Egal, ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht: Die EZB muss Verluste auf Bestände an griechischen Staatsanleihen einkalkulieren, die in der Spitze mehr als 100 Milliarden Euro ausmachen können. Wir erläutern anhand eines kleinen Grundkurses über Zentralbankfinanzen, was dies bedeutet. Das Fazit: In finanzieller Hinsicht sind die Gefahren überschaubar, aber die politischen Folgen sind schwer einzuschätzen.
Welche Summen stehen im Feuer?
Wir beziehen und auf eine aktuelle Studie der DZ Bank, nach der sich das gesamte Griechenland-Risiko der EZB wie folgt aufgliedert:
Kurzfristige ELA-Kredite der Bank of Greece: 90 Milliarden Euro
Wertpapierpensionsgeschäfte Bank of Greece: 9 Milliarden Euro
EZB-Bestände griechischer Staatsanleihen: 18 Milliarden Euro
Da die Bank of Greece nur über ein sehr geringes Eigenkapital verfügt, beläuft sich das Gesamtrisiko für die EZB auf rund 115 Milliarden Euro. Der Maximalverlust würde allerdings nur dann eintreten, wenn die Anleihen des griechischen Staates und griechischer Banken (die sich als Sicherheiten für die Kredite in den Büchern der Bank of Greece befinden) im Zuge eines Konkurses des griechischen Staates völlig wertlos würden. Das ist wenig wahrscheinlich: In den vergangenen Jahrzehnten hat es in mehreren hundert Fällen im sogenannten Pariser Club Arrangements zwischen zahlungsunfähigen Staaten und Gläubigern gegeben. Die Erfahrung zeigt, dass Totalausfälle nicht die Regel sind.
Die EZB selbst verfügt nach Angaben der DZ Bank über einen Risikopuffer von rund 35 Milliarden Euro. Rechnet man die nationalen Zentralbanken des Eurosystems wie die Bundesbank hinzu, ergibt sich ein Risikopuffer von rund 500 Milliarden Euro. Daher könnte die EZB Griechenland-Verluste nach Ansicht der DZ Bank “prinzipiell verkraften”.
Müssen Zentralbanken Verluste überhaupt fürchten?
Eine ältere Schule sagte “ja”, die moderne Schule sagt – eingeschränkt – “nein”. Die moderne Auffassung ist, dass eine Zentralbank dank ihres Status als Geldmonopolist nicht mit einer Geschäftsbank oder einem anderen Unternehmen vergleichbar ist und daher in finanztechnischer Hinsicht die Gefahr einer Überschuldung, sprich eines negativen Eigenkapitals, nicht fürchten muss. Denn auch in diesem Falle wäre die Zentralbank nicht zahlungsunfähig, weil sie ihr eigenes Geld weiter produzieren kann. Häufig zitiert wird eine mehrere Jahre alte Rede des heutigen Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Thomas Jordan: „Zum einen können Zentralbanken nämlich nicht illiquide werden. Dies hat zur Folge, dass eine Zentralbank nicht in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist, wenn ihr Eigenkapital vorübergehend negativ wird. Sie wird auch nicht wie andere Unternehmen dazu gezwungen, Sanierungsmassnahmen einzuleiten oder ihre Bilanz zu deponieren.“ Ein praktisches Beispiel liefert die Zentralbank Tschechiens, die, wie wir in einem FAZIT-Beitrag geschildert hatten, über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren von der Öffentlichkeit mehr oder weniger unbemerkt ein negatives Eigenkapital hatte und trotzdem problemlos funktionierte.
Große Zentralbanken sind Billionen wert!
Der Grund, warum Zentralbanken vorübergehende Bewertungsverluste aus einer rein finanziellen Sicht nicht fürchten müssen, besteht in ihrem einmaligen Geschäftsmodell, bei dem sie in ihrem laufenden Geschäft mehr oder weniger garantiert Gewinne machen und das zu sehr hohen theoretischen Bewertungen führt.
Zur Erklärung importieren wir eine schematische Zentralbankbilanz samt Erläuterungen aus einem früheren FAZIT-Beitrag:
Die Bilanz einer Zentralbank sieht etwas vereinfacht so aus:
Aktiva Passiva
__________________________________________
1. Währungs- und 1. Bargeld
Edelmetallreserven
2. Kredite an Banken 2. Einlagen von Banken
3. Wertpapiere 3. Eigenkapital
___________________________________________
Eine Zentralbank ist in ihrem laufenden Geschäft (ohne Sondereinflüsse wie Bewertungsverluste) profitabel, weil sie praktisch keinen Aufwand auf der Passivseite ihrer Bilanz hat, auf der Aktivseite aber üblicherweise Erträge anfallen. Die Kosten ihrer Geldproduktion sind kaum größer als Null und sie können sogar negativ werden!
