Rund 600 Gäste im voll besetzten Festsaal des Casinos der Goethe-Universität in Frankfurt hörten dem Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Anshu Jain, zu, der am Dienstagabend im Rahmen eines Kolloquiums des Centers for Financial Studies sprach.
Eine Zusammenfassung der Rede Jains und der anschließenden Diskussion:
1. Die globale Universalbank ist eines von vier real existierenden Bankmodellen, die allesamt ihre Existenzberechtigung besitzen. Die drei anderen Modelle sind Banken/Sparkassen mit einem speziellen Geschäftsmodell, Investmentbanken (oft auch in der Vermögensverwaltung tätig) und auf ihr Heimatland beschränkte regionale “Champions”.
2. Das Modell der globalen Universalbank hat der deutschen Wirtschaft seit der Industrialisierung sehr genutzt: Sie begleitet, gestützt durch ein starkes Niederlassungsnetz in Deutschland, Unternehmen ins Ausland und ist in der Lage, deutschen Sparern Zugang zum internationalen Kapitalmarkt zu verschaffen.
3. Es ist kein Wunder, dass globale Universalbanken vor allem in Ländern mit starker Industrie entstanden sind: Deutschland, Vereinigte Staaten, Großbritannien, Frankreich. In der Logik der Entwicklung läge es, wenn sich die Chinesen um den Aufbau einer solchen Bank bemühten.
4. In Deutschland gibt es mit der Deutschen Bank nur mehr eine globale Universalbank und auch im Rest Europas sind nicht mehr viele da.
5. Die große Gefahr für das Modell der globalen Universalbank ist eine Überregulierung in Europa, während die Amerikaner aus wohl verstandenem Eigeninteresse davon nichts halten. Das ist keine gute Nachricht für Deutschland. (“Was der Deutschen Bank schadet, schadet auch Deutschland” wäre kein wörtliches Zitat, dürfte aber die Botschaft Jains treffen.)
6. Banken müssen reguliert werden; es wäre ganz falsch, alleine auf Selbstregulierung zu vertrauen. Aber die Regeln von Basel 3 sind ausreichend, statt dessen will man noch drauf satteln und damit droht schwerer Schaden. Jain kritisierte ausdrücklich das “Trennbanken-light-Modell” des Liikanen-Berichts (pikant, da sein Frankfurter Gastgeber Jan Krahnen einer der Verfasser des Liikanen-Berichts ist) und oberflächliche Leverage-Regeln.
7. Manche Kritik an großen Universalbanken ist unbegründet.
– Es stimmt zwar, dass Großbanken Refinanzierungsvorteile besitzen, da man davon ausgeht, dass sie in einer Krise vom Staat gerettet werden. (Dies ist auch ein von Krahnen bearbeitetes Thema.) Aber dem stehen Nachteile durch deutlich höhere Regulierungskosten entgegen.
– In Schwierigkeiten geraten sind in der Krise nicht so sehr die großen Universalbanken, sondern spezialisierte Häuser wie Landesbanken, Investmentbanken etc.
8. Auch globale Universalbanken müssen abgewickelt werden können. Nichts erzeugt in der Öffentlichkeit so viel Unmut gegenüber großen Banken wie die Privatisierung von Gewinnen in guten Zeiten bei gleichzeitiger Sozialisierung von Verlusten in schlechten Zeiten.
9. Jain brachte auch sein mittlerweile geläufiges “mea culpa”. Vor der Krise sei im Bankgewerbe gesündigt worden, auch in der Deutschen Bank. Aber die Branche habe in der Zwischenzeit viel Eigenkapital aufgenommen und Bilanzsummen reduziert.