Was ist wichtiger: Effizienz oder Stabilität? Diese alte Frage lässt sich anhand der amerikanischen Pläne betrachten, den Banken wieder den Eigenhandel zu erlauben. Aus der Sicht der Finanzstabilität sind Deregulierungen kritisch zu sehen. Andererseits lässt sich zeigen, dass sie aktuellen Regulierungen der Banken die Effizienz wichtiger Finanzmärkte beeinträchtigt.
Wir holen als Beleg für den Zwiespalt zwischen Markteffizienz und Finanzstabilität das etwas brüchig gewordene Monument der Außenwirtschaftstheorie hervor: die gedeckten Zinsparität, mit der wir uns in FAZIT hier und hier befasst hatten. Der Grundgedanke der gedeckten Zinsparität ist, dass an effizienten Finanzmärkten identische Produkte einen Preis haben sollten.
Nehmen wir ein Beispiel: Ein amerikanisches Unternehmen will 100 Millionen Dollar für einen Monat anlegen und hat Angebote einer global tätigen soliden Bank eingeholt, die alternativ ein einmonatiges Dollar-Festgeld und ein einmonatiges Pfund-Festgeld anbietet. Wenn wir der Einfachheit halber annehmen, dass die Transaktionskosten identisch sind, müssten die beiden Anlagen eine identische Rendite einbringen. Da sich aber die Zinssätze auf Dollar- und auf Pfundeinlagen unterscheiden können, muss der Renditeausgleich über den Wechselkurs am Terminmarkt stattfinden. (Da das amerikanische Unternehmen kein Wechselkursrisiko tragen will, sichert es sich den Wechselkurs im Falle einer Pfund-Einlage über ein einmonatiges Termingeschäft am Devisenmarkt ab.) In der Theorie stellt sich die gedeckte Zinsparität am Markt ein, weil bei Abweichungen des Termin-Wechselkurses von seinem Gleichgewichtswert risikolose Arbitragegeschäfte mit Gewinn möglich sind.
Nun sind die theoretischen Idealbedingungen in der Praxis nicht immer gegeben, aber in den Jahren vor der Finanzkrise wichen die Wechselkurse zwischen den großen Währungen der Welt zumindest nicht dauerhaft sehr stark vom theoretischen Ideal ab. Daher galt die gedeckte Zinsparität als eines der fundamentalen Konzepte in der Lehre von der Außenwirtschaft. Das Problem ist: Seit der Finanzkrise sind so erhebliche Abweichungen erkennbar, dass die gedeckte Zinsparität heute einen lädierten Eindruck erweckt. Bisherige Untersuchungen legten die Vermutung nahe, dass sich die Bedingungen für die notwendigen Arbitragegeschäfte verschlechtert haben.
Eine neue empirische Untersuchung wirft ein Licht auf die Verzerrungen seit der Finanzkrise und sieht eine geringere Handlungsfähigkeit der Banken als eine wesentliche Ursache für die Abweichungen von der gedeckten Zinsparität. Diese Abweichungen sind mit gesamtwirtschaftlichen Kosten verbunden, zum Beispiel mit unnötigen Kosten für Unternehmen, die sich gegen Wechselkursrisiken absichern wollen, und möglicherweise auch mit einem Wirkungsverlust für die Geldpolitik. Spezialisierte Ökonomen stehen vor der Aufgabe, zu analysieren, was höher zu gewichten ist: das Risiko einer geringeren Finanzstabilität oder das Risiko von Wachstumseinbußen durch “falsche” Wechselkurse.