Schauen wir uns die Passivseite an. Das Zentralbankgeld besteht aus dem Bargeld und den Einlagen (überwiegend von Banken) bei der Zentralbank. Die Bedeutung des Bargelds hängt von Zahlungssitten, von Regulierungen und vom technischen Fortschritt ab. In der Bilanz der EZB kommt das Bargeld auf einen Anteil von fast 50 Prozent der Passiva, in der Bilanz der Dänischen Nationalbank sind es lediglich 8 Prozent. Zweitens kann die Zentralbank die Geschäftsbanken zwingen, bei ihr Guthaben (Einlagen) zu unterhalten. Gleichzeitig kann aber niemand die Zentralbank zwingen, auf ihr Geld Zinsen zu zahlen. Auf Bargeld gibt es sowieso keinen Zins und die Einlagen der Banken waren lange Zeit üblicherweise unverzinst. Einige Zentralbanken haben vor der Krise solche Einlagen verzinst; in der letzten Zeit ist es dagegen vorgekommen, dass Zentralbanken – zum Beispiel die EZB, die Schweizerische Nationalbank und die Dänische Nationalbank – auf diese Einlagen, oder zumindest Teile dieser Einlagen, negative Zinsen erheben: Das heißt, die Geschäftsbanken müssen Geld dafür zahlen, dass sie bei der Zentralbank Geld unterhalten! Das ist ein für die Zentralbank einträgliches Geschäft. Schließlich befindet sich auf der Passivseite der Zentralbankbilanz das Eigenkapital, das üblicherweise aus dem Grundkapital und einbehaltenen Gewinnen besteht. Das Eigenkapital macht meist nur einen kleinen Teil der Bilanzsumme aus. Auf das Eigenkapital fallen üblicherweise variable Gewinnausschüttungen an, aber es gibt dort in der Regel keine festen Zahlungsverpflichtungen.
Einem Zinsaufwand von meist Null stehen auf der Aktivseite üblicherweise Erträge entgegen: Währungsreserven werden meist verzinslich in sicheren Anleihen oder Geldmarktpapieren angelegt; einige Zentralbanken besitzen auch Aktien. Die Goldreserven bringen, abgesehen von eventuellen Gebühren im Falle von Verleihgeschäften mit Geschäftsbanken, keine laufenden Erträge. Auf die Kredite an Banken werden gewöhnlich Zinsen erhoben, auch wenn sie in den vergangenen Jahren sehr niedrig (und in Einzelfällen sogar Null) geworden sind. Bei den Wertpapieren handelt es sich meist um verzinsliche Titel von Staaten oder soliden privaten Schuldnern.
Dieses Privileg, dass die Zentralbank ihre Kunden zwingen kann, bei ihr zinslos Geld zu hinterlegen, während die Zentralbank ihre Aktiva verzinslich angelegen kann, wird in der Fachsprache als „Seignorage“ bezeichnet. Es entspricht dem alten Münzgewinn aus der Zeit des Münzgeldes. Auch damals stellte sich quasi automatisch ein Gewinn bei der Geldproduktion ein, wenn der Nennwert, zu dem eine Münze abgegeben wurde, über ihren Produktionskosten lag.
Der künftige laufende Gewinn einer Zentralbank ist abhängig von der Größe der Zentralbankbilanz und der Zinsentwicklung. Er lässt sich natürlich nicht genau vorhersehen, aber es gibt Schätzungen und dementsprechend gibt es Schätzungen über den Wert einzelner Zentralbanken. Diese kalkulierten Werte sind gewaltig.
Für die EZB existiert eine Schätzung von Ökonomen der Citibank aus dem Jahre 2010, die auf einen Wert von rund 3,4 Billionen Euro kamen. Hans-Werner Sinn nennt in einer aktuellen Arbeit einen Schätzwert von rund 3 Billionen Euro: “Der Gegenwartswert (oder potenzielle Marktwert) der Gewinnausschüttungen aus den heute schon vorhandenen Ausleihungen und Vermögensobjekten, über die Notenbanken verfügen, ist gerade gleich der vorhandenen Zentralbankgeldmenge abzüglich der Mindestreserve der Banken, weil die Banken dafür keine Zinsen zahlen müssen. Ende März 2015 lag dieser Wert bei 1259 Milliarden Euro. Rechnet man noch die Ausweitungen der Geldmenge hinzu, die im Zuge der Inflation und des wirtschaftlichen Wachstums in der Zukunft möglich sein könnten, so kommt man gar auf einen Schätzwert in der Gegend von 3 Billionen Euro. Dieser Wert gibt die maximal mögliche Haftung aus dem Verbrauch der Seignorage-Gewinne des gesamten Eurosystems an. Er ist in etwa so groß wie das gesamte jährliche Bruttoinlandsprodukt der sechs Krisenländer oder etwas größer als das deutsche Bruttoinlandsprodukt (3230 Milliarden Euro bzw. 2904 Milliarden Euro im Jahr 2014).” Für die amerikanische Fed ist eine mehrere Jahre alte Schätzung auf einen Wert von umgerechnet rund 5 Billionen Euro gekommen.
