Die Ansicht ist verbreitet, dass die Notenbanken großen Einfluss auf das Zinsniveau nehmen. Aus einer rein marktwirtschaftlichen Perspektive ist das abwegig, wie der Nobelpreisträger Gene Fama gerade wieder in Frankfurt demonstriert hat: Der Markt setzt die Zinsen, die Fed folgt dem Markt.
“The inflation rate today is what it is. It has nothing to do with the Fed. The reason is: The Fed does not control any quantity for which there is an opportunity cost.” (Eugene Fama)
Es gibt Ökonomen, die hartnäckig Positionen vertreten, die zumindest umstritten sind. Gene Fama aus Chicago ist ein solcher Ökonom, der vor wenigen Jahren für bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiet der Finanztheorie den Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten hat. Fama vertrat seine keineswegs neue Position, dass sich die Zinsen am Markt bilden und Notenbanken in ihrer Politik dem Markt folgen, kürzlich auf einem Symposium an der Goethe-Universität Frankfurt zu Ehren von Stephen Ross, dem neuen Träger des “Deutsche Bank Prize in Financial Economics”.1) Der etwa 23 Minuten dauernde Vortrag Famas findet sich als Video hier und die Grundthese lautet, dass der Markt den Einfluss der Politik hemmt. (Es gibt auch Ökonomen, die sich als Marktwirtschaftler verstehen und meinen, der Einfluss der Geldpolitik sei übermächtig – über dieses Kuddelmuddel hatten wir einmal einen FAZIT-Beitrag “Die große Konfusion: Die Liberalen und die Geldpolitik” verfasst.)
Hier folgt eine kurze Zusammenfassung der Thesen Famas: In den achtziger Jahren, so behauptet er, habe niemand geglaubt, dass die Fed Einfluss auf den Zins nehme. Dann sei die makroökonomische Theorie sehr mathematisch geworden und in der Folge hätten makroökonomische Leichenräuber (“body snatchers”) die These verbreitet, die Geldpolitik habe einen großen Einfluss auf das Zinsniveau. Daraufhin habe Fama kürzlich noch einmal die Sache empirisch angeschaut und man könne aus seinen Untersuchungen die Erkenntnis gewinnen, dass die Marktzinsen – die kurzen wie die langen – fast gar nicht von der Geldpolitik beeinflusst würden. Den Einfluss der Geldpolitik beziffert er auf 17 Prozent bei den kurzfristigen Marktzinsen, für langfristige Zinsen gebe es praktisch gar keinen Einfluss.
Fama arbeitet den Unterschied zwischen Makroökonomen und Finanzökonomen heraus: In der herrschenden Makroökonomik (wie auch in manchen heterodoxen Schulen) ist der Einfluss des kurzfristigen Zinsen für die Wirtschaft sehr wichtig, aber für Finanzökonomen ist die kurzfristige Rate nicht so wichtig.
Nach Famas Ansicht ist auch eine Geldpolitik, die auf Anleihekaufprogramme setzt, zum Scheitern verurteilt. Auch diese Annahme folgt aus einem reinen Marktmodell, wie wir vor einiger Zeit in einem FAZIT-Beitrag beschrieben hatten. Er zeigt auch, dass Mindestreserven der Zentralbanken keinen großen Einfluss auf die Kredittätigkeit und Geldschöpfung in der Privatwirtschaft haben.
Wer Famas Thesen für zu extrem hält, konnte auf dem Symposium einen Überblick über moderne Arbeiten anderer Finanzökonomen in einem Vortrag Josef Zechners gewinnen, die auch, was die Geldpolitik betrifft, etwas andere Akzente setzen..
Ein Interview mit Gene Fama hat mein Kollege Dennis Kremer von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung geführt: “Niemand ist schlauer als der Markt”
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- Die Veranstaltung wurde gemeinsam von der Deutschen Bank und dem an der Goethe-Universität ansässigen Center for Financial Studies (CFS) organisiert.