Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Inflation ohne Geld. Oder: Wie die "dicke Bertha" die Anleihenblase treibt.

Die neuen Zentralbank-Kredite bringen Vermögenspreis-Inflation und treiben die Anleihenpreise - selbst wenn das Geld gar nicht in der Wirtschaft ankommt. Von Patrick Bernau

Die neuen Zentralbank-Kredite bringen Vermögenspreis-Inflation und treiben die Anleihenpreise – selbst wenn das Geld gar nicht in der Wirtschaft ankommt.

Von Patrick Bernau

“Dicke Bertha” hat EZB-Chef Mario Draghi seine neuen Milliarden genannt, die er den Banken zum Zins von nur einem Prozent leiht. Eine Billion Euro haben die Banken jetzt insgesamt bekommen. Gestern waren es fast 530 Milliarden Euro, im Dezember schon hatten sie sich fast 490 Milliarden Euro gepumpt.

Das Eurozeichen gespiegelt im EZB-Gebäude - Foto: Frank Röth viele Geld hat gewirkt. Und wie! Nach dem Kredit im Dezember schien die Krise plötzlich fast vergessen, so wild kauften die Banken Peripherie-Anleihen. Die Zinsen auf Staatsanleihen fielen weit von ihren Krisenniveaus herunter, die Kurse stiegen. Heute sind Staatsanleihen so teuer, dass schon wieder die Angst vor einer Blase grassiert.

Deutsche Anleihen kosten sowieso schon seit einigen Monaten so viel wie noch nie und versprechen so niedrige Renditen wie nie zuvor. Eine zehnjährige Bundesanleihe bringt gerade noch 1,7 Prozent Rendite, für die einjährige Bundesanleihe haben Käufer sogar zeitweise draufgezahlt. Anfangs passierte das, weil aus den unsicheren Peripherie-Staaten viel Geld ins sichere Deutschland transportiert wurde. Das ist wichtig für Deutschland und die Käufer deutscher Staatsanleihen, aber noch keine allgemeine Inflation der Staatsanleihen-Kurse. Seit Draghis neuen Krediten aber sinken gleichzeitig die Renditen der Peripherie-Staatsanleihen, und ihre Kurse steigen – ohne dass die Staatsanleihen Deutschlands günstiger würden. Jetzt steigt das Preisniveau aller Anleihen.

Natürlich liegt das am “Sarko-Trade”, der so heißt, weil Nicolas Sarkozy es den Banken so schön erklärt hat: Sie müssen sich nur zu einem Prozent für drei Jahre Geld von der EZB (Foto: Frank Röth) leihen. Dann legen sie das Geld zu vier oder fünf Prozent in Peripherie-Anleihen an – und die Differenz streichen sie als Gewinn ein. Was in drei Jahren passiert, wenn die EZB das Geld wieder einsammelt, fragt keiner. Müssen dann die Preise wieder herunterkommen? “Die internationalen Anleihemärkte verzeichnen heute wahrscheinlich die größte Blase der Geschichte, die von den Notenbanken manipulativ ausgelöst wurde”, schätzt der angesehene Vermögensverwalter Jens Ehrhardt.

Bilanzsumme des EurosystemsViele Leute haben sich bisher damit schwergetan, die hohen Staatsanleihen-Preise als Blase anzusehen oder auch nur als Vermögenspreis-Inflation, zum Beispiel Mark Schieritz im Herdentrieb. Schließlich ist die Geldmenge zwar deutlich größer als noch vor zehn Jahren, aber sie ist seit Beginn der Eurokrise kaum noch gewachsen – zumindest nicht das breite Geldmengenmaß “M3”, das allgemein als inflationsbestimmend gilt. Auch die schmalere Geldmenge “M1” wächst quasi gar nicht mehr, obwohl die die Banken fast grenzenlos Geld geliehen bekommen. Im so genannten “Zentralbank-Geld” wird das deutlich. Seine Menge ist enorm gewachsen – und mit ihm die Bilanz der Euro-Zentralbanken (Grafik: Stefan Walter). Doch das viele Geld der Zentralbank kommt nicht durch die Banken hindurch in die Wirtschaft.

Aber: Auch das Zentralbank-Geld kann Vermögenspreise in die Höhe treiben. Das gilt selbst dann, wenn es nicht in der Wirtschaft ankommt und nicht in den klassischen Geldmengen M1 oder M3 sichtbar wird. Das hat mir die Bundesbank ganz offiziell bestätigt. Der Effekt kommt daher, dass Staatsanleihen oft von Banken gehalten werden. Wenn jetzt eine andere Bank den Sarko-Trade vollzieht, ihren neues Zentralbank-Geld nimmt und Staatsanleihen kauft, dann bekommt sie zumindest gelegentlich Staatsanleihen von einer anderen Bank. In diesem Fall ist es gar nicht unwahrscheinlich, dass die andere Bank das Geld nimmt und schnurstracks wieder auf ihrem Zentralbank-Konto einzahlt. Klassisches Geld ist dabei gar nicht entstanden.

Im Wortlaut der Bundesbank: “Steigt ceteris paribus im Aggregat die Nachfrage nach Staatsanleihen und wird diese Nachfrage durch einen Notenbankkredit finanziert, dann liegt die Vermutung nahe, dass der Preis steigt (dies muss aber nicht so sein). Dabei sind – solange nur Banken an der Transaktion beteiligt sind – die Geldmengenaggregate M1-M3 nicht betroffen. Dies liegt daran, dass der geldhaltende (d.h. der Nichtbanken-) Sektor an der Transaktion nicht beteiligt ist.”

Für Anleger ist das erst mal noch kein großes Problem. Sie können deutsche Staatsanleihen kaufen und bekommen die versprochene Rendite, auch wenn die eben viel zu niedrig ist. Anleger müssen aber damit rechnen, dass die deutschen Staatsanleihen auch mal billiger werden. Dann müssen die Anleihenbesitzer ihre Wertpapiere behalten, bis der Staat sie zurückzahlt – oder einen Verlust hinnehmen, wenn sie vor Ende der Laufzeit verkaufen wollen.

Wenn wir aber Pech haben, macht es die Bundesregierung wie damals Griechenland: Sie gibt die ganzen gesparten Zinsen direkt wieder aus. Im Moment sieht es ganz so aus. Aber Finanzminister Schäuble zumindest sollte daran denken, dass die Anleihenkurse auch mal wieder sinken werden – und dann die Zinsen steigen.

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