Mit Blick auf solche Zahlen erklärt sich die These, wonach ein vorübergehend negatives Eigenkapital als Ergebnis von Bewertungsverlusten bei einer Zentralbank akzeptiert werden kann: Auf lange Sicht baut sich durch Gewinne aus dem laufenden Geschäft neues Eigenkapital auf. Und bei einem Gesamtwert von rund 3 Billionen Euro müsste die EZB einen Verlust aus den Griechenland-Geschäften von maximal 115 Milliarden Euro überstehen.
Aber den Steuerzahler trifft es doch
Es wäre somit nicht richtig, wenn suggeriert würde, als Folge eines negativen Eigenkapitals bei der EZB müsste der Steuerzahler durch höhere Steuern sein Scherflein zur Rekapitalisierung der EZB leisten. Eine solche Rekapitalisierung wäre finanztechnisch nicht notwendig. Aber indirekt wären die Steuerzahler im gesamten Euroraum bei einem Griechenland-Ausfall doch betroffen, weil die Verluste der EZB deren Gewinnausschüttungen an die Staatshaushalte reduzierten. Um noch einmal Sinn aus der oben angeführten Quelle zu zitieren: “Der Sachverhalt wird bisweilen mit dem Hinweis verneint, dass die Staaten des Eurosystems keine Nachschusspflicht für ihre Notenbanken haben, falls Verluste entstehen. Aber darauf kommt es gar nicht an, denn auch ein Aktionär verliert Vermögen, wenn seine Aktiengesellschaft Verluste macht, obwohl er keine Nachschusspflicht hat.”
Die politischen Risiken sind schwer kalkulierbar
In finanztechnischer Hinsicht werfen Verluste eine Zentralbank so schnell nicht um, vor allem, wenn es sich um eine vorübergehende Erscheinung handelt. Aber aus politischer Sicht ist das nicht unproblematisch, weil – erstens – die Öffentlichkeit das Vertrauen in die Zentralbank und damit in deren Geld verlieren könnte. Zweitens sind Fälle bekannt, in denen finanziell angeschlagene Zentralbanken ihre Unabhängigkeit verloren und unter Kontrolle der Regierung geraten sind. Das Problem sieht auch Jordan von der Schweizerischen Nationalbank in dem oben zitierten Aufsatz: “Gleichzeitig möchte ich aber festhalten, dass ein über lange Zeit anhaltender Zustand von negativem Eigenkapital auch für eine Zentralbank nicht unproblematisch ist, weil er ihre Glaubwürdigkeit und ihre Unabhängigkeit gefährden kann. Deshalb ist es für eine Zentralbank wichtig, eine ausreichende Eigenkapitaldecke zu halten respektive das Eigenkapital nach Verlusten wieder aufzubauen.”
Die amerikanischen Ökonomen Stephen Cecchetti und Kermit Schoenholtz haben zu dem Thema einen interessanten Aufsatz verfasst. Ihre Schlussfolgerung lautet: “If you ask monetary economists whether we should care if a central bank’s capital level falls below zero (even for an extended period of time), most will say no. Pose the same question to central bank governors, and the answer in nearly every case will be yes… Central bankers know instinctively that the effectiveness of policy depends critically on their credibility. They worry that a shortfall of capital would threaten their independence, which is the foundation of that credibility.”
Unterscheiden: Staatsschulden von Schulden der Volkswirtschaft!
“Thaddeusz Pohl sagt:
5. Juli 2015 um 16:11 Uhr
Was ist, wenn bei einem Gr-Default die Target-II Salden plötzlich fallig stehen…. (so wie ich das gelesen habe), druckt der Bundestag dann noch einmal ein paar 100 Milliarden nach?”
Bei einer Pleite Griechenlands ist DER STAAT pleite. Das heißt, damit sind jene Kredite ausfallgefährdet (wobei aber am Ende doch noch ein Teil wieder reinkommen kann), die die REGIERUNG aufgenommen hat.
