Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Qualitätsjournalismus in Amerika

Die New York Times verkauft den Boston Globe, weil sie mit der Regionalzeitung nichts mehr anzufangen weiß. Bemerkenswert ist, wie relativ unverblümt die Zeitung über ihr eigenes Versagen berichtet.

Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher – relativen – Offenheit amerikanische Zeitungen über wirtschaftliche Entscheidungen ihres eigenen Hauses berichten, selbst wenn diese wenig schmeichelhaft für den eigenen Verlag sind. Das gilt selbst für die New York Times, die ihren scheinbar neutralen Artikeln doch so oft einen kräftigen Dreh in Richtung Meinung und Kommentar gibt. Ein aktuelles Beispiel ist der Verkauf der Regionalzeitung Boston Globe durch die New York Times Company.

Die Pressemitteilung des Verlags kennzeichnet noch viel Schönfärberei (hier). Mark Thompson, der Präsident und CEO der New York Times Company, zeigt sich erfreut, dass man mit John Henry, dem Eigentümer der Baseball-Mannschaft Boston Red Sox, einen neuen Eigentümer „mit starken lokalen Wurzeln“ gefunden haben. „Als Ergebnis der Übereinkunft wird es uns möglich sein, den Fokus unseren Unternehmens auf die und Investitionen in die Marke New York Times und ihren Journalismus zu schärfen“, lässt Thompson sich zitieren.

Man liest zwischen den Zeilen, dass die New York Times mit dem regionalen Boston Globe nichts mehr anzufangen wusste – ähnlich wie der Axel Springer Verlag mit seinen Regionalzeitungen. Schon seit einigen Jahren fokussiert die New York Times auf ihr Kernprodukt.

Bemerkenswert aber ist nun, wie die Redaktion der New York Times über die Entscheidung ihres Verlagshauses berichtet (hier). Im Einstiegssatz folgt der Artikel zunächst in blumigeren Worten der Verlagslinie. Der Boston Globe und andere Medien in Neuengland würden „in lokale Hände zurückgegeben“. Doch schon der Einstieg schließt mit dem unverblümten Hinweis, dass die New York Times Company zwei Jahrzehnte damit gekämpft habe, den Rückgang von Auflage und Einnahmen beim Boston Globe aufzuhalten.

Die New-York-Times-Journalisten zitieren dann die Sprecherin des eigenen Verlages, die den Verkaufspreis von 70 Millionen Dollar bestätigt – und ziehen zugleich den Vergleich mit 1993, als die New York Times Company für den Boston Globe 1,1 Milliarden Dollar gezahlt hatte. Als „staggering“ – atemberaubend – bezeichnen die Journalisten den Wertverfall.

Im weiteren liefert die Redaktion zwar keine Hintergrundrecherche, warum ihr Verlag beim Boston Globe wirtschaftlich versagt hat. Doch finden sich stellenweise immer wieder bemerkenswert klare und unverblümte Beschreibungen der Strategie des eigenen Hauses. So erinnern die Journalisten etwa daran, dass ihr eigenes Verlagshaus 1993 den Globe kaufte, um seinen „Griff auf den Werbesektor“ im Nordosten der Vereinigten Staaten zu „festigen“.

In Deutschland würde man solche Berichte „Qualitätsjournalismus“ nennen.

 

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