Eins gegen Eins

Eins gegen Eins

Immer am Ball – das Fußball-Blog. Mal spielen wir Doppelpass, mal kommen wir gut in die Zweikämpfe, und mal suchen wir allein den Abschluss.

Schalke 04 oder Nicht nur Zahlen zählen

Glanzlos und mit größter Mühe haben die Gelsenkirchener den Sprung in die Champions League geschafft. Jetzt fließt Geld - aber ob es auch in die richtige Richtung weiterfließt, ist fraglich.

Lassen wir doch mal die Zahlen sprechen. Schalke 04 freut sich, weil dem Club durch den gestrigen Sieg in Saloniki 20 Millionen Euro aus der Champions League sicher sind. Das ist natürlich eine Erleichterung, weil der Verein im Geschäftsjahr 2012 einen Umsatzrückgang um mehr als 30 Millionen Euro verzeichnete und 8,9 Millionen Euro Verlust machte, weil ihn Finanzverbindlichkeiten von 173,1 Millionen drücken und Gesamtverbindlichkeiten von 217 Millionen ((Angaben laut „Kicker Sportmagazin“ und „WAZ“). Und weil er Personalaufwendungen in Höhe von 98,5 Millionen hatte, von denen 86,5 Millionen auf den Lizenspielerkader entfielen.

Die Lizensierung zur Teilnahme an der Champions League hat Schalke von der Uefa bekommen, die sich ja jetzt ganz eifrig dem Financial Fairplay verschreibt, einem Regelwerk für eine Schuldenbremse, dessen viele Kapitel wenig auslassen, aber die große Frage unbeantwortet lassen, wie ernst es die Uefa denn nun meint mit der Durchsetzung dieser Bestimmungen. Und was denn nun werden soll mit den Altlasten, welche nicht nur Schalke drücken, das gegenüber der, nur zum Beispiel, halben Milliarde des FC Barcelona wenigstens noch theoretische Aussichten auf Besserung hat, das liegt auch im Vagen. Im Übrigen muss man die Schalker Prognose, in zehn Jahren schuldenfrei sein zu wollen, auch nicht unbedingt für einen realistischen Business-Plan halten.

54 Prozent der Vereine, welche sich für CL und Europa League 2010/11 qualifiziert hatten, wären an den Fairplay-Kriterien gescheitert, welche zunächst der simplen Maxime folgen, die schon fürs Taschengeld gilt: nicht mehr auszugeben, als man einnimmt. Dass es inzwischen weniger als 54 Prozent geworden sind, ist nicht gar so wahrscheinlich. Und jeder hat gelesen, dass die größten Sünder wider die Break-Even-Regel auch zu den größten Attraktionen der Champions League gehören, ihr Ausschluss vom Wettbewerb also die Marke Champions League beschädigen und damit die Einkünfte der Uefa empfindlich beeinträchtigen würde, die sich ja vor allem durch die Vermarktung dieses Produkts finanziert und darin ihren primären Daseinsgrund sieht..

Lassen wir auch mal beiseite, dass schon vor dem Inkrafttreten der Regelung die Lücken offenbar geworden sind, wenn die katarische Tourismusbehörde als supergroßzügiger Sponsor bei Paris Saint Germain mit 150 bis 200 Millionen Euro pro Jahr auftritt. Der Verein gehört schon dem Staatsfonds „Katar Sports Investments“, für den wiederum der Sohn des Uefa-Präsidenten Platini tätig ist – ein beneidenswert sonniges Gemüt hat, wer da die unerforschlichen Wege des Zufalls beschwört…

Deswegen ist es nun nicht falsch, für die Break-Even-Regel zu plädieren – und ebenso wenig ist es falsch, dagegen zu klagen, wie es derzeit passiert, weil das Reglement die Vorherrschaft der großen Clubs zementiere. Nur wer international spiele, werde zum vernünftigen Wirtschaften genötigt; für die kleinen Vereine, so argumentieren Ökonomen, wachse die Kluft – es sei denn, man entschlösse sich zu einer höchst unpopulären und auch kaum durchsetzbaren Umverteilung der Einnahmen.

Die Ökonomen-Argumente sind auch nicht ganz so weitsichtig, wie sie sich anhören, denn es wird ja, siehe die Katar-Connection, vermutlich auch künftig durchaus möglich sein, dass sich jemand des, sagen wir mal, FSV Salmrohr annimmt, um ihn zu höchster fußballerischer Blüte zu führen, wie es ja auch, trotz der von Hannover-96-Chef und Hörgeräte-Mogul Martin Kind so heftig bekämpften 50+1-Regel, möglich war, aus der TSG 1899 Hoffenheim einen Erstligisten zu machen. Außerdem ignoriert die Ökonomen-Weisheit komplett, dass der wirtschaftlichen Status quo im europäischen Vereinsfußball auf Dauer weit hässlichere Konsequenzen haben wird, als jede noch so bescheidene Umverteilung es haben könnte

Was das jetzt alles mit Schalke zu tun hat? Ganz einfach. Der Blick auf Zahlen und Verbindlichkeiten zeigt, dass neben den wirtschaftlichen Kennziffern am Ende auch sportliche und personelle Aspekte eine Rolle spielen. Kaum ist Geld da, hat Schalke heute schon Dennis Aogo ausgeliehen, einen Spieler, der die ersten Schritte auf dem Weg zum „ewigen Talent“ bereits hinter sich hat und dem HSV bislang, wie man so nett sagt, nicht „weiterhelfen“ konnte. Eine Summe wird nicht genannt.

Man muss bloß befürchten, dass Manager Horst Heldt auch hier nicht allzu scharfsichtig kalkuliert hat. Schon dass er beim Transfer von Lewis Holtby zu den Tottenham Hotspurs weniger bekam, als er an Leihgebühr für den längst im sportlichen Sinkflug befindlichen Michel Bastos ausgab, zeigt ja, dass man mit dem Break-Even schon ganz unten anfangen muss. Sonst sind 20 Millionen schnell und sportlich folgenlos mit der Gießkanne verteilt, während sich Schalke mit sechs Grottenkicks durch die Gruppenphase der Champions League quält und Reputation einbüßt, um am 1. Juli 2014, wenn das Financial Fairplay dann in Kraft treten soll, international unsichtbar zu sein.