Die Target-Salden sind Kredite an die griechische VOLKSWIRTSCHAFT. Für Deutschland bzw. die Bundesbank sind sie so etwas wie Devisenreserven. (Vgl. dazu den Aufsatz des Tübinger Professors Wilhelm Kohler “Zahlungsbilanzkrisen im Eurosystem. Griechenland in der Rolle des Reservewährungslandes” bzw. meinen Blott “Was ist Geld? Was sind folglich die Target2-Salden in der Eurozone?” https://beltwild.blogspot.de/2012/10/was-ist-geld-was-sind-folglich-die.html)
Sie sind also nur durch deutsche Kapitalexporte nach Griechenland oder durch einen deutschen Importüberschuss aus Griechenland abzubauen.
Ich vermute, dass bei einem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro sämtliche Zahlungsverhältnisse zunächst 1 : 1 umgestellt würden (bzw. werden müssten). Die Targetsalden würden demnach als echte Devisenreserven in Drachmen valutieren – und entsprechend abwerten. Genau so, wie wir das ja auch beim US-Dollar in der Vergangenheit (insbesondere in den 70er Jahren) erlebt haben.
Kein Wunder, Michael Stöcker .....
….. dass ich mich mit Ihrem Text identifizieren kann. Sehe erst jetzt Ihren Link am Schluss, wonach wir uns ja bei Norbert Häring schon mal “begegnet” sind. ;-)
Sie haben Recht:
“gibt es zum Thema Seigniorage und kreative Gewinnausweisung gerade im Zusammenhang mit der Vollgelddiskussion eine ganze Menge an Missverständnissen” – anscheinend selbst bei Prof. Hellwig (vgl. meinen Vorkommentar).
Ziemlich krasse Fehleinschätzung (sofern ich seine entsprechende Bemerkung richtig verstanden habe).
Zum Missverständnis mancher Vollgeldtheoretiker (beispielsweise der Schweizer Vollgeldinitiative) der Seigniorage vgl. hier https://beltwild.blogspot.de/2014/06/ein-professor-der-vom-schlagschatz.html. (Anders als Prof. Joseph Huber, der immerhin noch erkennt, dass bei dem von den Vollgeldtheoretikern geforderten Willkürgeld eine Seigniorage nur für neue Geldschöpfung entstehen kann, glauben die Schweizer Vollgeldfreaks, dass der ‘Schlagschatz’ bereits mit dem Austausch des vorhandenen Kreditgeldes anfällt. Was natürlich Unsinn ist.)
Monetäre Mythen auch in wissenschaftlichen Kreisen
Hallo Herr Brinkmann,
Hellwig ist meiner Ansicht nach viel weiter als die meisten anderen Ökonomen in Deutschland. Aber wie Ihnen ist auch mir der gleiche Absatz aufgestoßen. Ähnlich hatte sich Hellwig schon mal im Januar geäußert. Meine kritischen Anmerkungen finden Sie hier: https://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=16258#comment-188455
Zum Thema Vollgeld gab es vor kurzem auf Ökonomenstimme einen Beitrag. Meinen Kommentar dazu hier: https://www.oekonomenstimme.org/artikel/2015/04/vollgeld-und-der-schweizer-franken/#comment-1630
LG Michael Stöcker
Wann sind Banken insolvent?
Danke für den Link zum Hellwig-Artikel, Gerald Braunberger.
Er wie sehr viele andere Debattenteilnehmer unterschlagen bzw. verkennen die tieferen Problematik hinter den EZB-(bzw. generell Zentralbank-)Operationen.
Wenn er sagt
“….. besteht die Aufgabe der Zentralbank als Kreditgeber der letzten Instanz gerade darin, bei einem Wegbrechen der Märkte mit Notkrediten an Banken den Zusammenbruch des Geldsystems zu verhindern”
dann versäumt er, zwischen “nur” zahlungsunfähigen und überschuldeten Banken zu unterscheiden.
M. E. ist nur die Rettung zahlungsunfähiger, aber nicht überschuldeter Banken Aufgabe einer Zentralbank. (Heißt konkret: Wenn der Geschäftsbank durch einen Bankrun die liquiden Mittel fehlen, aber die voraussichtlich einziehbaren Außenstände die Verbindlichkeiten überdecken.
Ganz abgesehen davon, dass in Griechenland die Außenstände teilweise aus windigen Forderungen gegen die griechische Regierung bestehen, ist es wohl auch so, dass die privaten Gläubiger dort ihre Kredite höchst ungern tilgen. (Dabei werden sie wohl durch das ineffiziente griechische Justizwesen. aber auch gesetzliche Regelungen des Schuldnerschutzes begünstigt.)
Varoufakis schildert die Lage so: “Banks are labouring under non-performing loans that exceed 40% in value” https://yanisvaroufakis.eu/2015/06/18/greeces-proposals-to-end-the-crisis-my-intervention-at-todays-eurogroup/.
