Fazit – das Wirtschaftsblog

Fazit - das Wirtschaftsblog

Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

So verbessern Sie Ihr Leben

Es ist manchen Menschen so wichtig, dass es bei der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika ganz vorne stand: das Glück. Zu den unveräußerlichen Rechten gehörten „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ – so schrieben es Thomas Jefferson und seine Mitstreiter schon im 18. Jahrhundert in die Unabhängigkeitserklärung.

Doch wenn man den beiden amerikanischen Psychologen David Lykken und Auke Tellegen glaubt, ist das „Streben nach Glück“ ein ziemlich sinnloses Unterfangen. Das zumindest ist die Folgerung aus einer Untersuchung, die sie Mitte der 90er-Jahre veröffentlichten. Damals hatten Psychologen gerade festgestellt, dass Menschen sich bemerkenswert gut an unterschiedliche Lebensumstände anpassen: Selbst schwere Krankheiten oder Behinderungen machten die Menschen nicht dauerhaft unglücklich. Lykken und Tellegen hatten nun mehr als 1000 Zwillingspaare danach gefragt, wie glücklich jeder von beiden war. Und sie fanden tatsächlich, dass die Lebensumstände für das Glück kaum eine Rolle spielten. Nachdem sie die Zwillinge bis zu zehn Jahre lang immer wieder befragt hatten, folgerten sie: Das persönliche Glücksgefühl ist schon mal zur Hälfte festgelegt, größtenteils genetisch, der Rest des Lebens wie Gesundheit und Reichtum hat nur wenig Einfluss.

Damit wurde aus dem optimistischen Weg des „Strebens nach Glück“ plötzlich etwas ganz anderes, nämlich die so genannte „hedonische Tretmühle“. Es ist ein ziemlich pessimistisches Bild, das in den 90er-Jahren ins Zentrum der Betrachtung rückte: In diesem Bild strampeln sich die Menschen ab, um glücklich zu werden – doch sie kommen nicht vom Fleck, weil sie ihre Erwartungen immer wieder an die neue Situation anpassen und ihre Laune bald zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Dieser Theorie folgend, stellten Ökonomen später die These auf, dass höhere Einkommen ihre Empfänger nur bis 60.000 Euro im Jahr glücklicher machen – nur wer seine Freunde oft trifft, könnte ein bisschen glücklicher werden.

Doch dieses Weltbild verblasst heute immer weiter. Das war Thema einer großen Tagung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung am Freitag in Berlin, in der Daten aus einer großen regelmäßigen Umfrage, dem „sozioökonomischen Panel“, ausgewertet wurden, und zwar immer wieder aus neuen Perspektiven. Das Ergebnis ist immer wieder: So festgelegt ist das Glück gar nicht.

In einer Untersuchung kombinierten drei Forscher die Daten aus Deutschland mit ähnlichen aus Großbritannien und Australien. Bruce Headey, Ruud Muffels und Gert Wagner kommen zu dem Schluss, dass sogar eigene Entscheidungen das Glück beeinflussen können. In Australien, Großbritannien und in Deutschland zeigt sich das gleiche Bild. Vielleicht ergibt sich daraus sogar eine Anleitung zum Glücklichwerden. Die Forscher jedenfalls konnten vorrechnen: Wer seine Lebensziele auf die Familie ausrichtet, wer regelmäßig Sport treibt und Freunde trifft, der ist mit seinem Leben auf Dauer zufriedener – ohne dass seine Lebenszufriedenheit zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Wer sich dagegen überarbeitet oder wer arbeitslos ist, der ist mit seinem Leben weniger zufrieden. Andere Studien hatten auch schon gezeigt, dass die Lebenszufriedenheit nicht etwa nach irgendeinem Jahreseinkommen stagniert, sondern mit jeder prozentualen Einkommenssteigerung weiter wächst: Woher kommt der plötzliche Sinneswandel?

Gut möglich, dass der eigentliche Grund die Fragestellung ist. David Lykken und Aude Tellegen fragten die Leute: „Wie glücklich sind Sie?“ Im Sozioökonomischen Panel, aus dem die anderen drei Forscher jetzt ihre Umfragedaten genommen haben, lautete die Frage: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben?“ In den 90er-Jahren galt das noch nicht als großer Unterschied, Forscher würfelten diese und andere Fragen munter durcheinander und verglichen die Ergebnisse. Das hat zu einigen Verwirrungen geführt.

Doch inzwischen wird immer öfter deutlich, dass die Fragen ganz unterschiedliche Typen von Glück abbilden: „Sind Sie glücklich?“ bezieht sich mehr auf den Moment und die aktuelle Laune. Die kann zwar ziemlich heftig schwanken, je nach Wochentag, Wetter und weiterem – doch die durchschnittliche Grundstimmung scheint für jeden Menschen relativ stabil zu sein, auch wenn sich das Leben ändert. Die Frage „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben?“ bezieht sich dagegen mehr auf die Erinnerung an unterschiedliche Situationen und auf eine längerfristige Betrachtung – und es ist ausgerechnet diese längerfristige Betrachtung, die sich im Lauf der Zeit deutlich ändern kann.

„Wer diese Begriffe nicht unterscheidet, wird die Erforschung des Glücks vermasseln“, sagt Nobelpreisträger Daniel Kahneman, und zwar in einem sehenswerten TED-Vortrag aus dem Jahr 2010.

Damit scheint klar: Wer bessere Laune bekommen möchte, der hat viel Arbeit vor sich. Aber wer mit seinem Leben zufriedener werden möchte, der kann durchaus auf leichteren Erfolg hoffen.

Bruce Headey, Ruud Muffels und Gert Wagner schließen ihre neue Studie jetzt allerdings mit der Feststellung, dass die Lebenszufriedenheit nicht fix ist. Eine wichtige praktische Frage bleibt offen, nämlich die nach der genauen Wirkung zwischen den eigenen Entscheidungen und der Lebenszufriedenheit: Werden Menschen wirklich zufriedener, wenn sie mehr Sport treiben? Oder treiben Menschen mehr Sport, wenn sie zufriedener sind?

Das muss jetzt jeder für sich selbst ausprobieren.

 


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