredet wird? Eben!

Wer wirklich entlassen gehört in Wolfsburg, das ist eben nicht in erster Linie Felix Magath. Wer die Verantwortung auf sich nehmen müsste, das sind die geltungssüchtigen Automogule wie der Aufsichtsratsvorsitzende Francisco Javier Garcia Sanz, wie der VW-Chef Martin Winterkorn, Leute, die Magath mit dieser Machtfülle ausgestattet, die geglaubt haben, ein harter und smarter Fußballlehrer könne in Personalunion Trainer, Manager und Geschäftsführer sein. Leute, die einen Verein wie ein Spielzeug benutzen, die sich in gönnerhaften Gesten gefallen, wenn sie Millionen für Transfers bewilligen, ohne die erforderliche Sachkunde zu besitzen. Leute, die Magath nach der Meisterschaft 2009 zum Messias machten und ernsthaft annahmen, er könne bei seiner Wiederkehr neue Wunder tun.

Dieses von ferne an höfische Bräuche erinnernde Gebaren hat wenig bis gar nichts zu tun mit dem, was heute „corporate governance” heißt und den Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung von Unternehmen bezeichnet. Dass Magath nun gehen muss aus Mangel an Erfolg (und sicher weniger, weil die Spieler sich gegen ihn ausgesprochen haben sollen, das ist nur der populistische Zusatz), klingt zwar nüchtern, als ginge es um Rentabilität und symbolische Dividende  – doch wer die Strukturen etabliert oder zugelassen hat, in denen Magath in Wolfsburg arbeiten konnte, der ist mangels Übersicht genauso verantwortlich für den Misserfolg.

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