S. a. hier: “In the course of Q1, along with the deposit outflows, Greek banks also suffered from a deterioration of their domestic asset quality. Non-performing loan (NPL) formation went on an upward trend again after a short-lived slowdown in the second half of last year. This was mainly evident in the housing loan segment, where borrowers delayed their loan servicing payments also waiting for an NPL settlement scheme promised by the new government.” https://www.macropolis.gr/?i=portal.en.the-agora.2635&itemId=2635
“Greek banks’ cumulative provisions (Loan loss reserves – LLRs) against credit risk rose by more than 1 billion euros in the course of Q1 and stood at 50.1 billion at the end of March corresponding to 19.2 percent of their gross loans.”
S. a. diesen https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/giannis-varoufakis-schnitt-eurogruppen-gespraeche-mit-13604247.html FAZ-Bericht: ” Nach einem IWF-Papier ist der Umfang der notleidenden Kredite der Institute in den vergangenen Monaten erheblich gestiegen, auch weil sich die Zahlungsmoral „dramatisch verschlechtert“ habe.”
Also selbst ohne die faulen Staatsschulden sind die griechischen Geschäftsbanken hoffnungslos überschuldet, und in der aktuellen Abwärtsspiralen dürften die Zahlen mittlerweile weitaus dramatischer sein.
Eine EZB-Hilfe dürfte (schon jetzt) unzulässig sein, weil sie auf eine Rekapitalisierung der Banken im Wege des Gelddruckens hinauslaufen würde und somit tendenziell inflationär wäre. (Außer es würde sich um eine kurzfristige Brückenfinanzierung handeln, für die dann letztlich der ESM einspringen würde.)
Fragwürdig erscheint mir Hellwigs Behauptung
“(Der mit diesen[Ela-]Krediten verbundene Geldschöpfungsgewinn verbleibt bei der nationalen Zentralbank, desgleichen etwaige Verluste.) Die Verluste sind allerdings nie höher als der Geldschöpfungsgewinn.”
Setzt Hellwig hier allen Ernstes den Wert des ausgegebenen (verliehenen) Geldes mit dem Geldschöpfungsgewinn gleich?? Dann hätte er das perpetuum mobile der Geldschöpfung erfunden, weil die Zentralbank ihre Gewinne ja an den Staat abführt. Aber eine solche Gleichsetzung ist natürlich Quatsch im Quadrat.
Vielen Dank für diesen ausgezeichneten Beitrag, Michael Stöcker. ;-)
Mir scheint, mit dem Passus
“Werden nun zu viele Risiken aus den Bilanzen der Geschäftsbanken auf die Zentralbankbilanz übertragen und es kommt zu einer persistenten Monetisierung nicht nachhaltiger Schuldverhältnisse, dann geht auch langfristig das Vertrauen in diese Zentralbank und somit in diese Währung verloren”
sprechen Sie letztlich eine Situation an, bei der die Zentralbank Verluste macht. Also denselben Sachverhalt wie ich in meinem Vorkommentar.
Denn letztlich geht es ja doch nicht um Vertrauen, sondern um die Relation von Güterangebot und Geldmenge.
Heißt: Das Vertrauen geht dann verloren, wenn die nachfragerelevante Geldmenge die verfügbare Gütermenge übersteigt.
(Das wird nach meinen früheren Eindrücken aus der anglophonen (Blog- usw.)Debatte gerne mal übersehen, wo sich das “Vertrauen” verselbständigt und den Bezug zur Realwirtschaft verliert.)
“….. die langfristige Perspektive ….. wird durch die Realwirtschaft determiniert. Und hier kommt es insbesondere wegen der hohen Geldvermögenskonzentration in einem disinflationären Umfeld zu einer systemischen Strangulierung. ….. Es sind vor allem die hohen persistenten Leistungsbilanzungleichgewichte – insbesondere von Deutschland aber auch der Schweiz und China – , aber auch die Einkommensungleichgewichte innerhalb der Länder, die es den Schuldnern unmöglich machen, ihre Kredite zu bedienen. Steigende Geldvermögen kann es aber immer nur bei steigenden Schulden geben. Sollen die Schulden sinken, dann MÜSSEN logisch zwingend auch die korrespondierenden Geldvermögen sinken.
Es sind also nicht so sehr die potenziellen Verluste aus Griechenland, die die EZB bedrohen, sondern die asymmetrische Geldvermögens-/Schuldenkonzentration auf nationaler und internationaler Ebene. Der freie Markt hilft hier nicht weiter. Ohne höhere fiskalische Redistribution fahren wir immer schneller auf den Abgrund zu.”
