Die Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik hätte dieses Jahr so ruhig ablaufen können. Es gibt dieses Mal keine Gegentagung von Leuten, die sich vom Mainstream ausgeschlossen fühlen, keine Rede von Gerhard Schröder und wahrscheinlich auch keine Gegenrede von Oskar Lafontaine – ja, nicht mal eine größere Diskussion im Plenum ist mit den Kritikern geplant, sie bekommen die eine oder andere Nebenveranstaltung. Demonstrationen wiederum werden schon durch den Ort abgeschreckt: die gut eingezäunte Bundeswehr-Universität Hamburg, die Besucher schon am Eingang darauf hinweist, dass es sich um Militärgelände handelt.
Doch dann kam Gustav Horn, der Leiter des IMK-Instituts in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die sponsert die Tagung dieses Mal mit einigem Geld, und das brachte Horn eine Rede beim Eröffnungsempfang ein, die er gleich nutzte – um sich darüber zu beklagen, dass die Volkswirtschaftslehre in Deutschland nach wie vor nicht genügend unterschiedliche Sichtweisen zulasse.
Noch kurz vor der großen Krise hätten sich die Ökonomen in Deutschland statt um die Stabilität des Finanzsystems um die Inflation gesorgt hätten, denn die Inflationserwartungen hätten sich um 0,1 Prozentpunkte nach oben bewegt. “Wenn so viele Leute in die falsche Richtung gucken, dann stimmt etwas nicht”, sagte Horn – “Leute, die an guten Universitäten ausgebildet wurden, intelligent sind und die besten Absichten haben.”
Horn warb für die Arbeit seiner Stiftung: verfeinerte keynesianische Modelle, in denen man auch mal der Rolle der Ungleichheit als Krisenfaktor nachgeht und in denen berücksichtigt wird, dass Menschen lernen können.
Jetzt will Horns Institut einen Index entwickeln, der “Pluralität in der Lehre” misst. Wie der aussehen soll, sagte Horn noch nicht. Die Ökonomen auf der Jahrestagung klatschten aber schon mal höflich Beifall.
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