Eswar S. Prasad, früher beim Internationalen Währungsfonds (IWF) tätig und heute Professor an der Cornell University in den Vereinigten Staaten, wagt in seinem Buch „The Dollar Trap“ (Princeton Press, Princeton 2014, 408 Seiten, 35 Dollar) eine Prognose: Der Dollar wird noch lange die dominierende Währung in der Welt bleiben, und das ist auch gar nicht die schlechteste Aussicht. Der Dollar bleibt dominierend, obgleich die amerikanische Wirtschaftspolitik keineswegs über Zweifel erhaben wäre. Aber es gäbe einfach keine richtige Alternative.
Warum aber werden solche Abwertungen als ein Problem angesehen? Die Antwort ist einfach. Heutzutage reicht es nicht, bei Wechselkursveränderungen nur auf Handelsströme zu schauen, sondern man muss auch Bestände wie Vermögen und Verbindlichkeiten betrachten. Und hier wird das Privileg der Amerikaner deutlich: Sie können sich in eigener Währung im Ausland verschulden (etwa in Form von Staatsanleihen, die von Chinesen und Japanern gekauft werden); die Amerikaner besitzen aber auch über ihre großen Kapitalanleger erhebliche Auslandsaktiva in Fremdwährung.
In Schwellenländern, die Leistungsbilanzdefizite durch Kapitaleinfuhren finanzieren, sieht es genau anders aus: In diesen Ländern stehen auf der Aktivseite von Banken und Unternehmen überwiegend Forderungen in Landeswährung, aber auf der Passivseite viele Verbindlichkeiten in Dollar (oder Euro oder Yen), weil sich die Banken und Unternehmen in den vergangenen Jahren stark in westlicher Währung verschuldet haben. Wenn sich nun die Währung eines Schwellenlandes deutlich abwertet, steigt der Wert der Passiva ( der Verbindlichkeiten in Fremdwährung) im Vergleich zu den Aktiva. Wenn es schlecht geht, können dann Banken in den Schwellenländern in Schwierigkeiten kommen.Daher können in erster Linie die Vereinigten Staaten eine Abwertung ihrer Währung in Betracht ziehen, für viele andere Länder wäre der Beginn eines „Währungskrieges“ gefährlich. Prasad vertritt die Ansicht, dass die absehbare weitere Dominanz des Dollar im Weltwährungssystem durchaus Vorteile besitzt, aber auch wegen des erheblichen Gewichts der amerikanischen Geld- und Wirtschaftspolitik nicht unproblematisch ist. Aber eine Alternative bietet sich derzeit nicht an. Kurz und einfach: Wer den Dollar vorzeitig abschreibt, hat unser internationales Finanzsystem nicht verstanden.————————————————————————————
*) Die Rolle des Dollar als Transaktionswährung erklärt sich auch damit, dass er in Geschäfte mit Drittwährungen zwischengeschaltet wird. Ein Beispiel: Wenn brasilianische Real gegen neuseeländische Dollar getauscht werden sollen, werden in der Praxis erst die Real gegen (amerikanische) Dollar und anschließend die (amerikanische) Dollar gegen neuseeländische Dollar getauscht. Der Grund hierfür ist die große Liquidität im Währungsmarkt für (amerikanische) Dollar. Es gibt allerdings gerade im asiatischen Raum seit ein paar Jahren von dortigen Regierungen unterstützte Bemühungen, künftig dort Währungen ohne die Zwischenschaltung des Dollar zu tauschen.
**) So der Titel eines Buches von Barry Eichengreen über den Dollar, das Erich Weede in der F.A.Z. besprochen hatte.
Dieser Beitrag ist eine überarbeitete Version eines Artikels, der am 3. Februar 2014 in der Rubrik “Wirtschaftsbücher” im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen ist.
Die bisherigen Beiträge der Reihe “Bücherkiste”:
Bücherkiste (1): Wie uns Ökonomen vom Dunkel ins Licht führen – Anmerkungen zum neuen Buch von Sylvia Nasar
Bücherkiste (2): Ökonomen für jedermann – Eine Reihe im F.A.Z.-Buchverlag nimmt Gestalt an
Bücherkiste (3): Warum Nationen scheitern
Bücherkiste (4): Die Bankenlobby redet Schwachsinn
Bücherkiste (5): Geld hilft selten aus der Armut
Bücherkiste (6): Die Rückkehr der Meister (Smith, Marx, Hayek)
Bücherkiste (7): Die Rückkehr der Erben