Grundsätzlich teile ich Ihre Einschätzung, dass wir heutzutage eine Geldkapitalüberakkumulation haben (https://beltwild.blogspot.de/search/label/Unterkonsum-%C3%9Cberakkumulation bzw. https://beltwild.blogspot.de/2008/11/yes-we-know-zumindest-knnten-wir-die.html). (Ich bevorzuge diesen Begriff gegenüber der klassischen Vorstellung eines “Unterkonsums”, weil die Geldsammler ihr Vermögen statt durch Konsum ja auch durch Investitionen in die Realwirtschaft zurückspeisen könnten. Und hier liegt schließlich der Knackpunkt, dass das Geld unter den “Kopfkissen” der reinen Finanzwirtschaft – Derivate usw. – lagert, anstatt in der Realwirtschaft nachfragewirksam zu werden.)
Das bedroht zunächst nicht die Zentralbanken, sondern die Geschäftsbanken, und wahrscheinlich war die US-Immobilienkrise bereits ein Ausfluss dieser Ungleichgewichte.
Keynes hatte das im Kap. 24 seiner GT ja bereits vorausgesehen (vielleicht auch, ohne dass er das sagen wollte, als tiefere Ursache der Great Depression verstanden?) und eine fiskalische Abschöpfung über konfiskatorische Erbschaftssteuern gefordert. Was m. E. tatsächlich Sinn machen würde.
Zentralbankenverluste wirken tendenziell inflationär
Verluste der Zentralbanken hebeln die Ratio der kreditären Geldschöpfung (die ich hier https://beltwild.blogspot.de/2014/12/hat-autor-nicht-auch-grips-beineben.html und anderswo beschrieben habe) zumindest für längere Zeit aus.
Sie bedeuten ja, dass Marktteilnehmer (welche auch immer) Gutscheine für einen Zugriff auf das Marktangebot erhalten und die entsprechenden Produkte an sich genommen haben, ohne dass sie selber (später) eigene Waren in den Markt einbringen müssten. (Dieser ökonomische Zwang besteht für Kreditnehmer, weil sie Geld für ihre Schuldentilgung benötigen.)
Es passiert also dasselbe wie beim Drucken von Falschgeld: Der Hersteller (bzw. bei der EZB der begünstigte Staat) schafft zusätzliche Kaufkraft ohne realen Gegenwert.
(Langfristig wird diese “überschüssige” Kaufkraft allerdings dadurch wieder aus dem Verkehr gezogen, dass die Verluste mit späteren Gewinnen getilgt werden.)
Die Gewinne der Zentralbank sind natürlich KEIN Akt der Geldschöpfung: Hier läuft bereits geschöpftes (Basis-)Geld an die Zentralbank zurück. Das bedeutet einen entsprechenden Kaufkraftverzicht der Kreditnehmer (Banken bzw. mittelbar Wirtschaftssubjekte oder Staat).
Daraus folgt (gegen “Ernst Jünger” oben), dass auch die Überweisung der Gewinne der Zentralbank an den Staat KEINE Geldschöpfung ist.
Vielmehr leitet die Zentralbank hier Kaufkraft an den Staat weiter, die sie (in Form von Zinsen) bei den Marktteilnehmern abgeschöpft hat.
@ Gerald Braunberger
“Finanztechnisch ist die Zentralbank ein Teil des Staates: Der Ankauf von Staatsanleihen ist im Grunde nichts anderes als ein Aktivtausch. Die Zentralbank nimmt Staatsanleihen aus dem Markt und produziert dafür mit Zentralbankgeld ein anderes staatliches Aktivum.”
Ich weiß nicht, ob das auf die Modern Monetary Theory abzielt; die jedenfalls ist bei näherem Hinsehen Nonsens (hier https://beltwild.blogspot.de/2014/04/mmt-modern-monetary-theory-or-monstrous_12.html und, unter Widerlegung eines MMT-Denkmodells, dort https://beltwild.blogspot.de/2014/04/mostly-model-tailoring-against.html bei mir erläutert).
Auf jeden Fall ist der Hinweis auf den “bloßen Aktivtausch” irreführend. Staatsanleihen sind kein Zahlungsmittel; damit kann der Staat nicht “einkaufen gehen”.
Bzw. wenn eine Fa. sie akzeptieren sollte, dann hätte sie dem Staat einen Kredit gegeben. Den dieser später durch Weiterleitung von Kaufkraft seiner Steuerzahler an das Unternehmen tilgen müsste.
Entsprechend sind die Zusammenhänge, wenn der Staat Kredite bei Privaten und Unternehmen aufnimmt (“Sekundärkredit”).
Verkauft der Staat die Staatsanleihen an Banken, sind die Zusammenhänge komplizierter. Die Banken können zwar Bankengeld selber schöpfen; ihre Fähigkeit dazu ist allerdings durch die vorhandene Menge an Basisgeld letztlich doch irgendwo limitiert.
Beleihen die Zentralbanken die Staatsanleihen, liegt natürlich eine Schöpfung von Basisgeld vor, die bei der Tilgung wieder rückgängig gemacht wird.
Nicht völlig klar ist mir, wann dieses System inflationär werden kann oder muss.
Grundsätzlich sollte das dann eintreten, wenn sich der Staat
a) über eine “Ponzi-Finanzierung” Geld beschafft (Zins und Tilgung werden mit neuen Krediten finanziert und ggf. die Kreditaufnahme darüber hinaus ausgeweitet) und
b) wenn die Geldmengenausweitung die Ausweitung der Realwirtschaft übertrifft.
Hellwig kritisiert Sinn und Weidmann wegen EZB
Hier:
https://www.oekonomenstimme.org/artikel/2015/07/die-ezb-und-die-deutschen-in-der-griechenlandkrise/
Dass erstaunt und macht wirr ,die europäische Dummheit ,wenn
man ein Artikel in the NYT[Opinions] von Krugman Glauben schenken möchte ,außerdem ein Artikel in the New Yorker .
Krugman: die Euro sei nicht geeignet für Länder mit ernsthafte monetäre Probleme.dass sei ,anständig gesagt,ein bisschen Simpel,und die nicht unwichtige Rolle der USA bewusst unterlaufen!Ihre spekulative Art von Rating ,ohne Wirtschaftswissenschaftliche Beleg und ihre nicht zu unterschätzende destabilisierende Banken/Hedgefonds Arbeit!
Ausbeuten und abreisen ,undsoweiter und sofort.Wie europäische Ökonomen sich gewaltig irren,oder…. .
Und zum Schluss the New Yorker,die Griechen haben politisch gesiegt ,ja die realwirtschaftliche Seite selbstverständlich beiseite!
Moralprediger gäbe und gibt es immer ,und…mit Schadenfreude!
[NYT und the New Yorker von heute,Montag,6.Juli 2015].
Verluste drohen aus einer anderen Richtung
Vielen Dank für diesen wiederum ausgezeichneten Beitrag. Sie sprechen den zentralen Aspekt eines Kreditgeldsystems an: Das Vertrauen (lat. cerdere: glauben, vertrauen). Und dieses Vertrauen darf eine ZB nicht verspielen. Aber auch ein Übervertrauen ist nicht ganz unproblematisch, wie man am Beispiel des Schweizer Franken sehen kann. Das Greshamsche Gesetz sorgt für ein Overshooting des Wechselkurses und zieht die Realwirtschaft in Mitleidenschaft.
In einem zweistufigen Geldsystem hängt wiederum das Vertrauen insbesondere an der zweiten Stufe unseres Geldsystems: Es sind die Geschäftsbanken, die über die Kreditvergabe die Giralgeldmenge beeinflussen. Ist die Kreditvergabe nachhaltig, dann kann die Bank auch darauf vertrauen, dass der Kredit wieder zurück gezahlt wird. Werden die Bonitätsstandards allerdings in größerem Umfang nicht eingehalten, dann wird das Ganze insbesondere dann problematisch, wenn die Banken über zu wenig haftendes Eigenkapital verfügen.
Werden nun zu viele Risiken aus den Bilanzen der Geschäftsbanken auf die Zentralbankbilanz übertragen und es kommt zu einer persistenten Monetisierung nicht nachhaltiger Schuldverhältnisse, dann geht auch langfristig das Vertrauen in diese Zentralbank und somit in diese Währung verloren. Das Problem hierbei: Eine Liquiditätsverweigerung durch eine ZB hat selbstverständlich auch realwirtschaftliche Konsequenzen, was wiederum Rückwirkungen auf die allgemeine Schuldnerbonität und somit die Fähigkeit zur Kredittilgung hat. Auf diesem schmalen Grat bewegen sich die ZBen und sind letztlich Gefangene der Fehler vergangener Jahre. Dabei können sie in der Tat durchaus temporäre Verluste einfahren, ja sogar mit negativem Eigenkapital operieren.
Viel wichtiger ist allerdings die langfristige Perspektive; und die wird durch die Realwirtschaft determiniert. Und hier kommt es insbesondere wegen der hohen Geldvermögenskonzentration in einem disinflationären Umfeld zu einer systemischen Strangulierung. Warum? Weil Geld ZEITLOS ist. Das heißt, Geld kennt keinen Ausgabe-/Konsumtermin, Kredit aber immer einen Tilgungstermin. Es sind vor allem die hohen persistenten Leistungsbilanzungleichgewichte – insbesondere von Deutschland aber auch der Schweiz und China – , aber auch die Einkommensungleichgewichte innerhalb der Länder, die es den Schuldnern unmöglich machen, ihre Kredite zu bedienen. Steigende Geldvermögen kann es aber immer nur bei steigenden Schulden geben. Sollen die Schulden sinken, dann MÜSSEN logisch zwingend auch die korrespondierenden Geldvermögen sinken.
Es sind also nicht so sehr die potenziellen Verluste aus Griechenland, die die EZB bedrohen, sondern die asymmetrische Geldvermögens-/Schuldenkonzentration auf nationaler und internationaler Ebene. Der freie Markt hilft hier nicht weiter. Ohne höhere fiskalische Redistribution fahren wir immer schneller auf den Abgrund zu.
Zum Thema Seigniorage: Es gibt die klassische Münzgeldseigniorage auch heute noch; allerdings in einer zu vernachlässigenden Höhe (im Falle der 1 und 2 Cent Münzen ist die Seigniorage sogar negativ, da die Herstellungskosten höher sind als der geprägte Wert). Dies ist auch der Grund, weshalb es hierzu eine Position in der Bilanz der Bundesbank auf der Aktivseite gibt (Position 11.1 Scheidemünzen), während der Notenumlauf als Erinnerungsposten daran, dass die ZB auch geliefert hat, sich auf der Passivseite befindet. Zu den Details siehe hier: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Aufgaben/Bargeld/rechtliche_rahmenbedingungen_des_muenzwesens.html und hier: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2013/2013_01_monatsbericht.pdf?__blob=publicationFile
Über die Mindestreserve kann eine ZB zwar grundsätzlich die Geschäftsbanken zur Kasse bitten, aber bei einem Reservesatz von nur noch 1 % ist dies doch ebenfalls eine zu vernachlässigende Größe. Und wenn die Reserven dann auch noch verzinst werden, dann werden aus Erträgen Kosten: https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Aufgaben/Geldpolitik/Mindestreserven/mindestreserven.html
Zinserträge gibt es doch insbesondere aus den Refinanzierungsgeschäften. Und die sind gerade in Krisenzeiten hoch (Dicke Bertha, ELA, etc.). Weniger für die Bundesbank, aber da sorgt ja die negative Einlagefazilität für etwas mehr TARGET2-Gerechtigkeit und lässt den Bundesbankgewinn glänzen. Aber Refinanzierung fällt doch eher in die Kategorie typischer Bankgeschäfte und hat mit der klassischen Seigniorage nichts zu tun.
Am interessantesten erscheint mir die Seigniorage im Zusammenhang mit internationalen Reservewährungen. Denn hier geht es um ganz andere Größenordnungen. Permanente Leistungsbilanzdefizite können in eigener Währung finanziert werden. So lange alle dran glauben und keine starke Alternative auftaucht (oder wieder abtaucht), funktioniert das, wie man sieht, recht gut. Der de facto Dollar-Standard ist als Alternative zur Sklaverei in der Tat Gold wert.
Und zu guter Letzt kann Seigniorage durch den aktuellen Vorschlag zur Schwarz- und Drogengeldbekämpfung entstehen. Sollten tatsächlich alle 500 Euroscheine aus dem Verkehr gezogen werden, bliebe sicherlich ein nicht unerheblicher Teil als Altpapierbestand in manchen Tresoren zurück. Alle Scheine, die nicht bei der Zentralbank innerhalb eines Monats eingelöst werden, könnten dann als Verbindlichkeit abgeschrieben werden und würden so den ausschüttungsfähigen Gewinn erhöhen. Ich vermute, dieses Konto müsste im Kontenrahmen erst noch neu geschaffen werden.
Ansonsten gibt es zum Thema Seigniorage und kreative Gewinnausweisung gerade im Zusammenhang mit der Vollgelddiskussion eine ganze Menge an Missverständnissen, wie Sie dieser Diskussion mit Norbert Häring und Luc entnehmen können: https://zinsfehler.wordpress.com/2015/01/20/qe-versus-ml/comment-page-1/#comment-198 ff.
LG Michael Stöcker
[…] Egal, ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht: Die EZB muss Verluste auf Bestände an griechischen Staatsanleihen einkalkulieren. Was bedeutet das? …read more […]
Verluste der EZB in Griechenland wiegen sogar schwerer als deren Geldbeträge.
Verluste der EZB aus ihrem Griechenland-Engagement würden offen legen,
dass sie schlecht gewirtschaftet hat. Ginge praktisch sogar das Eigenkapital
der EZB verloren, wäre das zwar kein totaler KO-Schlag, aber trotzdem
ein sehr harter Schlag für das Prestige und die Finanzpolitik dieser öffentlichen Einrichtung, deren öffentliche Macht ja nicht einmal klar auf
demokratische Basis gebaut ist.